Das Geheimnis der Hebamme
heftig, aber sie tat, was er befohlen hatte.
»Was für eine Schönheit! Und so züchtig«, meinte der Fette lachend. »Willst du nicht lieber in mein Haus ziehen und mir jede Nacht zu Diensten sein? Hier könnte es dir richtig gut gehen.«
Er winkte sie heran. »Zieh mir die Stiefel aus!«
Dann zerrte er sich ungeduldig die Sachen vom Körper.
Nackt stand Emma vor dem Bett und sah auf seinen weißen, unförmigen Leib. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder erschrocken darüber sein sollte, dass sein Glied immer noch schlaff und runzlig zwischen den mächtigen Schenkeln lag. Wenn sie ihn nicht zufrieden stellte, würde Jonas sterben.
Hartwig war ihrem Blick gefolgt. Seine Stimme klang gereizt. »Steh nicht so herum! Wenn du willst, dass dein Mann lebt, dann leiste mir die gleichen Dienste wie eine Hure.«
Er begann, ihr seine Befehle zu erteilen.
Schaudernd trat sie noch einen Schritt näher, kniete vor Hartwig nieder und tat, was er von ihr verlangte.
Marthe versuchte vergeblich, die Gedanken an das Furchtbare zu verbannen, was heute geschehen war und gerade geschah. Doch jetzt musste sie den Moment abpassen, an dem sie unbemerkt zu den im Block eingeschlossenen Männern huschen konnte.
Johanna hatte ihr beim Nachhausekommen berichtet, dass die rothaarige Frau bereit war, die Wachen abzulenken. Kuno und Bertram hielten sich in ihrer Nähe versteckt und wollten sie warnen, wenn sich jemand näherte, während sie Karl und Jonas half.
Jetzt konnte sie nur noch warten.
Da! Die Rothaarige trat mit wiegenden Hüften auf die Männer zu, die lärmend und lachend um ein Feuer saßen und die Bierkrüge kreisen ließen.
»Ich bin wieder bereit für euch, meine tapferen Helden«, sagte sie mit verführerischer Stimme, was für Johlen und anzügliche Rufe sorgte.
Die Rothaarige strahlte in die Runde. »Das muss gefeiert werden. Wer von euch der Stärkste ist, darf mich heute umsonst haben.«
Diese Ankündigung löste bei den Männern lautstarken Jubel aus.
»Wie wär’s, wenn die anderen dabei zusehen?«, rief einer. »Dann haben alle was davon!«
Die Hure verzog schmollend den Mund. »Nichts da! Alle anderen zahlen – ob fürs Zuschauen oder fürs Stoßen!«
Sie wusste, dass die Meute nicht mehr zu bändigen wäre, würde sie ihnen solch ein Schauspiel bieten. Und Hartwig würde bestimmt nicht einschreiten, wenn seine wild gewordene Horde über sie herfiel.
Schon traten die Ersten im Wettstreit gegeneinander an, lautstark von den anderen angefeuert. Es dauerte nicht lange, bis auch der Mann hinüberging, der eigentlich die Gefangenen bewachen sollte.
Die Hure schlenderte auf ihn zu, strich ihm übers Kinn und gurrte: »Ich hoffe, du gewinnst! Für dich hatte ich immer schon eine Schwäche.«
Die Männer waren bald vollauf beschäftigt mit ihrem Wettstreit.
Vorsichtig schlich sich Marthe zu Karl und Jonas. Beide waren bei Bewusstsein, aber in kläglichem Zustand, mit erstarrten Muskeln und vor Durst geschwollenen Zungen.
Sie flößte erst Jonas, dann Karl Wasser ein, in das sie etwas Rosmarin zur Belebung getan hatte. »Trinkt langsam, nicht zu viel auf einmal«, warnte sie und zog den Becher wieder weg. Sie tauchte Tücher in den Eimer mit kaltem Wasser, den sie mitgebracht hatte, legte den Männern Umschläge auf die Stirn und versuchte dann, durch Reiben das Blut in ihren unnatürlich verrenkten und erstarrten Gliedern zum Fließen zu bringen. Danach erneuerte sie den Verband an Jonas’ Stirn und gab ihnen wieder zu trinken, zunächst kleine Mengen, dann allmählich mehr. Am liebsten hätte sie auch die blutverkrusteten Wunden gekühlt und ausgewaschen, die von den Hieben herrührten, doch das wäre bei Tageslicht aufgefallen.
Hartwigss Männer stießen ein lautes Gebrüll aus.
Hastig blickte Marthe sich um. Wie es aussah, stand der Gewinner des Wettkampfes fest. Mit breitem Lächeln ging die Rothaarige auf ihn zu, strich über seine muskelbepackten Arme, sagte etwas, das die anderen zum Lachen brachte, und führte ihn zu ihrem Zelt.
Marthe blieb nur noch ein winziger Moment. Sie legte ihre Hände erst Jonas, dann Karl auf den Kopf, um mit ihrer heilenden Kraft den beiden Gemarterten wenigstens etwas Linderung zu schenken. Dann sammelte sie hastig ihre Sachen zusammen.
»Ich versuche, vor dem Morgengrauen noch einmal zu kommen«, flüsterte sie, ehe sie verschwand. »Vielleicht müsst ihr nur noch bis morgen früh durchhalten.«
»Gott segne dich«, wollte Karl sagen, aber mehr als ein
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