Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
Vom Netzwerk:
Grabeskirche zu, den heiligsten Ort der Christenheit, von dem es hieß, hier läge die Stätte von Jesu Grab. Die Gasse selbst galt als der Weg, den Jesus vor der Kreuzigung zurückgelegt hatte. Im Gegensatz zu den übrigen Straßen der Stadt war sie voller Leute, denn hier liefen die Pilger barfuß entlang. Sie erbaten damit Vergebung für alle Arten von Sünden, manche unbedeutend, die meisten nicht. Hier und dort erhoben sich Stimmen in verzweifeltem Flehen, in einer Vielzahl von Sprachen – Latein, Griechisch, Französisch, Italienisch und viele, die Geoffrey gar nicht erkannte.
    Er fragte sich, ob manche dieser abscheulichen Taten, die einige dieser Pilger zu gestehen hatten, sich tatsächlich wieder gutmachen ließen, indem sie die heilige Gasse auf blutenden Knien entlangkrochen oder nach jedem Schritt zum Gebet innehielten. Ein Mann mit ungepflegtem schwarzen Bart forderte Vergebung für den Mord an seinen Kindern, den er im Rausch begangen hatte. Das tat er in einem Tonfall, der alles andere als reuevoll klang. Gleichzeitig betete eine Frau, dass ihr Mann vom Tode ereilt werden solle, bevor er bemerkte, wie oft sie ihn betrogen hatte, damit er sie nicht tötete.
    Geoffrey erhielt seine Antwort auf die Frage nach der Erlösung in der Grabeskirche selbst. Dort wimmelte es von Leuten, und beinahe alle blickten selbstzufrieden drein im festen Glauben, dass ihre Sünden ihnen vergeben und sie nun frei waren, davonzugehen und erneut zu sündigen. Vor der Kirche saßen Bettler, stellten nässende Wunden zur Schau, die Stümpfe von Armen oder Beinen oder Finger und Zehen, die von Lepra zerstört waren. Ihre fordernden Stimmen wurden deutlich lauter, als die Ritter in die Kirche traten. Dann wandelten sie sich zu Flüchen, als die Hand voll kleiner Münzen – alle, die Geoffrey bei sich trug – nicht ihren Erwartungen entsprachen.
    Man hatte die Kirche während der letzten zwanzig Jahre wieder aufgebaut, nachdem sie bei einem Angriff der Araber zerstört worden war. Sie bestand aus einer ansehnlichen Kuppel, die zwar nicht so eindrucksvoll war wie die des Felsendoms, aber schön in ihrer robusten Einfachheit. Unterhalb der Kuppel lag die Gruft, ein kleines Loch in einem Felsen, um den sich die Pilger wie Fliegen drängten und die Hände ausstreckten, um ihn zu berühren.
    Diese Kirche hatte nichts von der andächtigen Stille des Felsendoms oder der kleinen Kirche der Heiligen Maria. Ein unaufhörlicher Wirrwarr an Stimmen störte die Ruhe, schmeichelnd, flehentlich, fordernd, eindringlich, inbrünstig, freudig, fromm und ekstatisch. Mönche beteten unaufhörlich verschiedenste Psalme und Gebete für die unterschiedlichen Orden, alle durcheinander und in dem Bemühen, einander zu übertreffen. Auf der einen Seite verkündete ein Mann, dass er frische Feigen anzubieten hatte, um die Pilger zu erfrischen, die nach ihrem Martyrium müde waren. Anderswo bot ein Ablasskrämer Geoffrey Stücke des echten Kreuzes und Haare aus Josefs Bart an, die ihm gewiss die Erlösung bringen würden. Geoffreys Hund knurrte drohend in dem Getümmel. Es war nur eine Frage der Zeit, ehe er jemanden fand, den er beißen konnte. Daher schob Geoffrey das Tier nach draußen, damit es im Schatten auf ihn wartete.
    Ein stark hinkender Benediktiner kam auf sie zu und teilte ihnen mit, dass Waffen in der Kirche nicht gestattet waren und dass sie ihre Schwerter und Dolche draußen lassen müssten.
    Â»Wir sind nicht hier, um Streit zu suchen, aber wir sind auch nicht als Pilger gekommen«, erklärte Geoffrey. »Ich möchte mit demjenigen sprechen, der Bruder Lukas entdeckt hat, den Mönch, der gestern Nacht ermordet wurde.«
    Der Mönch kniff die Augen zusammen. »Wer seid Ihr, und warum verlangt Ihr das?«
    Â»Wir sind im Namen des Vogts hier«, sagte Geoffrey höflich. Er wusste nicht, wie lange sein gutes Benehmen noch anhalten würde, wenn er noch länger mit solchen unverschämten Mönchen Umgang haben musste. »Bitte erzählt uns doch, wo wir die Zeugen seiner Ermordung auffinden können.«
    Der Mönch musterte sie einen Augenblick prüfend und führte sie dann hinkend von der Kuppel fort und durch einen Gang, von dem zahlreiche Zimmer abgingen. Vor einer der Türen hielt er an und wies sie an, im Flur zu warten. Dann schlüpfte er in den Raum dahinter und schloss die Tür hinter

Weitere Kostenlose Bücher