Das Geheimnis der Heiligen Stadt
erzählen, wo dieser Gang rauskommt. Sobald ich von Hugo fortkam, ging ich zu Melisende, um festzustellen, ob sie es weiÃ.«
Melisende zuckte die Achseln. »Glücklicherweise hat Maria mir einmal erzählt, wie sie aus dem Keller entkommen konnte, nachdem Akira sie dort eingeschlossen hatte. Dabei hatte sie den Ausgang erwähnt. Ich habe Herrn Roger begleitet, damit er auch den richtigen Garten findet.« Sie lächelte Geoffrey an, der sich zwang, das Lächeln zu erwidern.
»Diese Maria!«, setzte Akira an und schüttelte den fettigen Kopf. »Aber wir sollten uns hier nicht lang rumtreiben. Dieser Armand mag es nicht, wenn Akira in seinem Garten ist.«
»Armand ist mit den Ãbrigen aufgebrochen«, sagte Roger. »Aber du hast Recht â wir haben keine Zeit zu verlieren. Folgt mir.«
Geoffrey, Melisende und Akira schlossen sich Roger an, der sie am Rand des Gartens entlang zu einem Baum führte, der nahe der Mauer stand. Roger kletterte rasch hinauf und machte Anstalten, auf der anderen Seite hinabzuspringen.
»He! Augenblick mal«, rief der Schlachter jämmerlich. »Akira kommt da nicht rauf!«
Während Geoffrey von unten schob und Roger von oben zog, verschwand Akira über der Mauer und lieà eine Komposition von Flüchen und Ãchzern hören. Melisende erkletterte den Baum wie ein Affe. Sie raffte die Röcke und entblöÃte dabei kräftige weiÃe Beine. Geoffrey folgte den anderen und stellte fest, dass sie von Akiras Laden nur eine StraÃe entfernt waren.
»Weiter führte der Gang nicht?«, fragte Geoffrey verdutzt. »Ich hatte das Gefühl, wir wären fast schon jenseits der Stadtmauern.«
»Hab Euch doch gesagt, dass es nur ein kurzes Stück ist«, stellte Akira mit feuchtem Schnauben fest. »Und ich hab Euch gesagt, dass es Meilen sein können. Kommt drauf an, wie gut man mit so was klarkommt. Ihr seid schlechter damit klargekommen als irgendwer sonst, den ich je dort durchgeführt hab â wahrscheinlich habt Ihr gemeint, Ihr kämt in der Normandie wieder raus!«
Er gab ein kehliges Kichern von sich und verschwand in der Nacht. Einen Augenblick später kehrte er zurück.
»Wohin soll ich gehen?«, fragte er hilflos. »Maria läuft immer noch frei rum, und Adam kommt vielleicht wieder, um mich doch noch zu erwischen.«
»Maria ist in der Festung eingesperrt, und Adam begleitet Hugo«, erklärte Roger. »Du wirst zu Hause sicher sein, Akira.«
Akira grinste ihn an und entblöÃte dabei einige stark abgenutzte Zähne. »Akira mag Euch«, lieà er den bulligen Ritter wissen. »Wenn Ihr mal Lust auf ein Stückchen zartes Fleisch habt, wisst Ihr ja, wo Ihr hinkommen könnt.«
Er glitt ein weiteres Mal in der Dunkelheit davon.
»Nun, er mag mich. Was für eine Erleichterung«, stellte Roger fest und sah zu, wie die gebeugte Gestalt in der düsteren StraÃe verschwand.
»Ihr solltet jetzt Euren Onkel benachrichtigen«, sagte Geoffrey zu Melisende. »Erzählt ihm, dass Hugo den Vogt umbringen will und dass wir versuchen werden, ihn aufzuhalten.«
»Seid Ihr sicher, dass das die beste Lösung ist?«, fragte Melisende. »Es wäre vielleicht besser für die Stadt, wenn sie einen neuen Herrscher bekommt. Jeder ist unzufrieden mit dem Vogt, weil er so schwach ist. Solange er an der Macht ist, bleibt die Stadt für die Angriffe der Sarazenen verletzbar. Denkt daran, wie die Kreuzfahrer beim Fall der Stadt die Araber abgeschlachtet haben. Wenn die Sarazenen uns jetzt angreifen, wird es keine Gnade für irgendeinen Christen in Jerusalem geben â weder für Mann noch Frau noch Kind.«
Das ist sicher richtig, dachte Geoffrey. Der Zorn und das Entsetzen über das blutige Massaker an unschuldigen arabischen Bürgern durch die Christen vor einem Jahr würde eine umbarmherzige Rache der Sarazenen nach sich ziehen. Wenn die Stadt fiele, bliebe kein Christ am Leben, um davon zu berichten.
»Eurem Freund â diesem Hugo â kann man offenbar nicht trauen, aber in dieser Hinsicht hat er Recht«, fuhr Melisende fort. »Wir brauchen einen starken Herrscher.«
»Aber Hugo redet von Mord«, widersprach Geoffrey. »Und er sagt, er will Bohemund auf den Thron setzen. Aber Bohemund ist irgendwo im Norden â er ist nicht hier, um Anspruch auf den freien Thron zu erheben. Und Euer Onkel ist auch fort.
Weitere Kostenlose Bücher