Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
erlebt hatte, schreckte ihn das nicht mehr – er befand sich auf vertrautem Gebiet. Doch noch während er sich das sagte, fiel ihm jäh ein, dass er bisher stets einen Führer und Mitwanderer gehabt hatte. Dieses Mal gab es keine Leleth, die seine Sorgen mit ihm trug, und keine Geloë und keinen Binabik, die ihn zurückholten, wenn er sich zu weit vorwagte. Eine dünne, frostige Furcht begann sein Herz zu überziehen. Simon wehrte sich. Er hatte schließlich den Spiegel schon einmal benutzt, als er Jiriki zu Hilfe rief. Damals war auch niemand bei ihm gewesen. Trotzdem vermutete etwas in ihm, dass ein solcher Hilferuf doch etwas einfacher war, als die Straße der Träume im Alleingang zu erkunden.
Aber Geloë hatte gesagt, die Zeit dränge, bald würde die Traumstraße unpassierbar sein. Vielleicht war dies seine letzte Chance, Miriamel zu erreichen, die letzte Möglichkeit, sie zu retten und wieder zu ihm zu führen. Wenn Binabik und die anderen etwas merkten, würde es ganz bestimmt die letzte Gelegenheit gewesen sein. Er musste fortfahren. Außerdem würde Miriamel so erstaunt sein, so erfreut und überrascht …
Die graue Leere schien diesmal dichter zu sein. Wenn er überhaupt schwamm, dann in zähflüssigem Schlammwasser. Wie fand man sich hier zurecht, ohne markante Punkte und Wegweiser? Simon stellte sich Miriamels Bild vor, so wie er es auf seiner Reise mit den anderen, heute bei Sonnenuntergang, vor Augen gehabt hatte. Diesmal jedoch war das Bild nicht so beständig. Das waren doch nicht Miriamels Augen? Und ihr Haar hatte doch, selbst als siees gefärbt hatte, nicht diesen fuchsbraunen Ton gehabt? Er kämpfte mit der widerspenstigen Vision, aber die Züge der verlorenen Prinzessin wollten einfach nicht stimmen. Es fiel ihm so schwer, sich zu erinnern . Simon kam sich vor, als wollte er aus gefärbtem Wasser ein Buntglasfenster zusammensetzen. Die Umrisse zerflossen und liefen ineinander, so sehr er sich auch bemühte.
Noch während er sich anstrengte, begann sich das Grau ringsum zu verwandeln. Man konnte die Veränderung nicht gleich bemerken, aber wenn Simon sich in seinem Körper befunden hätte – etwas, das er sich plötzlich dringend wünschte –, hätten sich seine Nackenhaare aufgestellt, und er hätte eine Gänsehaut bekommen. Etwas war in dieser Leere, etwas unvergleichlich viel Größeres als er selbst. Er spürte, wie eine fremde Macht ihre Fühler ausstreckte. Aber im Gegensatz zu dem Sturm, der ihn das letzte Mal verschlingen wollte, war dieses Etwas mehr als nur hirnlose Energie. Es strahlte Klugheit und bösartige Geduld aus. Simon fühlte sich einer unbarmherzig kalten Beobachtung ausgesetzt, wie ein Schwimmer auf offener See, unter dem in schwarzer Tiefe ein großflossiges Ungeheuer dahinzieht.
Seine Einsamkeit schien auf einmal schrecklicher Nacktheit gleichzukommen. Verzweifelt mühte er sich, etwas zu finden, das ihn aus dieser schutzlosen Leere herausziehen könnte.
Er spürte, wie er vor lauter Angst zusammenschrumpfte und wie ein Kerzenflämmchen flackerte. Aber wie sollte er fliehen? Wie kam er nur weg von hier? Er versuchte sich wachzurütteln, aber wie in den Alpträumen seiner Kindheit ließ sich der Bann nicht brechen. Er hatte nicht geschlafen, als er in diesen Traum hineinging, wie also konnte er daraus aufwachen?
Das verschwommene Bild, das Miriamel nicht glich, war nicht verschwunden. Er versuchte, sich darauf zuzubewegen, um von dem großen langsamen Wesen wegzukommen, das auf ihn lauerte.
Hilfe! , schrie er lautlos und fühlte, wie irgendwo am Horizont seiner Gedanken etwas vage Bekanntes aufflackerte. Sofort griff er danach, klammerte sich fest wie ein Schiffbrüchiger an einer Planke. Die neue Verbindung begann Stück für Stück fester zu werden, aber noch während sie wuchs, streckte das Ding, das die Leere mit ihm teilte, einen weiteren Bruchteil seiner Macht nach ihm aus, geradeso viel, dass er nicht entkommen konnte. Er fühlte einen hämischen, fremden Humor, der sich über sein hoffnungsloses Ringen amüsierte, spürte aber auch, dass das Wesen den Spaß allmählich sattbekam und das Spiel bald beenden würde. Eine Art tödliche Kraft griff nach ihm, eine seelische Kälte, die ihn lähmte, noch während er ein weiteres Mal versuchte, die neue, undeutliche Erscheinung zu erreichen. Diesmal gelang es ihm, sie zu berühren, und über einen grausigen Traumabgrund hinweg hielt er sie fest.
Miriamel? , dachte er und betete, dass es stimmte, voller Angst, den
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