Das Geheimnis der Hebamme
sich an den Gefolgsleuten eines hohen Herrn zu vergreifen.«
»Es gibt kein schlimmeres Gesindel als Bewaffnete, die sich an Kindern und Frauen vergehen«, gab Christian zornig zurück. Mittlerweile hatte sich fast das gesamte Dorf um sie versammelt, und Christian hörte die Rufe der Dorfbewohner.
»Er lebt!«
»Unser Herr ist zurück!«
»Jetzt wird endlich Gerechtigkeit einziehen!«
Regungslos stand Christian da und wartete auf den Angriff. Bodo führte den ersten wuchtigen Schlag. Christian spürte schnell, dass er sich hier mit einem starken Gegner maß. Nichtumsonst hatte Randolf ausgerechnet ihn für diesen Auftrag ausgewählt. Er brauchte einen Mann, der Christian gefährlich werden konnte.
Die Wunde an seinem Schwertarm machte ihm mehr zu schaffen, als er anfangs geglaubt hatte. Er musste den Kampf schnell beenden. Christian richtete alle seine Gedanken darauf, jede Bewegung seines Gegners vorherzuahnen und zu reagieren, bevor dieser zuschlug.
Diesmal erkannte auch Marthe, dass der Ausgang des Kampfes ungewiss war. Christian hatte schon mehrfach Gegner überwältigt, die ihm an Größe überlegen waren, doch nun war er verwundet und noch von der Kerkerhaft geschwächt.
Allmächtiger, stehe dem Mann bei, den ich liebe! Sonst sind wir alle verloren, betete sie stumm.
Ein Aufschrei ging durch die Menge, als der andere Mann nur um Haaresbreite Christians Kopf verfehlte. Den Schwertgriff mit beiden Händen umfassend, holte er weit aus, um mit einem einzigen wuchtigen Hieb den Körper seines Gegners zu spalten.
Genau in diesem Moment stach Christian zu und trieb Bodo sein Schwert in den Hals. Tödlich getroffen wankte der Riese. Er hatte immer noch so viel Schwung, dass sein Schwert mit einem gewaltigen Hieb herunterfuhr, doch Christian konnte schnell genug ausweichen.
Bodo stürzte zu Boden und blieb reglos liegen, während das Blut aus seiner Wunde strömte.
Jubel flammte auf. Manche der Dorfbewohner sanken vor Christian auf die Knie, andere traten mit Tränen in den Augen vor ihn, in wortloser Freude und mit unendlicher Erleichterung.
Er aber sah nur Marthes leuchtende Augen.
Dann drehte er sich zu Lukas um. »Hol den betrügerischen Verwalter.«
Mit grimmiger Freude trieb der Knappe den Feisten vor sich her durch den Bach.
»Ich nehme Euch fest wegen Betrugs, Landfriedensbruchs und Missbrauchs Eurer Befugnisse«, sagte Christian und legte Hartwig persönlich in Fesseln.
Suchend blickte er um sich.
»Gibt es hier inzwischen ein Verlies?«
»Ja, im Herrenhof«, sagte Johanna, die sich glücklich an Marthe schmiegte.
»Morgen halten wir Gerichtstag«, erklärte Christian. »Ich will alles hören, was euch von Randolf, Hartwig oder ihren Leuten an Unrecht zugefügt wurde.«
Dann wandte sich Christian an Hermann, der inzwischen herangetreten war und sehr erleichtert wirkte. »Bergmeister, könnt Ihr mir ein paar zuverlässige Leute stellen, die dafür sorgen, dass von denen hier keiner fliehen kann? Sie sollen vor ein ordentliches Schöppengericht. Aber zuerst muss ich vor dem Markgrafen Klage erheben.«
Hermann nickte. »Ihr könnt Euch auf meine Leute verlassen. Diese Kerle da haben so oft das Bergrecht gebrochen und uns um den Lohn unserer Arbeit geprellt, dass jeder von uns mit ihnen eine Rechnung offen hat. Vor dem Markgrafen könnt Ihr auf meine Unterstützung zählen.«
»Wir sprechen morgen beim Gerichtstag darüber«, entgegnete Christian. »Sucht gemeinsam mit Pater Bartholomäus in den Listen nach Beweisen dafür, dass sie nicht nur euch, sondern auch den Markgrafen geprellt haben.«
Er blickte sich unter den Dorfbewohnern um und sah abgezehrte, aber erleichterte Gesichter. »Gibt es Dinge, die sofort erledigt werden müssen?«
Lächelnd löste sich Marthe aus den Reihen. »Eine Wunde, die verbunden werden muss.«
Er sah ihr liebevolles, strahlendes Gesicht, während sie auf ihn zuging und fühlte plötzlich den Drang, sie sofort zu nehmen. »Nun, dann habe ich etwas Unaufschiebbares. Pater, vermählt mich mit dieser Frau – sofern sie es will!«
Vor den staunenden Dorfbewohnern zog er Marthe an sich und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.
Die Menschen um sie herum brachen in Hochrufe aus. Eine Hochzeit als Krönung dieses Tages, und noch dazu so eine ungewöhnliche! Wann hatte man schon jemals gehört, dass ein Ritter ein einfaches Mädchen heiratete? Wenn sie auch eine junge Witwe war, um genau zu sein.
Während die lärmende Menge mit den beiden Richtung Kirche zog,
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