Das Geheimnis der Heiligen Stadt
weiter als ein Mönch war, trug er selbst jetzt ein Breitschwert, während die anderen Ritter solche Waffen wegen vorangegangener Ausschreitungen nicht mit in die Halle bringen durften. Man hatte ursprünglich auch Dolche verboten, doch hatte sich rasch herausgestellt, dass das wegen der zähen Natur der meisten Speisen unpraktikabel war.
»Gibt es weitere Neuigkeiten von diesem Mönch â Lukas â, der gestern ermordet wurde, nachdem wir beide diese Aufrührer im griechischen Viertel erschlagen haben?«, fragte der Ordenskrieger Geoffrey beiläufig. Aber Geoffrey bemerkte ein Aufblitzen in seinen Augen, das ein mehr als flüchtiges Interesse verriet. Darum geht es also , dachte Geoffrey. Er will mir Informationen über die Morde entlocken, von denen Tankred annimmt, dass sie die Sicherheit der Heiligen Stadt bedrohen.
Ausweichend zuckte er die Achseln und lieà sich von Roger einen steinharten Brocken alten Brotes reichen. »Nichts, was Ihr nicht schon selbst gehört habt, nehme ich an«, entgegnete er.
»Ich habe gehört, dass John von Sourdeval und ein Mönch gestern ins Jenseits befördert wurden«, warf dâAumale ein, in einem Tonfall, bei dem man nach Geoffreys Ansicht fast schon so etwas wie boshafte Freude unterstellen konnte. »Der eine im Haus einer Hure und der andere in der Kirche. Damit kommen wir jetzt schon auf fünf Morde.«
Geoffrey biss die Zähne zusammen. Er war nicht überrascht, aber verärgert, dass Männer wie Warner und dâAumale aus Johns Tod einen Anlass zum Klatsch machten.
»John war nicht in einem Hurenhaus«, lieà er dâAumale mit kalter Stimme wissen. »Er befand sich im Haus einer Witwe im griechischen Viertel.«
»Oooh! Einer Witwe!«, rief dâAumale aus. Er zwinkerte Warner zu. »Das macht die Sache natürlich vollkommen ehrbar!«
»Nun pass mal auf â¦Â«, setzte Roger wütend an. Er verstand nicht ganz die Ironie in dâAumales Worten, doch er ahnte, dass hier Johns Ehre in den Schmutz gezogen wurde.
»Herr Warner, Herr Henri«, warf Hugo sanft ein. »Unser Freund ist tot, und wir trauern um ihn. Könnt Ihr unseren Schmerz nicht respektieren? Besudelt nicht sein Andenken. John war ein guter Mann.«
Warner und dâAumale tauschten Blicke untereinander, aber sie erhoben sich zum Aufbruch. Warner nickte Geoffrey höflich zu, bevor er davonschritt, um sich der Gesellschaft auf dem Podest anzuschlieÃen. Geoffrey seufzte, nachdem der Kampf nun abgewendet worden war, und steckte den Dolch in die Scheide zurück. Die umstehenden Männer schlenderten nach und nach davon. Bald saÃen nur noch Courrances, Geoffrey, Hugo und Roger am Tisch.
»Beruhige dich, Geoffrey«, sagte Hugo leise. »Warner hasst dich, seitdem du ihn in der Sache mit den Beduinen als Dummkopf hast dastehen lassen. Er würde sich über eine Gelegenheit freuen, mit dir zu kämpfen â und dich zu töten.«
»Um ein Haar hätte er eine Hand voll Kinder erschlagen«, erwiderte Geoffrey zornig. »Mal ganz abgesehen von der Ehre â denn es ist nicht besonders tapfer, wenn schwer bewaffnete Krieger Kinder erschlagen â wäre es auch eine unglaubliche Dummheit gewesen! Die Beduinen wären uns auf Schritt und Tritt durch die Wüste gefolgt, bis sie eine Gelegenheit gefunden hätten, uns im Schlaf die Kehle durchzuschneiden.«
»Ich weiÃ, ich weië, sagte Hugo beruhigend. »Niemand hier zweifelt daran, dass du Recht hattest â zumindest in taktischer Hinsicht. Und genau deshalb kann Warner dich nicht ausstehen.«
»Allerdings«, warf Roger ein. »Du hast ihn wie einen hirnlosen Schlächter aussehen lassen. Was er natürlich auch ist!« Er brüllte vor Lachen. Geoffrey fiel nicht mit ein.
»Männer wie Warner und dâAumale haben kein Recht, schlecht über John zu reden«, merkte er mit mürrischem Gesichtsausdruck an.
»Das ist allerdings wahr«, sagte Hugo. »Doch ist es ganz natürlich, dass sie angesichts der Umstände von Johns Tod unweigerlich MutmaÃungen anstellen. Was trieb er überhaupt im Griechenviertel? Du musst zugeben, das ist eigenartig.«
»Ich für mein Teil finde diese ganze Geschichte überaus Besorgnis erregend«, sagte Courrances. Geoffrey zuckte zusammen. Er hatte Courrances Anwesenheit ganz vergessen und war sich gar nicht mehr bewusst gewesen, dass
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