Das Geheimnis der Hebamme
und das Sticken schwätzten.
Doch die unterschwellige Drohung in Ottos Stimme bestätigte ihm, was Elisabeth einmal in seinem Beisein gemutmaßthatte: Dass sich Edelgard Ottos »besonderer Gunst« erfreut hatte und er sie nun loswerden wollte.
»Warum sollte sie einen mittellosen Ministerialen nehmen und mit mir in ein entlegenes Dorf ziehen?«, warf er ein.
»Das hat Euch nicht zu kümmern«, antwortete Otto barsch und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um.
»Das ist kein Angebot, sondern ein Befehl. Ihr werdet sie noch diesen Monat zur Frau nehmen. Und nun lasst Euch rasieren und bereitet Euch auf die Brautwerbung vor!«
Christian beherrschte nur mit Mühe seinen Zorn. Er hatte derzeit nicht die Absicht zu heiraten – und schon gar nicht dieses unerträglich dumme Mädchen. Von einer misslichen Lage war er in die nächste geraten. Und diesmal schien es keinen Ausweg zu geben.
Otto hingegen stapfte zufrieden nach oben. Mit einem Schlag hatte er gleich zwei Probleme gelöst.
Hedwig schäumte vor Wut. »Als Wiedergutmachung für dein Misstrauen und die Nacht im Kerker soll Christian diese Gans heiraten, die
deinen
Bastard unterm Herzen trägt?«, schrie sie ihn an.
Otto zuckte zusammen. Er hatte gehofft, Hedwig habe nichts von seiner Affäre erfahren, aber er hatte sie wieder einmal unterschätzt.
Doch seine Frau war noch lange nicht fertig. »Es ist mir gleich, was du mit ihr machst, wenn du sie satt hast. Aber du musst nicht noch einen deiner getreuesten Gefolgsleute beleidigen, indem du ihm gegen seinen Willen dein abgelegtes Liebchen samt Bastard aufhalst!«
»Er kommt durch sie an eine reichere Mitgift heran, als er je erhoffen könnte. Ist das etwa nichts?«, gab Otto zurück.
»Ich glaube nicht, dass er viel Wert darauf legt. Du kannst siean einen deiner Günstlinge verschachern. Es kriechen genug um dich herum, die sie mit Freuden nehmen würden, selbst wenn das Kind schon nächste Woche käme.«
Otto witterte eine Chance. »Du setzt dich sehr dafür ein, dass Christian unbeweibt bleibt«, sagte er mit gefährlichem Unterton. »Ist am Ende die Anschuldigung doch wahr?«
»Das sagst ausgerechnet du, der gerade alle Hände voll zu tun hat, zu verbergen, dass er eine Jungfrau in Schwierigkeiten gebracht hat«, tobte Hedwig.
»Schweig! Das ist etwas anderes.«
»Ja, natürlich!«
Wütend stand sie auf und spielte beinahe nebenher ihren letzten Trumpf aus. »Außerdem dürfte Christian gar keine Zeit für Brautwerbung und Hochzeit haben, wenn du Gewinn aus der Neuigkeit ziehen willst, die er dir überbringen wollte, bevor du ihn einfach so hast in den Kerker werfen lassen.«
Sie stemmte die Arme in die Seiten und beugte sich vor.
»Hast du ihn eigentlich schon danach gefragt? Oder hast du ihn nur beschimpft und seine Ehre infrage gestellt?«
»Bei allen Heiligen – was für eine Neuigkeit?«
Hedwigs Augen wurden zu gefährlich kleinen Schlitzen.
»Das solltest du ihn besser selbst fragen.«
Christian war nur kurz in sein Quartier gegangen, hatte einen Eimer Wasser über sich gegossen und frische Kleidung angezogen. Am liebsten wäre er mit Drago ausgeritten, querfeldein durch menschenleere Gegenden, um den Kopf freizubekommen von den Gedanken, die ihn quälten.
Doch seine Freunde hatten sich Sorgen um ihn gemacht und sich für ihn eingesetzt; sie verdienten es, sofort von seiner Freilassung zu erfahren.
Vielleicht konnte er mit Edelgard eine Vereinbarung treffen,dass sie nach der Eheschließung auf dem Burgberg blieb, während er wieder in sein Dorf ging. Doch schon der Gedanke, sie ins Brautbett zu führen, erfüllte ihn mit Widerwillen. Und eine Hochzeit würde ihn bis zum Tod an sie binden und ihm die Hoffnung nehmen, einmal eine Frau wählen zu können, die ihm etwas bedeutete.
Lukas kam ihm als Erster entgegen. Der Knappe beteuerte eifrig, keinen Augenblick daran gezweifelt zu haben, dass sich alles aufklären würde. Dennoch wirkte er sichtlich erleichtert. Nachdem Christian ihn zurück zu den Waffenübungen geschickt hatte, traf er auch auf Raimund, Gero und Richard, die ihn froh umarmten.
Christian erzählte von dem Befehl des Markgrafen.
»Wenn ich ein freier Mann wäre, könnte ich Otto bitten, mich aus seinen Diensten zu entlassen, um dieser Heirat zu entgehen«, sagte er bitter.
»Aber was sollte dann aus den Leuten in deinem Dorf werden?«, warf Raimund ein.
»Vielleicht wird es gar nicht so schlimm«, versuchte Gero ihn zu trösten. »Für so eine
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