Das Geheimnis der Heiligen Stadt
gegenübertreten â von denen einer ein angesehener Schreiber des Patriarchen und ein anderer die Nichte des Patriarchen und ein dritter der am meisten geschätzte Ratgeber des Statthalters war. Und wenn er den beiden eine solche Liste zur Auswahl vorlegte, so wusste er, dass sie sich für Roger entscheiden würden, einfach weil es die bequemste Lösung war. Geoffrey nahm einen Schluck Wein, stützte die Ellbogen auf den Tisch und zweifelte daran, dass er je eine Antwort finden würde.
Ein Klopfen ertönte an der Tür, und der Hund stieà ein dumpfes Knurren aus.
»Bist du da drin? Lass uns rein!« Rogers verärgerte Stimme musste in der ganzen Zitadelle zu hören sein. Zögernd stand Geoffrey auf, um die Truhe beiseite zu schieben, aber ein solcher Gegenstand war für Roger kein Hindernis. Er stemmte sich einfach gegen die Tür, bis er sich hindurchquetschen konnte. Er bemerkte die Truhe und nickte anerkennend. »Gute Idee. Heutzutage kann man niemandem mehr trauen.«
Hugo erschien in der Tür und schob sich geschmeidig an der Truhe vorbei.
»Was hast du getrieben?«, fragte er Roger, während er es sich auf dem Bett gemütlich machte, »während unser Phönix und sein niederträchtiger Hund den ganzen Tag verschlafen haben?«
Geoffrey erschauderte unwillkürlich, als er an seine knappe Rettung vor dem Flammentod erinnert wurde. Er lieà sich wieder auf seinen Sitz fallen. Roger nahm wie Hugo auf dem Bett Platz und grinste Geoffrey selbstgefällig an. »Nun, frag mich, wie ich vorangekommen bin.« Geoffrey blickte verständnislos, und Roger war enttäuscht. »Mit dem, womit du mich gestern beauftragt hast.«
»Ach. Ja.« Geoffrey hatte völlig vergessen, mit welchem Vorwand er Roger in der Nacht losgeworden war. »Was ist passiert?«
»Das kannst du Maria selbst fragen«, verkündete Roger stolz. »Ich habe sie hergebracht.«
»Du hast eine Hure in die Zitadelle gebracht? Bist du verrückt? Sie wird nie mehr lebend hier herauskommen!«
»Nicht in die Zitadelle, in den Kerker.« Roger warf sich in die Brust. »Ich habe das Rätsel für dich gelöst«, sagte er mit enervierender Selbstgefälligkeit. »Ich weià jetzt, wer diese Priester und Ritter ermordet hat!«
11. Kapitel
V oll Stolz verkündete Roger den Namen des Mörders.
»Der kann es nicht sein«, widersprach Geoffrey. »Hinter diesen Taten steckt ein ausgefeilter Plan, und dafür hat er einfach nicht genug Verstand.«
»Nun pass mal gut auf, Junge«, sagte Roger und klang dabei selbstgerecht. »Ein Mann muss nicht dumm sein, nur weil er nicht lesen und schreiben kann. Du bildest dir etwas zu viel auf deine Gelehrsamkeit ein. Ich sag es noch einmal: Der gesuchte Mörder ist Warner de Gray. Und er hat auch Marius umgebracht!«
Wollte Roger seine eigene Unschuld beweisen, indem er einfach einen Mann beschuldigte, den er nicht ausstehen konnte?
»Erklär mir doch, weshalb du Warner für den Schurken hältst«, bat Geoffrey schicksalsergeben.
»Weshalb ich ihn für einen Schurken halte?«, wiederholte Roger laut. »Was ist das denn für eine Frage? Weil er der Mörder ist, natürlich! Weshalb sonst?«
Geoffrey überlegte, wie er Roger unter irgendeinem Vorwand fortschicken könnte, um seine Befürchtungen und sein Wissen mit Hugo zu teilen. Wenn er jemals die ruhige Unterstützung, den Rat und den aufmerksamen Verstand des normannischen Ritters gebraucht hatte, dann jetzt.
»Hoffentlich hast du Recht, Roger«, warf Hugo ein. »Das wäre ein angemessenes Ende für all diese ScheuÃlichkeiten, und wir könnten uns wieder unseren eigentlichen Geschäften zuwenden: gutem, ehrbarem Gemetzel.«
»Hört hört«, sagte Roger inbrünstig.
»Aber sicher kannst du uns noch mehr über diese leidige Angelegenheit erzählen«, sprach Hugo weiter.
»Es war Warner«, erwiderte Roger entschieden.
»Das haben wir verstanden«, sagte Hugo geduldig. »Aber was für Gründe hast du für deine Anschuldigung?«
»Gründe!«, fauchte Roger verächtlich. »Du klingst schon wie unser alter Bücherwurm hier. Ich werde Warner zu einem Zweikampf vor Gott herausfordern. Gott wird ihn niederstrecken, weil er schuldig ist!«
Geoffrey starrte ihn an. Roger nahm solche Zweikämpfe äuÃerst ernst und würde sich nie
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