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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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vorbestimmtes Schicksal, dem er nicht entrinnen konnte? Wurden seine Schritte von unsichtbaren Fäden geführt? Wenn dies so war, dann wollte er entgegen besserem Wissen auf einen gnädigen Gott hoffen, der einen gemeinsamen Weg für Wemke und ihn finden würde.
     
    Wieder zu Hause angekommen frühstückte Jeels mit Krischan. Sein Freund wusste über die Robbenjagd der Hofrätin zu berichten, denn er hatte am gestrigen Abend nach dem Melken der Kühe den Seehundjäger getroffen.
    »Dodo hat gesagt, er macht das nie wieder mit! So was ist nicht mit Geld zu bezahlen, meint er. Mit allen Mann haben
die gestern insgesamt nur einen Seehund geschossen. Kannst du dir das vorstellen!« Er wischte sich mit dem Handrücken die Milch vom Mund.
    Jeels schmunzelte. Er dachte an Wemke und freute sich. Seinethalben hätte die Gesellschaft auch gerne ganz ohne Beute bleiben können.
    »Dabei schwammen anscheinend viele Robben dicht bei der Plate und warteten auf das Trockenfallen, um sich auf der Sandbank auszuruhen«, fuhr Krischan fort. »Die Truppe um die Frau Gemeine hat, nachdem das Wasser abgelaufen war, am Rande der Sandbank gelagert. Die Seehunde sind in nächster Nähe aufgetaucht, aber als sie sich gerade daran machten, an Land zu kommen, hat einer der sogenannten Jäger voreilig einen Schuss abgegeben. Der ist dann auch noch zwei Zoll hinter dem Kopf des Tieres aufs Wasser aufgeschlagen. Die anderen Seehunde sind natürlich sofort geflüchtet. Es sei eine Schande, meint Dodo. Alle Jäger hätten eine Robbe vor der Flinte haben können. Der Schütze hat natürlich später die Schuld auf die unbequeme Lage für Knie und Ellenbogen geschoben. Die Anspannung für seine bereits seekranken Nerven sei zu groß gewesen. Vom Seehundfieber unversehens gepackt habe er mit zitternden Armen die Ellenbogen fest in den Sand gestützt und Feuer gegeben. Der Schuss hätte getroffen, wenn nicht seine Gliedmaßen immer tiefer in den lockeren Sand gesunken wären.« Krischan zog die Augenbrauen hoch und tippte sich mit dem Finger gegen die Stirn.
    »Sind allesamt Maulaufreißer ohne was dahinter, meint Dodo. Der einzige Schuss, der fing, stammte dann wohl auch von ihm selbst. Das Glück wollte es, dass der Wind günstig stand, und er sah aus der Ferne einen einzelnen Seehund auf die Sandbank zusteuern. Hat die anderen angewiesen, sich still zu verhalten. Wenn Dodo in Fahrt ist, dann kann man richtig Angst vor ihm bekommen. Jedenfalls haben die anderen Männer
sich zusammengerissen. Als in fünfzig Schritt Entfernung der Kopf des Tiers aus dem Wasser auftauchte, hat Dodo das Gewehr schussfertig gemacht. Mit einem Mal ist der Seehund ganz nah bei ihm gewesen. Hat mit seinen großen Augen wohl verwundert auf den dicken Geheimrat Bartling gestarrt. Als dieser zu huckseln anfing, ist der Seehund noch näher gekommen. Und dann hat Dodo draufgehalten. Das obenauftreibende Tier brauchte er nur noch mit dem langen Haken aus dem Wasser ziehen. Sie haben den Seehund als Lockvogel auf die Plate gelegt und gewartet, aber die anderen Tiere haben sich nicht täuschen lassen. Irgendwann hat dann wohl der Geheimrat ›Schluss‹ gerufen, er könne nun nicht mehr länger stillliegen, sondern bräuchte seinen Mittagsschlaf.«
    »Da konnte dann ja wohl niemand was sagen - dem Geheimrat ist es ja offensichtlich zu verdanken, dass überhaupt ein Tier erlegt wurde«, schmunzelte Jeels.
    »Genau«, bestätigte Krischan. »Die Frau Gemeine ist wohl erst ein bisschen enttäuscht gewesen, aber als die Boote am Strand angelangten, hätten die Weiber schon wieder ein Lied geträllert, sagt Dodo. Allesamt wären sie zu dem erlegten Seehund gestiefelt und hätten ihn gestreichelt und bedauert. Als ob er eine kuschelige Katze sei und gleich zu schnurren anfangen würde. Jede von ihnen habe sich ein Stückchen vom Fell gewünscht, zum Andenken an das mühselige Jagdabenteuer.« Krischan verdrehte die Augen. »Also solche Weiber, die würde ich nicht geschenkt haben wollen. Als es dann darum ging, das Fell abzuziehen und das Fett auszubraten, da seien sie ganz flink verschwunden gewesen.«
    Krischan bestrich sich noch ein Brot mit Butter, und eine Weile aßen sie schweigend. Schließlich erhob sich Jeels mit einer Tasse Tee in der Hand und griff nach dem Tagebuch seiner Mutter.
    »Ich habe mir vorgenommen, den Schluss zu lesen.«

    Krischan runzelte nachdenklich die Stirn, schwieg einen Moment und nickte dann. »Musst du wohl tun, denk ich. Aber lass es dir nicht zu schwer

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