Das Geheimnis der Heiligen Stadt
überwachten Regeln des Vogts übertreten hatten. Einige eingekerkerte Waffenknechte waren auch jetzt anwesend. Sie standen in der entferntest gelegenen Zelle still beieinander.
»Sie sind mit dem ersten Trupp aufgebrochen«, rief einer und blickte durch die Gitterstäbe an der Tür zu ihnen. »Ihr könnt sie noch einholen, wenn Ihr Euch beeilt.«
»Gottverdammt!«, fluchte Geoffrey und starrte entsetzt auf den toten Ned Fletcher. Er schaute in die Zelle und sah, dass Maria ebenfalls tot war. Ihr Hals war in einem unmöglichen Winkel verdreht, glasige Augen und ein weit offen stehender Mund entstellten das hübsche Gesicht. An ihrem Hals schimmerte noch der billige Anhänger, den Daimbert Roger gegeben hatte und den Roger für eine lustvolle Nacht mit der unglücklichen Eveline eingetauscht hatte.
Roger zog zischend den Atem ein und wandte sich den Gefangenen zu.
»Ihr könnt sie immer noch einholen«, drängte einer von ihnen.
»Sie?«, fragte Geoffrey, während sein Schrecken in kalte Wut überging. Ned Fletcher stammte von seinen heimatlichen Gütern von Goodrich, und im Laufe der Jahre hatte er den robusten, verlässlichen Gefolgsmann schätzen gelernt.
»Herrn Hugo und Tom Wolfram«, erwiderte der Gefangene. »Er hat Ned erstochen, und dann ging er in die Zelle und brach dem Mädchen das Genick. Sie flehte um ihr Leben, aber er hatte kein Mitleid!«
»Wer hat das getan?«, wollte Geoffrey wissen. »Wer von ihnen hat Ned umgebracht?«
»Tom Wolfram!«, riefen die gefangenen Waffenknechte im Chor. Einer von ihnen fuhr fort: »Und dann kam Herr Hugo herein, sah, was Wolfram getan hatte, und wurde wütend. Er brüllte Wolfram an und nannte ihn einen Dummkopf. Dann brachen er und Wolfram auf.«
»Das ist meine Schuld!«, sagte Roger verbittert zu Geoffrey. »Hätte ich etwas mehr nachgedacht, hätte ich mir denken können, dass Maria hier niemals sicher sein würde â obwohl sie nicht übermäÃig besorgt wirkte, als ich sie festnahm. Sie hat vermutlich geglaubt, Hugo würde sie retten. Wäre ich vorsichtiger gewesen, könnten sie und Ned noch leben!«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Geoffrey zornig und machte seiner Hilflosigkeit Luft. »Hugo ist nicht der Einzige, der uns verraten hat, wie mir scheint. Maria war in dem Augenblick dem Tode geweiht, wo sie die Zitadelle betreten hat.«
»Wolfram!«, sagte Roger mit belegter Stimme. »Wie hat er sich nur da reinziehen lassen?«
»Genauso wie die Ãbrigen«, meinte Geoffrey wütend. »Man versprach ihm eine Belohnung jenseits seiner Vorstellungskraft, und er lieà sich davon verführen. Oder vielleicht habe ich ihn auch dazu getrieben, indem ich ständig darauf beharrte, dass er sein Kettenhemd anzog! Wer weiÃ?« Er schlug eine gepanzerte Faust gegen die andere. »Aber ich hätte damit rechnen müssen! Wolfram war es, der mich zu Barlow rief, als der Junge betrunken war. Ich glaubte damals, du hättest diese Gelegenheit ergriffen, um Marius zu töten. Aber der Vorfall gab Wolfram Gelegenheit, Hugo von unserer Rückkehr zu berichten. Womöglich war es sogar Hugos Idee, damit ich dich in Verdacht haben sollte.«
»Herr Hugo hat Tom Wolfram angebrüllt, dass die Frau immer noch von Nutzen hätte sein können«, rief der Gefangene hilfsbereit. »Aber Wolfram sagte, Marias Gefangennahme wäre schuld daran, dass sie früher als geplant handeln mussten. Was meinte er damit?«
»Könnt ihr reiten?«, fragte Geoffrey. Alle Krieger auÃer einem nickten. »Dann kommt mit mir und findet es heraus.«
Während Roger mit den Schlüsseln herumhantierte und sie freilieÃ, kniete Geoffrey neben Ned Fletcher nieder und brachte seine verdrehten GliedmaÃen in eine würdevollere Lage. Er warf einen letzten Blick auf den Mann, der ihn seit seiner Jugend begleitet hatte, und erhob sich brüsk. Zorn brodelte in ihm. Roger folgte ihm die Treppen hinauf und fing einen Mönch ab, den er damit beauftragte, die Leichen in die Kapelle zu bringen.
»Dafür lassen wir Hugo zahlen, Geoff«, versprach Roger und zog die Panzerhandschuhe an. Geoffrey nickte schweigend und beobachtete die hektischen Vorbereitungen im Burghof. Er hatte vielleicht fünfzehn Ritter und etwa dreiÃig einfache Krieger zur Verfügung, eiligst aus dem Lager innerhalb der Burgmauern
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