Das Geheimnis der Hebamme
Gesichtszüge zusehends.
Suchend blickte er um sich. Als er Marthe in ihrem Kräutergarten hantieren sah, bat er die Erzähler, einen Moment innezuhalten, und ging rasch zu ihr.
Marthe sah von weitem, dass Christian mit großen, hastigen Schritten in ihre Richtung kam. Er war zornig. Auf sie? Susannes Mahnung schrillte wieder durch ihren Kopf.
Sie ließ nicht erkennen, dass sie ihn bemerkt hatte, und arbeitete, den Rücken ihm zugewandt, weiter. Dabei hatte sie zu kämpfen, dass ihre Hände nicht zitterten.
Christian zog sie mühelos hoch und drehte sie ungeduldig zu sich.
»Ist Berthold dir zu nahe getreten?«, fragte er schroff.
Sie sah für einen winzigen Augenblick auf. »Nein, Herr. Er hat mir nichts angetan.«
Das unmerkliche Aufatmen in Christians immer noch zornigem Gesicht beruhigte sie ein wenig. Er ist nicht wütend auf mich, er hasst mich nicht, dachte sie erleichtert.
Weil er noch nicht überzeugt schien von ihren Worten, fügte sie hinzu: »Er wusste alles – von dem Astrologen, vom Medicus …«
Mit undurchdringlicher Miene ging Christian zurück zu denMännern. Er befahl Lukas und Hildebrand, sich um die Unterbringung des Bergmeisters und seiner Leute zu kümmern und ihnen das Essen auszuteilen.
»Ich werde bald zurück sein«, rief er im Gehen, schwang sich auf den Grauschimmel und ritt los in die Richtung von Bertholds Dorf.
Es dauerte nicht lange, bis Christian wiederkam. Wortlos, aber mit zufriedenem Gesichtsausdruck schnallte er sein Schwert ab und gab es Lukas zum Schärfen.
Dann ging er wieder zu Marthe und sagte kurz angebunden: »Du kannst künftig ohne Furcht Krankenbesuche in Bertholds Dorf machen, wenn du das möchtest. Sie werden dich anständig behandeln, dich bezahlen und gehen lassen, wann immer du willst.«
Währenddessen bestürmten Kuno und Bertram den Knappen. »Hat er ihn abgestochen?«, fragte Kuno mit unverhohlener Begeisterung.
Lukas musste sich ein Lächeln verkneifen. Er zog das Schwert aus der Scheide und musterte es gründlich. »Hm. Kein Blut dran. Und nur zwei Scharten. Schätze mal, es war ein recht kurzer Kampf, bis der andere auf Knien lag und unserem Herrn alles versprochen hat, was der nur hören wollte.«
»Och, dabei hätte ich gern zugeschaut«, meinte Kuno mit sehnsüchtigem Seufzen.
»Ich auch, ich auch«, gab Lukas grinsend zurück. »Es ist immer wieder ein erbaulicher Anblick.«
Als die Fremden gegessen hatten und untergebracht waren, schickte Christian nach Hildebrand und Jonas. Den Bergmeister und Vater Bartholomäus suchte er persönlich auf, um sie zu sich zu bitten.
Nachdem Grete jedem einen Krug Bier vorgesetzt hatte, kam Christian ohne Umschweife zur Sache.
»Auf Geheiß des Markgrafen werden Bergmeister Hermann und seine Leute hier in unserem Dorf nach Silber graben. Es gibt viel versprechende Anzeichen dafür, dass Gott diesen Ort mit reichen Vorkommen gesegnet hat.«
Während Jonas und Hildebrand überrascht die Augen aufrissen, begann Hermann auf Christians Zeichen hin zu sprechen.
»Morgen bei Tageslicht werden wir versuchen, die Erzgänge zu finden«, sagte er bedächtig. »Wie ergiebig sie sind, wissen wir erst nach den Schmelzproben. Aber die erste war außerordentlich – und ich sehe hier überall Bleiglanz auf dem Boden liegen. Kann sein, dass wir anfangs nicht einmal graben müssen, sondern es nur aufzulesen brauchen.«
Hildebrand konnte nicht mehr an sich halten. »Soll das heißen, all diese schweren schwarzen Steine, über die wir uns beim Pflügen so grämen, sind aus Silber? Echtem Silber?«
»Zumindest zum Teil. Sie enthalten auch Blei, vielleicht noch Kupfer«, antwortete der Bergmeister mit gedämpfter Stimme.
»Und Eisen?«, wollte Jonas wissen.
»Ungewiss.«
Hildebrand, der sonst selten viele Worte machte, war inzwischen dermaßen in Aufregung geraten, dass sich seine Stimme überschlug. »Wir hausen auf Silber! Gott hat uns gesegnet! Wir werden alle reich!«, rief er aus und prustete beim Sprechen Speicheltröpfchen in die Luft.
Energisch hob Christian die Hand. »Halt ein!«
Die Gier in den Augen des Ältesten war ihm nicht entgangen.
»Ich habe im Harz viele Bergleute gesehen. Die meisten von ihnen sind nicht reicher als du – viele sogar noch ärmer, denndu hast wenigstens ein Stück Land, auf dem du ackern kannst«, wies Christian den Ältesten streng zurecht.
Er sah hinüber zu dem Bergmeister, der zur Bestätigung nickte und selbst weitersprach.
»Die Arbeit des Bergmanns ist hart
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