Das Geheimnis der Highlands
Genausowenig hätte er sie mit sich nehmen können, also hatte er Grimm geschickt, um zu enthüllen, was mit Janet Comyn geschehen war.
Grimm drehte sich langsam um, trat sich einen Stuhl zurecht und setzte sich schwerfällig vor das Feuer.
Hawk setzte sich ebenfalls, legte die Füße auf den Schreibtisch, und goß sich und dem Freund einen Brandy ein. Grimm nahm dankend an.
»Also? Was hat sie gesagt?« Hawks Griff zog sich enger um sein Glas zusammen, während er darauf wartete zu erfahren, wer seiner Frau so schreckliche Dinge angetan hatte, daß sich ihr Verstand in die Phantasie zurückgezogen hatte. Der Hawk verstand, was mit ihr nicht stimmte. Er hatte Kriegsverwundete gesehen, die solche Greueltaten erlebt hatten, daß sie auf ähnliche Art reagierten. Zu viele barbarische und blutige Verluste ließen einige Soldaten in Träume flüchten, um der Realität zu entfliehen, und mit der Zeit begannen viele zu glauben, daß der Traum Wirklichkeit sei. Und das war mit seinem Weib geschehen. Doch unglücklicherweise hatte er bei ihr keine Ahnung, was ihren schmerzhaften Rückzug in solch ein fremdartiges Wahngebilde verursacht hatte, daß sie es noch nicht einmal ertrug, bei ihrem Namen gerufen zu werden. Und was auch immer ihr widerfahren war, hatte es ihr völlig unmöglich werden lassen, einem Mann zu vertrauen, und ganz besonders nicht ihm.
Der Hawk wappnete sich gegen das, was er zu hören bekommen würde. Er wollte seine Wut, wenn sie kam, in die rechten Bahnen lenken, um sie kühl und effizient als Waffe einsetzen zu können. Er würde ihre Drachen besiegen und anschließend mit ihrer Heilung beginnen. Ihr Körper wurde von Tag zu Tag kräftiger, und der Hawk wußte, daß Lydias Liebe viel dazu beigetragen hatte. Doch er wollte, daß seine Liebe ihre tiefsten Wunden heilte. Und der einzige Weg dazu war, zu wissen und zu verstehen, was sie durchgemacht hatte.
Grimm schluckte, hampelte auf seinem Stuhl herum, kippelte zur Seite wie ein junger Bursche, stand dann auf und ging zum Fenster, wo er unruhig von einem Fuß auf den anderen trat.
»Laß es raus, Mann!« Die Woche, in der Grimm fort gewesen war, hatte Hawk fast in den Wahnsinn getrieben, wenn er sich vorstellte, was dieser Everhard getan haben mußte. Oder schlimmer noch, vielleicht war der Comyn selbst für Adriennes Schmerz verantwortlich. Hawk fürchtete diese Möglichkeit, denn dann würde es zum Krieg zwischen den Clans kommen. Sicherlich etwas Furchtbares, aber um seine Frau zu rächen – würde er alles tun. »Wer ist dieser Ever-hard?« Diese Frage hatte an seinem Inneren genagt, seit der Nacht, in der er den Namen von ihren fiebernden Lippen vernommen hatte.
Grimm seufzte. »Keiner wußte es. Nicht einer hat je von ihm gehört.«
Der Hawk fluchte leise. Der Comyn hatte also Geheimnisse, oder? »Rede«, befahl er.
Grimm seufzte. »Sie denkt, daß sie aus der Zukunft kommt.«
»Ich weiß, daß Adrienne das glaubt«, sagte Hawk ungeduldig. »Ich schickte dich, um herauszufinden, was Lady Comyn zu sagen hat.«
»Ich meinte sie«, sagte Grimm tonlos. »Lady Comyn glaubt, daß Adrienne aus der Zukunft kommt.«
»Was?« Hawks dunkle Augenbrauen zogen sich voller Unglauben zusammen. »Was erzählst du mir, Grimm? Willst du mir sagen, daß Lady Comyn behauptet, Adrienne sei nicht ihre leibliche Tochter?«»Jawohl.«
Hawks Stiefel knallten auf den Boden, als sich die latente Spannung in seinen Adern zu hitzigem Ungestüm entlud.
»Um das klarzustellen. Althea Comyn hat dir gesagt, daß Adrienne nicht ihre Tochter ist?«
»Ja.«
Hawk erstarrte. Das war nicht das, was er erwartet hatte. Bei all seinen Grübeleien hatte er niemals einen Gedanken daran verschwendet, daß die Phantasien seiner Frau von ihrer Mutter geteilt werden könnten. »Dann bitte, wer genau, denkt Lady Comyn, ist dieses Mädchen? Wen zum Teufel habe ich geheiratet?« schrie Hawk.
»Sie weiß es nicht.«
»Hat sie irgendeine Vermutung?« Sarkasmus lag in Hawks Frage. »Sprich, Mann!«
»Da ist nicht viel, was ich dir sagen kann, Hawk. Und was ich weiß … nun ja, es ist verdammt schräg, das meiste. So sicher wie die Hölle war es nicht das, was ich erwartet hatte. Ich habe Geschichten gehört, Hawk, die das Vertrauen eines Mannes in die natürliche Welt auf die Probe stellen. Wenn es wahr ist, was diese Geschichten besagen, zur Hölle, dann weiß ich nicht, woran ein Mann noch glauben kann.«
»Lady Comyn teilt den Wahn ihrer Tochter«, mutmaßte Hawk.
»Nein,
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