Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Nächste, was ich sah, waren eure Gesichter, die über mir schwebten wie zwei Dämonen aus der Hölle. Und ich hatte mörderische Kopfschmerzen.«
»Und sonst hast du nichts gehört oder gesehen?«, beharrte Geoffrey.
»Gar nichts!«, sagte Hugo und klang wieder verärgert. Er legte eine Hand auf den Verband, der sein blondes Haar verhüllte und laienhaft gewickelt war, aber zum Ausgleich dafür beeindruckend groÃ. Er zuckte zusammen. »Dieser Köter ist zu gar nichts nutze«, fuhr er ruhiger fort und blickte zu dem Tier, das folgsam zu Rogers FüÃen saà und versuchte, den Kopf auf seine Knie zu legen. »Ein Mörder kommt mitten in der Nacht ins Zimmer, und er tut nichts weiter, als mit dem Schwanz zu wedeln! Hast du ihm jemals irgendetwas Nützliches beigebracht? Kann er jagen? Kann er apportieren? Kann er irgendetwas anderes machen als herumliegen und fressen?«
Geoffrey dachte einen Augenblick darüber nach. »Nein. Was hat Marius dir erzählt, bevor er starb?«
»Herzlich wenig, fürchte ich. Der Mann zitterte wie Espenlaub, daher holte ich ein wenig Wein, um ihn zu beruhigen. Bis er sich etwas beruhigt hatte, dauerte es eine Weile. Ich bat ihn dann zu erzählen, was geschehen war. Und das tat er gerade, als der Mörder hereintrat.«
»Was hat er gesagt?«, fragte Geoffrey.
Hugo rieb sich über den Verband. »Dass er nach Dunstan gesucht hat, ihn aber nicht finden konnte. Als letzte Möglichkeit schaute er im Skriptorium nach, doch er hat nicht wirklich erwartet, ihn dort zu finden, da keine Lampe brannte. Dann sah er einen dunklen Umriss über Dunstans Schreibpult zusammengesunken und stellte fest, dass Dunstan ermordet worden war.«
»Wie konnte er wissen, dass Dunstan ermordet worden war, wenn keine Lampe brannte? Das Skriptorium war stockdunkel, und wir mussten Wolframs Lampe entzünden«, warf Geoffrey ein.
»Ich wiederhole nur, was er mir erzählt hat«, antwortete Hugo gereizt. »Ich versuche nicht, es zu rechtfertigen. Er bemerkte das Seil, mit dem Dunstan seiner Ansicht nach erdrosselt worden war, und dann lief er so schnell er konnte, um sich in Sicherheit zu bringen.«
»Da hat er sich ja den richtigen Ort ausgesucht«, stellte Roger fest.
»Warum kam er hierher?«, dachte Geoffrey laut nach. »Warum suchte er nicht Zuflucht beim Patriarchen? Daimbert war sehr zornig über Dunstans Tod, und ich bin mir sicher, er hätte zumindest versucht, Marius zu schützen. Wie konnte Marius glauben, dass es sicherer für ihn war, durch düstere Gassen zu wandern und bei Männern Hilfe zu suchen, die er nicht kannte?«
»Das weià ich nicht«, sagte Hugo müde. »Er hatte wohl seine Gründe.«
»Und wenn wir die kennen würden, wären wir des Rätsels Lösung schon näher«, stellte Geoffrey fest. Er beobachtete, wie der Hund Roger hingebungsvoll anstupste, während dieser immer wieder versuchte, das Tier fortzustoÃen.
»Was ist los mit dem Vieh?«, schnauzte Roger und funkelte den Hund an.
»Er riecht den Kuchen, den du aus Dunstans Pult gestohlen hast«, sagte Geoffrey. Er erhob sich von der Fensterbank und setzte sich an den Tisch. Er hätte gerne aufgeschrieben, was sie bereits herausgefunden hatten. Das würde ihm helfen, die Erkenntnisse zu ordnen. Doch der Mörder war nun schon zweimal in sein Zimmer eingebrochen, und Geoffrey befürchtete, dass seine Aufzeichnungen nicht sicher wären.
Geoffrey erinnerte sich an die aussortierten Pergamente, die er mitgenommen hatte. Er holte sie hervor und betrachtete sie genauer. Es war unwahrscheinlich, dass aus so einer offensichtlichen Quelle ein Hinweis auftauchen würde, doch Geoffrey hatte so wenig, mit dem er arbeiten konnte, und die Sache wurde allmählich gefährlich. Ein Mann war in seinem Zimmer ermordet worden, inmitten einer Festung voller Ritter. Der Mörder, den er jagte, hatte sich nun selbst als ernst zu nehmender Gegner erwiesen, und Geoffrey konnte es sich nicht leisten, irgendetwas zu übersehen.
Roger holte inzwischen das Päckchen unter seinem Wappenrock hervor. Sein Gesicht hellte sich auf. Voll Vorfreude schmatzte er mit den Lippen. Der Hund sabberte haltlos, und seine Augen wurden in vorübergehender Hingabe groà und feucht. Während Roger den Kuchen auspackte und der Hund um ihn herumstrich, stöberte Hugo nach Wein.
»Ich kriege das
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