Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
denke schon. Sie werden Christian selbst in Fesseln nicht erlauben, auf ein Pferd zu steigen. Wer weiß« – wieder wurde sein Gesicht finster –, »ob er überhaupt noch in so einem Zustand ist, dass er reiten kann. Sie werden ihn auf einem Karren wegschaffen und auch Fußvolk als Wache dabeihaben.«
    »Wollt Ihr Kuno und Bertram mitnehmen, damit sie uns Nachricht bringen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Zu gefährlich. Sie sind schon einmal erwischt worden – und diesmal ist niemand mehr da, der ihnen aus der Not hilft.«
    Ein schmerzhaftes Lächeln zog über Lukas’ Gesicht. »Erinnerst du dich noch an die Reise hierher, an den Überfall der Wegelagerer?«
    »Damals habt Ihr gesagt: Möge Gott uns davor bewahren, schon Zehnjährige in den Kampf schicken zu müssen … Doch jetzt ist es fast so weit.«
    Wider Erwarten musste Lukas lächeln. »Das weißt du noch?« Er griff nach ihren Händen und sah ihr in die Augen.
    »Marthe … Ich komme wieder, sobald ich kann. Warte hier auf mich. Und versprich mir, dass du auf dich aufpasst! Sie haben es auch auf dich abgesehen. Wenn du in Gefahr gerätst, lauf weg und versteck dich in der Höhle im Wald bei den Bienenstöcken. Der Pater oder der Bergmeister können deine Mädchen als Mägde in ihr Haus nehmen, da dürften sie sicher sein.«
    Sie nickte stumm.
    »Christian würde mich noch aus dem Himmel mit einem Donnerstrahl niederstrecken, wenn dir etwas zustößt, weil ich dich nicht beschützt habe. Pass auf dich auf – um seinetwillen und um deinetwillen!«
    Er zog sie an sich und umarmte sie vorsichtig. Sie entzog sich ihm nicht. Der Kummer einte sie.
    »Gott schütze dich«, murmelte Lukas und küsste ihre Stirn so sanft, dass sie es kaum spürte.
    »Gott schütze Euch und Christian«, sagte sie leise.
    Aber da war Lukas schon in der Dunkelheit verschwunden.

Todesbotschaften
     
    Ein Dorfbewohner nach dem anderen legte am nächsten Morgen seine Gerätschaften beiseite und näherte sich stumm dem Bach, als Hartwigs Männer begannen, Christian aus dem Grubenloch zu hieven. Während sie Hände und Füße des Gefangenen an einen Leiterwagen ketteten, versammelte sich fast das ganze Dorf.
    Gut so, dachte Hartwig zufrieden. Es wird ihnen eine Lehre sein, zu sehen, dass ich ihren Anführer wie einen gewöhnlichen Verbrecher auf dem Weg zum Galgen transportieren lasse.
    Er gab Befehl, Christian die Augen zu verbinden. Kam nicht infrage, dass der sich an den Sympathiebekundungen seines Gesindels erfreute!
    Christian richtete sich auf, obwohl sein ganzer Körper schmerzte und die Muskeln nach der Nacht in Fesseln hart und verkrampft waren. Breitbeinig stand er in der Mitte des Karrens, eine Hand an die linke Seite gekettet, die andere an die rechte, und wandte sein Gesicht in die Richtung, in der er die Dorfbewohner vermutete.
    »Gott schütze Euch, Ritter Christian«, ertönte eine zittrige Frauenstimme.
    Das war Hiltrud, erkannte er. Sein Eingreifen hatte sie vor Kaspars Schlägen bewahrt – bis heute.
    »Gott schütze Euch!« Emmas Stimme klang tränenerstickt. Ob Jonas noch lebte?
    »Gott sei mit Euch!« Das musste die kleine Johanna sein.
    Obwohl er Marthes Stimme nicht hören konnte, war er sicher, dass sie bei dem Mädchen stand und ihn ansah. Er wandte sein Gesicht dorthin, woher der letzte Ruf gekommen war. Auch mit verbundenen Augen sah er das Bild genau vor sich: Marthe mit ihren beiden Stieftöchtern zwischen all den anderen, die ihm nachstarrten.
    Wie gern hätte er sie noch einmal gesehen, wie gern ein letztes Mal den Blick über das Dorf schweifen lassen, in dem sie sich eine neue, bessere Welt aufbauen wollten.
    Schroff gab Hartwig das Zeichen, damit sich die Reiter an der Spitze in Bewegung setzten. Als der Gefangenenwagen ruckelnd anfuhr, wankte Christian hin und her, aber die straff gespannten Ketten an Händen und Füßen hielten ihn in der Mitte des Karrens. Er richtete seine ganze Kraft darauf, aufrecht stehen zu bleiben.
    »Gott schütze Euch, Herr«, klang ihm ein vielstimmiger Chor nach, bis der Zug im Wald verschwunden war.
    Unter den drohenden Blicken der paar Bewaffneten, die auf dem Herrenhof verblieben waren, zerstreute sich die Ansammlung.
    Nur Marthe blieb reglos am Bach stehen und starrte ins Leere.
    Schließlich wandte sie sich zu Kuno und Bertram, die mit tränenverschmierten Gesichtern in der Nähe standen. Sie hatten soeben etwas für sie Unfassbares erlebt: Christian, ihr grenzenlos bewunderter Held, der bisher aus jeder noch so

Weitere Kostenlose Bücher