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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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Sanftmut und Ehrbarkeit Roger und Hugo oft von unbesonnenen Taten hatte abhalten können.
    Â»Ich habe gehört, jemand hat dir letzte Nacht ein Herz geschenkt«, sagte Roger im Plauderton, während er sich an Geoffrey vorbeidrängte, um als Erster beim Essen zu erscheinen. »Möchtest du es behalten? Ich habe kein Herz mehr gegessen, seit ich von Durham weg bin.«
    Â»Du müsstest dich darum schon mit der Hälfte aller Fliegen in Palästina streiten«, wandte Hugo ein. »Es verbreitet einen Gestank wie eine Latrine.«
    Roger grinste und stellte breite, braune Zähne zur Schau. »Pingeliger Franzose«, stellte er fest. Hugo erwiderte sein Grinsen. Geoffrey fragte sich, wie die beiden so selbstgefällig über die offenkundige Lücke in der Sicherheit der Festung hinwegsehen konnten.
    Geoffrey schaute zu, wie Roger vor ihm die Treppen hinabpolterte. Er hätte kaum je geglaubt, dass er mit einem solchen Mann so leicht Freundschaft schließen könnte – Roger war derb, liebte den Kampf und verachtete alles, was auch nur den Anflug geistiger Fähigkeiten verlangte. Doch waren englische Ritter auf diesem Feldzug selten, und Geoffrey hatte sich zunächst einfach deshalb Roger zugesellt, weil sie Landsleute waren. Erst später erkannte er dessen gute Eigenschaften: seine Ehrlichkeit, eine gewisse plumpe Rechtschaffenheit und eine absolute Loyalität seinen Freunden gegenüber – und das waren vor allem Geoffrey und Hugo.
    Obwohl Geoffrey mehr mit dem schlagfertigen und spöttischen Hugo gemeinsam hatte, bewunderte er Roger. Er hielt sich für gesegnet, weil er zwei solche Freunde besaß, ungeachtet der Unterschiede in ihrer Persönlichkeit.
    Die große Halle war bereits überfüllt. Man hatte die Fensterläden weit aufgestoßen, aber die Luft im Inneren war schwer vom Geruch ungewaschener Körper, vom Staub Jerusalems und von öligem Leder. Sofort fühlte Geoffrey, wie ihm der Schweiß den Nacken herabfloss. Unbehaglich zupfte er an seinen Kleidern. Selbst innerhalb der festen Mauern der Zitadelle trugen die Ritter Rüstung – zumeist ein leichtes Kettenhemd über dem Untergewand. Wenn sie die Festung verließen, trugen sie schwere Kettenhemden, die bis zu den Knien reichten; darüber zogen sie gepolsterte Überwürfe an, die am Rücken mit einem Kreuz verziert waren und vorne die Wappen ihrer Herren trugen. Dazu kamen schwere Panzerhandschuhe, ein Eisenhelm mit langem Nasenschutz und dicke Lederhosen.
    Die Halle war rechteckig und so groß, dass es zwei Feuerstellen gab, um sie während der kurzen Wintermonate zu beheizen. In der Westwand befanden sich Bogenfenster, die den Blick auf den inneren Burghof freigaben, doch keine in der Ostwand, da sie nach außen ging.
    Die Seite der Halle, die zur Küche führte, kennzeichnete ein hell bemalter Wandschirm, hinter dem die Diener das Essen bereiteten; gegenüber befand sich ein Podium, auf dem ein Tisch stand. Dort speiste Gottfried mit seinem jüngeren Bruder Balduin. In einem rechten Winkel zu dem Tisch auf dem Podium standen vier schwere aufgebockte Tischplatten, die nur zu den Mahlzeiten aufgestellt wurden. Die höher gestellten Ritter saßen an den Enden, die dem Statthalter zugewandt waren, während die niederen weiter entfernt saßen.
    Geoffrey, Roger und Hugo fanden Plätze am Kopfe des nächststehenden Tisches und bedienten sich an dem verdünnten Wein, an überreifen Feigen und trockenem Brot. Zwei Ritter des Statthalters kamen hinzu und setzten sich ihnen gegenüber: Warner de Gray und Henri d’Aumale. Geoffrey verabscheute die beiden fast so sehr wie den verschlagenen Johanniter Courrances.
    Er unterdrückte einen Seufzer und unterhielt sich mit Hugo über die Schwertkampfübungen, die für diesen Nachmittag angesetzt waren. In der Zwischenzeit beschrieb Warner ein Zusammentreffen mit einer kleinen Schar Araber, die am Vortag seinem Erkundungstrupp aufgelauert hatten. Geoffrey versuchte, ihn zu ignorieren, aber Warners Stimme war durchdringend. Geoffrey und Hugo mussten schließlich ihr Gespräch aufgeben.
    Als Warner bemerkte, dass er Publikum hatte, wurde er ausführlicher. Seinem Cousin, Gottfried von Bouillon, sah er in manchem ähnlich: Beide waren hoch gewachsen, kräftig und hellblond. Doch wo dieser ein nachdenklicher Mann und – wie das Gerücht wollte – tief gläubig war, benahm sich

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