Das Geheimnis der Highlands
Teufel suchst du überhaupt mitten in der Nacht am Schmiedeofen?« fuhr Hawk ihn an.
Adam grinste verschlagen. »Ich bin ein steter Wanderer der Nacht. Außerdem kann man nie wissen, was für einmalige Möglichkeiten sich bieten werden.«
Hawk knurrte den Schmied an.
Hinter seinem Rücken hörte er, wie Adrienne sich mühsam auf ihre unsicheren Füße rappelte. Schwer ging ihr Atem vom Rennen, vielleicht auch durch den Schock. Ungerührt starrte der Hawk in schroffem Schweigen in das Schmiedefeuer. Adriennes Stimme bebte vor Wut.
»Eins sollt Ihr wissen, Lord Douglas, und das ist alles, was Ihr je zu wissen braucht. Vergeßt es nicht, solltet Ihr eines Tages denken, ich hätte meine Meinung geändert. Ich werde sie nicht ändern. Ich verachte Euch. Ihr habt mir etwas genommen, wozu Ihr kein Recht hattet. Und es gibt nichts, was Ihr jemals tun könntet, damit ich Euch verzeihe. Ich hasse Euch!«
»Verachte mich so, wie du mußt«, sagte er ruhig, immer noch ins Feuer starrend. »Aber jetzt kannst du mich niemals mehr verlassen. Das ist alles, was zählt.«
L UGHNASSADH
(Mittsommer)
Mischt ihr alle, mischt am Schwalle!
Feuer, brenn, und Kessel, walle!
S HAKESPEARE, Macbeth
Kapitel 19
Das Zwielicht kroch mit purpurner Ungeduld aus dem Ozean hervor über die Klippen und tauchte die Mauern von Dalkeith in tiefes Karmesin. Von seinem Arbeitszimmer aus beobachtete Hawk durch die geöffneten Türen an der Westseite das Einsickern der Nacht.
Sie stand am Rande der Klippen, bewegungslos, ihr samtenes Cape wurde ruhelos vom Wind hin- und hergerissen. Woran dachte sie nur, während sie blind auf die See hinausstarrte?
Er wußte, woran er denken würde – daß selbst der Wind versuchte, sie zu entkleiden. Er quälte sich selbst mit der Erinnerung an die erregenden rosafarbenen Spitzen, von denen er wußte, daß sie unter der Seide ihres Kleides ihre Brüste krönten. Ihr Körper war für diese Zeit geschaffen worden, für anschmiegsame Seide und weichen Samt. Um eine vortreffliche Schloßherrin abzugeben. Um einem stolzen Krieger zur Seite zu stehen.
Was zur Hölle sollte er nur tun? So konnte es nicht weitergehen.
Er hatte versucht, sie zu provozieren, in der Hoffnung, daß sie ihn wütend machte, so daß er den Kopf verlieren und sie mit seinem Körper bestrafen könnte. Doch ein ums andere Mal hatte sie ihm nur kühle Höflichkeit entgegengebracht,wenn er sie bedrängt hatte, und mit einer solchen Art von Entgegnung konnte ein Mann verdammt noch mal nichts anfangen. Er wirbelte weg von der Tür und preßte die Augen zusammen, um all die quälenden Erinnerungen an die Erscheinung seiner Frau auszulöschen.
Wochen waren vergangen seit jenem Tag bei der Schmiede – Wochen, angefüllt mit leuchtenden Tagen und traumhaften Morgendämmerungen, rubinfarbenen Nächten und Mittsommerstürmen. Und in jenen vorüberziehenden Tagen, diesen Juwelen von Schottlands Sommer, gab es tausend Wunder, die er mit ihr teilen wollte.
Verflucht! Er hämmerte mit der Faust auf den Schreibtisch und ließ Papiere flattern und Statuen umfallen. Sie war sein Weib. Es gab für sie keinen Weg zurück, wo auch immer sie hergekommen war. Wann würde sie das endlich begreifen und das Beste daraus machen? Er würde ihr geben, was sie wollte. Alles, außer ihn zu verlassen. Das niemals.
Sein Leben hatte alle Wesenszüge einer vergoldeten Hölle auf Erden, und er konnte keinen Ausweg finden.
So schnell, wie der Zorn ihn befallen hatte, verflüchtigte er sich auch wieder.
Adrienne. Stumm formten seine Lippen ihren Namen. Wie sind wir nur in diese Sackgasse geraten? Wie habe ich das nur anrichten können?
* * *
»Geh mit mir spazieren, Mädchen«, sagte er leise, und sie wirbelte am Rand der Klippen herum, ein atemberaubendes Flackern aus Silber und Kobaltblau. Seine Farben. Die Farben der Douglas. Unwissend, so schien es, trug sie sie häufig, oder wußte sie, daß sie in lebendiger Ausführung das Karomuster des Clans der Douglas zeigte? Und daß keinName sie mit größerer Sicherheit als seine Lady ausweisen könnte?
Mit einer Handbewegung ließ er die Wachen wegtreten. Er mußte sich kostbare Momente mit ihr allein erschleichen, bevor er abreiste. Nach Stunden inneren Kampfes hatte er sich zu einigen Entscheidungen durchgerungen. Das erste und wichtigste war seine längst überfällige Visite in Uster, einem seiner vielen Lehensgüter und zugleich das unbequemste. Er konnte einfach nicht länger in seinem Liebeskummer seinen Besitz
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