Das Geheimnis der Highlands
vor Freude. Die aufsteigende Hitze hatte allerdings alarmierende Auswirkungen auf ihren Kopf. »Du sagtest, du hättest noch mal geheiratet. Hast du noch andere Kinder?« fragte sie in dem verzweifelten Versuch, beim Gesprächsthema zu bleiben.
Auf Lydias Gesicht kehrte das Lächeln zurück. »O ja. Adrian und Ilyssee. Sie sind in Frankreich bei meiner Schwester Elizabeth. In ihrem letzten Brief warnte sie mich, daß Adrian sich zu einem unverbesserlichen Spitzbuben entwickelt und daß sie kurz davor stünde aufzugeben, Ilyssee Manieren beizubringen.« Lydia lachte. »Ilyssee kann manchmal ein bißchen über die Stränge schlagen und ist dann nicht zu bändigen. Du würdest sie mögen.«
Adrienne war sich nicht sicher, wie sie das verstehen sollte, also enthielt sie sich eines Kommentars. Außerdem fühlte sie sich überhaupt nicht gut. Sie sah plötzlich alles doppelt, ihr Magen krampfte sich zusammen, und ihr Mund war ausgetrocknet wie ein alter Putzlappen. Angestrengt versuchte sie zu schlucken. »Wallah hubbah ha?« krächzte sie.
»Adrienne?« Lydia sah sie besorgt an. »Adrienne?« Sie legte der jungen Frau eine Hand auf die Stirn.
»Du kochst ja!«
Adrienne fiel stöhnend vornüber und brach auf dem gepflasterten Weg zusammen.
»Hawk!« schrie Lydia.
Kapitel 9
»Gift.« Hawks Gesicht war grimmig und düster. Vorsichtig untersuchte er den winzigen Pfeil, den der alte Heiler auf das Tuch gelegt hatte.
»Callabron.« Der Heiler fuhr sich mit den Fingern durch den langen, weißen Bart und setzte sich auf einen Stuhl an Adriennes Seite.
Hawk stöhnte auf. Callabron war kein sanftes Gift. Es hatte eine gemeine und langsame Wirkung. Es würde tagelang anhaltende Schmerzen verursachen, bevor der Erstickungstod eintrat, da das Gift den Körper langsam von außen nach innen lähmte.
Hawk wußte, daß es kein Gegenmittel gab. Er hatte während seiner Dienstzeit bei König James von dem Gift gehört. Es ging das Gerücht, daß ihm viele königliche Nachkommen zum Opfer gefallen waren. Wenn man einen zukünftigen König aus dem Weg räumen wollte, versuchte man sein Glück nicht mit einem Gift, das womöglich nicht die erwünschte Wirkung haben könnte. Hawk ließ den Kopf in die Hände sinken und rieb sich die wunden und getrübten Augen. Die Hitze, die von den hochlodernden Flammen ausströmte, brannte auf seinem Gesicht, aber ihr würde die Hitze helfen, hatte der Heiler gesagt. Sie könnte das Fieber senken. Trotzdem … sie würde sterben.
Nimm mich, nur verschone sie! , wünschte Hawk von ganzem Herzen.
»Wir können ihre Schmerzen lindern. Es gibt Mittel, die ich ihr geben kann …«, sagte der Heiler leise.
»Wer?« tobte der Hawk, den alten Mann ignorierend. »Wer sollte so etwas tun? Warum sie töten? Was hat sie getan?«
Der Heiler fuhr zusammen und preßte die Augen zu.
Im Türrahmen rang Lydia mühsam nach Atem. »Es ist also Callabron?«
»Ja. Die Haut hat sich um die Öffnung schwarz verfärbt, und hellgrüne Linien gehen von der Wunde aus. Es ist der tödliche Biß des Callabrons.«
»Ich will sie nicht verlieren, Hawk«, verlangte Lydia.
Langsam erhob Hawk den Kopf aus seinen Händen. »Mutter.«
Das Wort war ein Bitten, Ausdruck tiefster Hoffnungslosigkeit. Mutter, lass alles gut werden . Doch er wußte, sie konnte es nicht.
»Einige sagen, es wäre humaner, das Leiden in den frühen Stadien zu beenden«, sprach der Heiler sehr leise und vermied es, den Hawk dabei anzusehen.
»Genug!« schrie der Hawk ihn an und brachte ihn auf der Stelle zum Schweigen. »Wenn alles, was Ihr bringen könnt, nur Dunkelheit und Verdammnis ist, dann schert Euch fort!«
Stolz und Empörung ließen den Rücken des Heilers versteifen. »Mylord –«
»Nein! Ich will nichts davon hören! Wir werden sie nicht umbringen! Sie wird nicht sterben!«
»Vielleicht kennen die Roma ein Mittel«, schlug Lydia leise vor.
Der Heiler schnaubte verächtlich. »Ich versichere Euch,Mylady, die Roma kennen nichts Derartiges. Wenn ich Euch sage, daß es kein Mittel gibt, könnt Ihr versichert sein, daß nichts sie heilen kann. Diese herumstreunende Bande von Halsabschneidern, Betrügern und Dieben kann bestimmt nicht –« Der alte Heiler hielt abrupt inne, als er den drohenden Blick des Hawk sah.
»Es ist einen Versuch wert«, stimmte der Hawk Lydia zu.
»Mylord!« Der Heiler protestierte heftig. »Die Roma sind nicht mehr als schäbige Taschenspieler! Sie –«
»Lagern auf meinem Land«, schnitt ihm Hawk
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