Das Geheimnis der Heiligen Stadt
gelangweilt begrüÃt.
»Gott sei Dank!«, rief Hugo und klopfte Geoffrey kameradschaftlich auf die Schultern. »Wir waren ganz krank vor Sorge um dich. Wo bist du gewesen?«
Geoffrey erzählte es ihm kurz, während er die Rüstung ablegte. Hugo stieà einen Pfiff aus.
»Zur Hölle! Daimbert spielt ein gefährliches Spiel.«
Geoffrey schlüpfte aus einem Stiefel und schüttete einen dünnen Wasserstrahl auf den Boden. Dann zog er auch den anderen aus. »Wie wir alle.«
Hugo blickte ihn merkwürdig an. »Was meinst du damit?«
Geoffrey fühlte sich unaussprechlich müde und sehnte sich nur noch nach Ruhe. Aber er konnte unmöglich ruhig schlafen, während Hugo noch durch Roger in Gefahr war. Er wollte sich nicht auf lange Erklärungen einlassen und all seine Gründe darlegen, die er für Rogers Schuld hatte. Er suchte nach einer Erklärung, die Hugo zufrieden stellen würde, ihn aber gleichzeitig wachsam bleiben lieÃ.
»Ich glaube, ich weià nun, wer der Mörder ist«, sagte er. »Und es ist keiner von Gottfrieds Männern. Sei vorsichtig, Hugo. Es dauert nicht mehr lange, bis der Mörder entlarvt ist.«
Hugo sah so aus, als lägen ihm noch viele Fragen auf der Zunge, aber Geoffrey schob ihn entschlossen aus dem Zimmer und machte die Tür zu. Er suchte nach einem trockenen Gewand und legte sich aufs Bett. Einen Augenblick später erhob er sich wieder und zerrte die schwere Truhe über den Boden, bis sie die Tür blockierte. Dann zog er seinen Dolch und legte ihn neben seine Hand auf das Bett. In dem Augenblick, wo sein Kopf das Kissen berührte, war er auch schon eingeschlafen.
Später drehte sich langsam der Griff an der Tür. Mit derselben Sorgfalt wurde die Tür aufgeschoben. Und dann endete die Bewegung. Der Mörder drückte ein wenig fester, aber die Tür gab nicht nach. Er drückte noch fester, und die Truhe knackte vernehmlich. Durch den Türspalt erblickte der Mörder, wie Geoffrey sich im Schlaf bewegte, und er bemerkte den Dolch neben seiner Hand. Er verzog das Gesicht.
Allmählich wurde ihm die Zeit knapp: Es war ihm schon nicht gelungen, Geoffrey mit dem Pfeil zu töten, an jenem Abend in Abduls Palast der Freuden. Geoffrey hatte auch den Angriff der Griechen im früheren Araberviertel überlebt. Und nun würde er überleben, weil der Mörder nicht in sein Zimmer gelangen konnte, ohne dass die schwere Truhe ihn verriet. Doch es würde weitere Gelegenheiten geben.
In der Zwischenzeit beobachtete der Hund ihn neugierig und döste dann weiter.
Der Winkel, in dem die Sonne durch das Fenster einfiel, verriet Geoffrey, dass es spät am Nachmittag war und er den gröÃten Teil des Tages verschlafen hatte. Er wuchtete sich steif aus dem Bett und ging zu seiner Waschschüssel. Dort spritzte er sich Wasser aus einem Krug über Kopf und Körper und rasierte sich rasch. Der Hund strich erwartungsvoll um ihn herum und stupste Geoffrey zu dem Kasten, in dem dieser unappetitliche Streifen aus getrocknetem Fleisch aufbewahrte. Wie schon hunderte Male vorher gewann Geoffrey erneut die ewige Dankbarkeit des Hundes â eine Ewigkeit, die so lange dauern würde, wie der Hund für den Bissen brauchte, den er gerade lautstark verzehrte.
Geoffrey grub ein frisches Hemd aus dem unordentlichen Haufen auf dem Regal, dann schenkte er sich einen Kelch Wein ein. Er ignorierte das Winseln des Hundes nach weiterem Futter und setzte sich hin, um nachzudenken.
Er ging noch einmal alles durch, was er sicher wusste. Guido sowie die Mönche Jocelyne und Pius waren im Abstand von weniger als vier Tagen ermordet worden. Guido von Rimini war in Trauer gewesen und hatte sich angewöhnt, allein nahe dem Felsendom spazieren zu gehen; auÃerdem trug er sich mit Zweifeln an der Sittlichkeit seiner ritterlichen Pflichten und erwog eine geistliche Berufung ins Kloster. John de Sourdeval war indes ein ernsthafter junger Mann, der vielleicht zu viel Zeit mit Nachdenken verbrachte.
Jeder der beiden war auf seine Weise verletzbar gewesen. Guido hatte allem Anschein nach etwas entdeckt, was ihn bewog, Jocelyne aufzusuchen, den Schreiber des Vogts. Da Guido Analphabet war, hatte er Jocelyne vermutlich das Betreffende aufschreiben lassen â was auch immer es gewesen sein mochte. Von dem Zeitpunkt an, wo Guidos Leichnam entdeckt wurde, bis zu seinem eigenen Tod zwei Tage später war der
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