Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Gewürzen hing in der kalten Luft, zusammen mit dem stechenderen Geruch von Früchten. Einige der Waren waren mit griechischen Buchstaben beschriftet, andere mit arabischen. Hier lagen also die illegal eingeführten Waren, die zollfrei in den zwielichtigeren Stadtvierteln gehandelt wurden. Dieser Schwarzmarkt war es, der die Macht des Vogts in der Stadt untergrub und ihn zwang, erdrückende Handelsvereinbarungen mit den venezianischen Kaufleuten in Jaffa abzuschlieÃen. Gottfried würde alles dafür geben, diese Berge illegaler Güter zu sehen, dachte Geoffrey.
Er war zu erschöpft und zu aufgewühlt, um mit seinen neuen Erkenntnissen irgendetwas anzufangen. Er dachte nur beiläufig darüber nach, ob John, Guido und die Mönche vielleicht gestorben waren, weil sie auf dieses groÃe Lager mit Schwarzmarktware gestoÃen waren. Hatte Dunstan Melisende vielleicht damit erpresst? Mit ihrer Tätigkeit als Schmugglerin? Geoffrey fragte sich, wie sie es wohl rechtfertigen konnte, von Maria eine strenge Moral einzufordern, wo sie selbst so tief in Verbrechen verstrickt war.
Melisende erteilte ihren Leuten Befehle, und diese liefen wie die Ameisen über den unebenen Boden der Höhle. Celeste beäugte Geoffrey misstrauisch.
»Was fangen wir jetzt mit ihm an?« Der Benediktiner schüttelte den Kopf. »Es wäre besser für jeden gewesen â auch für ihn â, wenn wir ihn auf der StraÃe erledigt hätten.«
Geoffrey dachte an die furchtbare Wanderung zurück und war geneigt, zuzustimmen â vor allem, da ihm übel war bei dem Gedanken, dass Schlimmeres noch auf ihn wartete.
»Selbst wenn wir ihn ungesehen hätten töten und seine Leiche erfolgreich verstecken können, hätte man ihn irgendwann gefunden«, stellte Melisende fest und schüttelte den Kopf. Sie betrachtete Geoffrey kühl. »Denk an die VergeltungsmaÃnahmen, die der Mord an einem Mann des Vogts nach sich ziehen würde. Geoffrey Mappestone ist eine Plage, aber Onkel wird wissen, wie wir mit ihm umzugehen haben.«
So, wie sie es sagte, musste »Onkel« ein unheilvoller Titel sein. Geoffrey sah vor seinem geistigen Auge einen kleinen, fetten griechischen Kaufmann, der in einem verborgenen Palast inmitten illegaler Waren saà und hunderte von eilfertigen Dienern in ununterbrochener Folge mit Befehlen versorgte.
»Wie möchtest du mit ihm fertig werden?«, fragte Celeste
zweifelnd. Er musterte Geoffrey von oben bis unten wie ein
Stück fragwürdiges Fleisch.
Melisende lachte, und ihre Stimme hallte durch die Grotte und wurde als Echo zurückgeworfen. »Mit ihm?«, sagte sie verächtlich. »Der macht keine Schwierigkeiten mehr! Sieh ihn dir an!«
Geoffrey war sich bewusst, dass er nicht mehr das Muster modischer Eleganz sein mochte, das er gewesen war, als diese Reise in die Hölle ihren Anfang genommen hatte. Aber er war noch immer ein Ritter und gröÃer und stärker als jeder aus Melisendes bunter Truppe. Er hustete wieder und nieste dann. Celeste nickte.
»Ich verstehe, was du meinst. Aber du solltest ihm die Hände fesseln.«
Melisende stimmte zu, und Adam band Geoffreys Arme mit auffälliger Begeisterung hinter dem Rücken fest. Der Zeit nach zu urteilen, die er sich nahm, war er entschlossen, seine Sache sorgfältig zu machen.
»Danke, Adam«, sagte Melisende, als der junge Kämpfer endlich fertig war.
»Ich trau ihm nicht«, merkte Adam an und trat feindselig näher an Geoffrey heran. Er wirkte auÃerordentlich selbstsicher, jetzt, da der Ritter hilflos war. »Er könnte dich überwältigen oder einen Trick versuchen.«
»Er kann nicht viel ausrichten«, behauptete Melisende. »Selbst wenn er entkommen könnte, würde er niemals hinausfinden. Und was soll er ohne Licht und Essen anfangen? Wie auch immer, er ist keine Bedrohung für mich. Er ist eine elende Kreatur.«
Celeste und Adam gingen wieder ihren eigenen Beschäftigungen nach, während Melisende sich Geoffrey zuwandte.
»Nun. Wir beide haben noch eine weitere kleine Strecke vor uns. Ihr habt gehört, was ich zu Adam gesagt habe. Und das ist die Wahrheit. Ihr könnt gerne davonlaufen, wenn Ihr wollt â das würde mir die Sache sicher erleichtern. Aber Ihr würdet hier unten ganz gewiss sterben.«
Er nickte, und Melisende musterte ihn eindringlich. »Ihr mögt diese Höhle nicht, nicht
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