Das Geheimnis der Hebamme
flüsterte Marthe in Christians Ohr: »Hast du dir das wirklich gut überlegt? Selbst wenn du mit allem anderen beim Markgrafen ungeschoren davonkommst – dafür gibt es bestimmt eine Menge Ärger. Und unsere Kinder werden nicht deinem, sondern meinem Stand angehören.«
»Kommt Zeit, kommt Rat.« Strahlend sah er sie an. »Also, Dame Marthe, wenn du trotz alldem wagen willst, mir dein Herz und deine Hand zu schenken, machst du mich zum glücklichsten Menschen auf Erden.«
Sie lachte froh. »Mein Herz hast du längst – also nimm meine Hand dazu!«
Pater Bartholomäus hatte geglaubt, sich über nichts auf Erden mehr wundern zu können, aber der heutige Tag sollte ihm das Gegenteil beweisen. Erst kam doch tatsächlich dieser Todgeglaubte zurück und befreite das Dorf in einem tollkühnen Handstreich von dem grausamen Lumpenpack, das hier an seiner statt geherrscht hatte. Und dann wollte er auch gleich noch vermählt werden, nicht einmal standesgemäß, sondern mit Marthe!
Aber wer war er, dass er darüber richten durfte. Und wenn erden beiden in die vor Glück strahlenden Augen sah, konnte ihm keiner einreden, es sei nicht gottgewollt, dass sie vor der Kirchentür das Ehegelübde ablegten. Auch wenn er noch nie eine Hochzeit erlebt hatte, die so kurzfristig anberaumt worden war.
Er legte ihre Hände ineinander und nahm ihnen das Eheversprechen ab.
Unter dem Jubel der Dorfbewohner küsste Christian seine junge Frau erneut und wirbelte sie herum.
Dann blickte er suchend um sich. »Ich bin ein armer Mann. Mein Haus ist niedergebrannt und mit ihm sind wohl auch die letzten Biervorräte vernichtet, die Grete noch gebraut hat.« Für einen Moment verdüsterte sich sein Gesicht. »Gott sei ihrer Seele gnädig!« Dann sah er erneut in die Runde. »Wer hilft mir, die Feier auszurichten? Ich verspreche, alles zurückzuzahlen, sofern mich der Markgraf nicht hängen lässt.«
Die Leute lachten, nur in Marthe zog sich etwas eiskalt zusammen.
Sie und Lukas waren außer Christian die Einzigen, die wussten, dass sie heute erst den ersten Teil der Schlacht gewonnen hatten. Wenn Otto es ablehnte ihn anzuhören oder er beim Landding nicht einmal vorgelassen wurde, war Christians Leben verwirkt. Und ihres wohl auch.
Bergmeister Hermann trat vor. »Ich bitte Euch, Christian, seid mein Gast! Meine Vorratskammer steht Euch zur Verfügung. Und für die Nacht lasse ich Euch meine Kammer herrichten. Ihr habt uns allen die Hoffnung auf ein besseres Leben zurückgebracht.«
Christian bedankte sich für das großherzige Angebot. Doch ein kurzer Blick auf Marthes Gesicht sagte ihm, dass sie sich nicht wohl bei dem Gedanken fühlte. Immerhin hatte Gertrud sie als Hexe und Kindesmörderin angeklagt.
»Sag ja. Gertrud lebt nicht mehr in diesem Haus. Sie ist mit Martin zu Berthold gegangen«, flüsterte er ihr zu.
Marthe wollte an diesem Abend nicht darüber nachdenken, welches Unheil wohl noch aus diesem Ei schlüpfen konnte. Das Angebot des Bergmeisters war ihr gegenüber vielleicht auch eine Bitte um Verzeihung.
Fröhlich zog die lärmende Menge zur Wiese, wo die Frauen wieder einmal begannen, ein Mahl zu improvisieren, während Christian zu Drago ging, der seinen verloren geglaubten Herrn liebevoll begrüßte.
»Entschuldigt, aber jetzt muss ich wirklich erst die Wunde versorgen«, meinte Marthe und deutete auf Christians blutverkrusteten Arm.
Unter den vieldeutigen Bemerkungen der anderen zog sie Christian in ihre alte Hütte und kramte nach Verbandszeug.
Christian beugte sich zu Johanna und Marie herab, die ihnen gefolgt waren. »Was meint ihr – wollt ihr nicht ein paar Blumen pflücken und eurer Stiefmutter daraus einen Brautkranz flechten?«
Die Mädchen nickten schüchtern und gingen nach draußen.
Christian verschloss die Tür und zog Marthe an sich.
»Du bist meine Frau – für immer und ewig. Ich liebe dich«, flüsterte er, bis sie seinen Mund mit Küssen bedeckte und ihn so zum Schweigen brachte.
Seine Hand glitt unter ihren Rock, und er fühlte, dass sie ihn erwartete. Er setzte sie auf die Tischkante, schob ihren Rock zurück und nahm sie mit zügelloser Heftigkeit, während ihre Hände seinen Nacken umklammerten. Wellen des Begehrens durchzuckten ihren Leib, dann war alles Denken ausgeschaltet, und sie waren eins.
Heftig atmend ließ er endlich von ihr ab.
»Das«, brachte er hervor, »war noch nicht die Hochzeitsnacht!«
»Sondern?«, fragte sie ebenso atemlos.
»Ein Vorgeschmack.«
Doch Marthe wusste,
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