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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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Haken ist abgebrochen. Da habt Ihr eine beeindruckende Körperkraft gezeigt«, stellte sie bewundernd fest. »Wollt Ihr sehen, wie dick er ist?«
    Geoffrey wollte nichts sehen. Er stellte fest, dass das Seil sich gelöst hatte, und befreite seine Hände. Melisende half ihm auf, aber er war viel zu aufgewühlt, um das als demütigend zu empfinden.
    Â»Es ist nicht mehr weit«, sagte sie und tätschelte ihm die Schulter wie einem kleinen Kind. »Der Gang wird nun jeden Augenblick breiter.«
    Er setzte sich wieder in Bewegung, und nun, da seine Hände nicht mehr gefesselt waren, fiel es ihm leichter. Sie hatte Recht. Der Gang glich mehr und mehr einem Flur, und innerhalb weniger Augenblicke gelangten sie an eine Treppe, die aufwärts führte. Geoffrey stieg empor und stützte sich mit der Hand gegen die Wand. Schließlich gelangten sie an eine robuste Tür, und Melisende reichte ihm einen Schlüssel, um sie zu entriegeln. Dahinter befanden sich weitere Treppen, aber aus Holz, nicht aus Stein. Geoffrey spürte, wie die Luft beständig wärmer und frischer wurde.
    Eine zweite Tür führte auf einen dunklen Flur, und Melisende bedeutete ihm, dass er vorangehen sollte. Eine Maus rannte vor ihnen über den Boden, und Geoffrey wusste, dass er wieder über der Erde war. Er empfand eine so große Erleichterung, dass er sich am liebsten an Ort und Stelle niedergelegt und eine Woche geschlafen hätte. Der Flur führte in einen Saal, wo zwei Diener sich bei ihrer Annäherung von einer Bank erhoben. Sie erkannten Melisende und ließen sie mit einem Lächeln vorbei. Sie klopfte an die Tür, vor der die Diener gewartet hatten. Eine Stimme forderte sie auf, einzutreten.
    Â»Melisende!«, rief der Patriarch erfreut aus und erhob sich, um sie zu begrüßen.
    Â»Onkel«, erwiderte sie gleichermaßen herzlich.

10. Kapitel
    A ls Onkel und Nichte sich umarmten, war Geoffrey überrascht, dass ihm nicht vorher schon die Ähnlichkeit der beiden aufgefallen war: der hochmütige Gesichtsausdruck, der dunkle Teint, die Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Menschen. So ist das also, dachte er, während er versuchte, seinen gelähmten Geist wieder zum Leben zu erwecken. »Onkel« war kein griechischer Kaufmann, sondern Daimbert der Patriarch, der nun in väterlicher Weise die Hände auf die Schultern seiner Nichte gelegt hatte und zuhörte, wie sie in raschem Italienisch zu ihm sprach. Geoffrey hatte einige Jahre mit Tankred in Italien verbracht und konnte dem Gespräch folgen.
    Der Patriarch wurde sich bewusst, dass seine Nichte nicht allein gekommen war. Erschrocken riss er die Augen auf, als er Geoffrey erkannte.
    Â»Melisende«, sagte er entgeistert. »Was hast du mit meinem Ermittler gemacht?«
    Â»Deinem Ermittler?«, entgegnete sie verwirrt und schaute von Daimbert zu Geoffrey. »Du irrst dich, Onkel. Das ist Geoffrey Mappestone, ein normannischer Ritter aus der Zitadelle, der in den Diensten des Vogts steht.«
    Â»Und es ist ebenfalls der Mann, den ich ausgewählt habe, für mich die Mordfälle zu untersuchen«, versetzte Daimbert ein wenig gereizt. »Wie auch immer, er ist Tankreds Mann, nicht der des Vogts. Ich habe ihn vor kurzem in meine Dienste genommen.«
    Â»Aber wir haben gegeneinander gearbeitet!«, widersprach Melisende bestürzt. »Er hätte mir nützlich sein können! Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
    Â»Ich war nicht der Ansicht, dass du es wissen müsstest«, sagte der Patriarch. »Herr Geoffrey ist in einer gefährlichen Lage – angeblich dient er dem Vogt, aber in Wirklichkeit arbeitet er für mich. Und ohne Zweifel leitet er alle Erkenntnisse auch an seinen wahren Herrn weiter, an Tankred«, fügte er trocken hinzu. »Ich wollte ihn so weit wie möglich schützen.«
    Das war zu dick aufgetragen, dachte Geoffrey. Vielleicht hatte der Patriarch ihn wirklich schützen wollen, aber gewiss nicht um Geoffreys willen, sondern um zu erreichen, dass dieser wirklich tat, was der Patriarch von ihm wollte.
    Â»Der Ring!«, rief Melisende aus. Sie griff in einen kleinen Beutel, der an ihrer Hüfte baumelte, und zog den auffälligen Schmuck heraus. »Du hast ihm deinen Ring gegeben!«
    Â»Das habe ich allerdings«, sagte der Patriarch. Es ist ein ausgezeichnetes Stück, und ich nahm daher an, dass er es tragen würde. Dann hätte jeder

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