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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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dieser seinem Gespräch mit Roger und Hugo zuhörte.
    Â»Das habt Ihr gestern schon angemerkt«, erwiderte Geoffrey. Um sein Unbehagen zu verbergen, nahm er ein Stück Ziegenfleisch aus der großen Schüssel, die von einem Diener herangebracht wurde. Er untersuchte das Fleisch genau und ließ es dann zurück in die Schüssel fallen. Der Geruch nach ranzigem Fett verursachte ihm Übelkeit. Sie aßen nun schon seit Wochen Ziegenfleisch, selbst an solchen Tagen, wo die Kirche den Verzicht verlangte. Roger schnappte sich das von Geoffrey abgelehnte Stück, zusammen mit zwei anderen, die noch schlimmer aussahen. Was für eine Herde der Koch auch billig eingekauft haben mochte – Geoffrey hoffte, dass Männer wie Roger sie bald vertilgt hatten, damit es endlich wieder etwas anderes zu essen gab.
    Â»Diese Mordfälle rütteln am Fundament unserer Herrschaft in dieser Stadt«, fuhr Courrances fort. Geoffrey musterte ihn prüfend. Tankred hatte genau dasselbe gesagt. Vielleicht hatten sie Recht.
    Courrances begegnete kurz seinem Blick und versuchte dann vergebens, den Knorpel von seinem Fleisch abzuschneiden. Nach einer Weile gab er auf. Angewidert warf er das Stück Geoffreys stets aufmerksamem Hund zu. Roger fing es sauber in der Luft auf. Seine kräftigen Kiefer hatten mit Knorpel keine Schwierigkeiten. Der Gefühlsausdruck des Hundes wechselte innerhalb eines Augenblicks von gieriger Vorfreude zu Überraschung und heller Empörung.
    Courrances beugte sich über den Tisch zu Geoffrey. »Der Vogt ist ebenfalls besorgt über diese Morde. Wenn Bohemund und Tankred auch nur halb so viel politisches Gespür haben, wie ich glaube, dann machen sie sich ebenfalls Sorgen.«
    Â»Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte Geoffrey, als Courrances kurz innehielt.
    Â»Ich will darauf hinaus«, erklärte Courrances und richtete seine merkwürdig blassen Augen auf den Engländer, »dass diese Todesfälle uns alle bedrohen, ob wir nun Normannen sind oder Lothringer, Engländer oder Franzosen, Ritter oder Mönche. Wir sollten zusammenarbeiten, um sie aufzuklären. Ich vermute, dass fanatische Sarazenen dahinter stecken. Sie wollen uns auf diese unehrliche Weise zu Fall bringen, weil sie uns in der Schlacht nicht besiegen können. Der Vogt hingegen nimmt an, dass der Patriarch womöglich mehr weiß, als er zugibt, während der Bruder des Vogts die Juden verdächtigt.«
    Â»Die Juden?«, rief Geoffrey aus. »Die haben doch nichts anderes im Sinn, als sich so weit wie möglich von uns fern zu halten, und wer kann es ihnen verdenken? Sie haben weder einen Grund noch die Neigung sich einzumischen.«
    Â»Natürlich haben sie einen Grund«, stellte Courrances aalglatt fest. »Kaum jemand wird bestreiten können, dass sie unter der Herrschaft der Sarazenen glücklicher, freier und wohlhabender waren als unter der unseren. Sie sähen es nur allzu gerne, wenn wir hinausgeworfen würden und die Ungläubigen zurückkehrten.«
    Â»Das ist vielleicht richtig«, räumte Geoffrey ein. »Aber deshalb sind sie noch lange nicht so dumm zu versuchen, diesen Zustand selbst herbeizuführen. Ihre eigene Stellung ist viel zu verwundbar. Und wenn sie irgendwelche Zweifel daran hätten, wozu unsere Armeen fähig sind, dann müssten sie sich nur an das Massaker nach dem Fall der Stadt erinnern.«
    Â»Ach ja«, sagte Courrances, »das Massaker. Tankred war fehlgeleitet, als er versuchte, den Ungläubigen Schutz zu bieten. Hätte er mit seiner mitleidvollen Haltung Erfolg gehabt, dann würde es inzwischen in dieser Stadt schon mehr als einen gelegentlichen ermordeten Ritter oder Geistlichen geben.«
    Geoffrey sagte nichts. Auf sein Drängen hin versuchte Tankred damals, einige der Bürger Jerusalems zu retten, indem er sie in einem Gebäude unter seiner Standarte sammelte. Aber Ritter und Fußvolk setzten sich gleichermaßen über seine Befehle hinweg, und die Leute, die sich Tankreds Gnade unterworfen hatten, wurden wie jeder andere auch abgeschlachtet.
    Geoffrey bemerkte das erst, als ihre Leichen verbrannt wurden und das Feuer aus dem Dach schlug. Vor Wut und Grauen stammelnd, trug er die Sache Tankred vor. Doch dieser zuckte nur stoisch die Schultern und verbannte die Angelegenheit sogleich aus seinem Kopf. Für ihn gab es Wichtigeres zu tun: nämlich die Frage zu klären, wo man zuerst plündern

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