Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Vorstellung nicht, dass der alte Akira durch die Tür kommen kann. Also stellt er ein paar Steine davor, und ich krieg sie nicht mehr auf.«
Geoffrey lehnte die Schulter gegen die Tür und drückte mit aller Kraft. Nichts passierte. Er griff nach dem Ring, der als Türgriff diente, und zog. Die Tür bewegte sich nicht. Er holte tief Luft und umklammerte den Ring ein zweites Mal, stützte den Fuà gegen den Türpfosten und nahm seine ganze Kraft zusammen. Er fühlte, wie das Blut in seinen Ohren pochte und die Muskeln in seinen Armen sich unangenehm dehnten, aber er zerrte weiter. Dann war ein widerhallendes Bersten zu hören, und Geoffrey stürzte nach hinten, mit dem Ring in der Hand.
»Ihr seid sehr stark«, stellte Akira bewundernd fest. »Habt den Ring ja gradwegs aus der Tür gerissen! Auch wenn uns das ebenfalls nicht weiterhilft.« Er schnupfte wieder, wischte sich die Nase an der Schulter ab und setzte sich neben den niedergeschlagenen Geoffrey. »Hab Euch ja gesagt, man kriegt sie von innen nicht auf«, fügte er noch hinzu.
»Gibt es ein Haus in der Nähe?«, fragte Geoffrey und rieb sich das angeschlagene SteiÃbein. »Wird es jemand hören, wenn wir schreien?«
»Oh, sie hören schon sehr gut«, stellte Akira verdrossen fest. »Aber das hilft uns auch nicht weiter.«
»Musst du das immer sagen?«, rief Geoffrey verärgert aus. »Warum bringt Rufen uns nicht weiter?«
»Weil der Ritter in dem Haus da Armand von Laon heiÃt. Und der ist ein guter Freund von dem dürren, blonden Ritter, der uns überhaupt erst hier runtergeworfen hat.«
Akira wollte in den geräumigeren Keller zurück, aber Geoffrey mochte sich nicht von dem Lichtschimmer fortbewegen und von der warmen Brise, die gelegentlich unter der Tür hindurchwehte. Er lag flach auf dem Bauch, konnte aber nichts sehen auÃer einigen vertrockneten Grashalmen. Akira hatte ihm erzählt, dass der Garten ziemlich groà war und nur geringe Hoffnung bestand, dass irgendwer auf der StraÃe ihre Hilferufe hörte. Und selbst wenn es jemand hörte, würde vermutlich niemand Schreien nachgehen, die aus dem Garten eines mächtigen Ritters wie Armand von Laon drangen. Geoffrey lag auf dem kühlen Steinboden und beobachtete, wie das Licht unter der Tür schwächer wurde.
Er konnte sich nicht vorstellen, hier einzuschlafen, und doch tat er es, erschöpft von den Ereignissen und der Anspannung der letzten Tage. Als er erwachte, war er kalt und steif und völlig orientierungslos, da es stockfinster war. Sofort stieg Panik in ihm auf, und er sprang auf die FüÃe und rang nach Atem. Akira wurde dabei aus dem Schlaf gerissen und schimpfte verärgert.
»Still!«
Das klang nicht wie Akiras Stimme, und Akira verstummte gehorsam. Geoffrey lehnte sich gegen die Wand und versuchte, ruhiger zu atmen. Er hörte Stein auf Holz kratzen. Irgendjemand schob die Steine von der Tür fort! Am liebsten hätte Geoffrey laut gejubelt, aber vielleicht war es ja Armand, der ihm in aller Stille unter dem Schutz der Dunkelheit den Rest geben wollte. Aber das war lächerlich! Armand hatte keinen Grund, ein solches Risiko einzugehen, wenn er nur geduldig einige Tage abwarten musste.
Wieder war der Laut zu hören, begleitet von einem Grunzen in vertrauter Stimmlage. Roger! Geoffrey drückte sich fester gegen die Wand und überlegte, was wohl geschehen würde. Er war unbewaffnet, da man ihn in Akiras Laden gezwungen hatte, Dolch und Schwert fallen zu lassen. In einem Kampf ohne Waffen war er Roger zu keiner Zeit gewachsen, aber insbesondere nicht jetzt, wo sich all seine Glieder wie Sülze anfühlten und er nach Luft schnappte wie ein Fisch auf dem Trocknen.
Dann wurde die Tür aufgestoÃen, und liebliche warme Luft aus Armands Garten wehte in den Gang. Geoffrey sah Rogers groben, klobigen Umriss vor dem dunklen Nachthimmel und spannte sich an.
»Geoff? Bist du da drin? Ich binâs, Roger!« Er tat einen Schritt in die Höhle. »Geoffrey!«, rief er eindringlich.
»Ich bin hier!«, erklang Akiras schmeichlerische Stimme aus der Gegend um Rogers Knie herum.
»Wo ist Geoffrey?«, wollte Roger wissen. Er griff nach unten, packte eine Faust voll von Akiras dreckiger Tunika und zerrte den Schlachter auf die FüÃe. »Wenn du ihm was angetan hast, bring ich dich um!«
»Da ist er!«, erklang eine weitere
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