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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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mich wieder dazu. Aber vielleicht ist diese Vorstellung von Liebe auch nur ein Wunschtraum.« Er seufzte tief auf und sah sie an. »Was rätst du mir? Soll ich weiterlesen oder die Vergangenheit ruhen lassen?«
    »Natürlich musst du weiterlesen!« Alles andere schien für
Wemke außer Frage zu stehen. »Bist du nicht eigens hierhergekommen, um die Wahrheit herauszufinden? Du willst erfahren, wer du bist. Damit ist die Entscheidung doch schon getroffen. Mit den Konsequenzen musst du leben. Auch damit, dass dir vielleicht nicht alles gefallen wird, was du herausfindest.«
    Jeels bedachte sie mit einem schiefen Lächeln. »Danke für deine ehrliche Antwort. Im Grunde meines Herzens weiß ich, dass das Tagebuch zu Ende gelesen werden will. Ich würde sonst keine Ruhe finden.«
     
    Später, als sie sich auf den Heimweg machten, war die Welt um sie herum in ein ungewöhnliches blaues Licht getaucht. Die Luft war erfüllt von den Gerüchen des warmen Septembertages.
    Schließlich blieb Wemke widerstrebend stehen. »Es ist wohl besser, wenn ich den restlichen Weg alleine gehe«, sagte sie mit belegter Stimme. »Vielen Dank, dass du mir deine Lieblingsplätze gezeigt hast.«
    »Ich habe dir zu danken für die schönen Stunden.« Er lächelte zurück. »Was für ein Geschenk, dieser Tag mit dir. Und morgen werde ich mir ein Herz fassen und mich meiner Vergangenheit stellen.«
    Sie nickte ihm zu. »Ich wünsche dir die nötige Kraft.«
    Dann ging sie mit festen Schritten alleine weiter. Jeels’ Augen folgten Wemke, bis sie hinter den Dünen verschwunden war.
    Er stand immer noch im Dünengras, als die Sonne unterging. Das Abendrot färbte den Horizont. Benno stupste ihn mit der Schnauze an, und schließlich fanden seine Füße den Weg nach Hause.

22
    J eels schob die Vorhänge des Alkovens zur Seite. Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch das Fenster und wärmten ihm das Gesicht. Einen Moment lang kniff Jeels die müden ihm das Gesicht. Einen Moment lang kniff Jeels die müden Augen vor dem grellen Licht zusammen.
    Gestern Abend hatte er noch stundenlang wach gelegen und den dunklen Himmel hinter dem Fenster beobachtet. Das Murmeln des Meeres war zu ihm gedrungen, aber lauter noch war das Pochen seines Herzens gewesen. Jedes Wort, das er mit Wemke gewechselt hatte, war ihm durch den Kopf gegangen.
    Heute erschienen die gemeinsam verbrachten Stunden wie ein Traum. Er mochte nicht darüber nachdenken, dass es nur gestohlene Zeit gewesen war. Jeels schloss die Augen und seine Wunschvorstellungen nahmen Gestalt an. Er sah Wemke inmitten der Dünen vor sich sitzen, hörte ihre vertraute Stimme und blickte in ihr Gesicht. Ihr Lachen drang an sein Ohr. Sie umschlang seine angezogenen Beine mit den Armen und lehnte ihr Gesicht an seine Knie. Jeels seufzte. Er hätte für die Erfüllung dieser Vorstellung seine Seele verkauft.
    Doch dann schüttelte er die unerfüllbaren Träume ab und streckte sich der Morgensonne entgegen. Er fühlte sich erfrischt, trotz der schlaflosen Stunden. Es war Sonntag. Ein freier Tag ohne Arbeit und Aufgaben. An solchen Tagen wanderten seine Gedanken häufig zum Vater. Für einen Augenblick rief er sich ganz bewusst das Bild des verstorbenen Thomas Hanken vor sein geistiges Auge. Es würde in seinem Inneren
lebendig bleiben, auch wenn der Schmerz sich mit jedem Tag verringerte. Die Trauer um den Toten war ein wenig in den Hintergrund gerückt, und das war gut so. In Vorträgen während des Studiums war dieser Prozess Thema gewesen, aber Jeels hatte nicht daran geglaubt, dass die menschliche Seele so schnell damit begann, sich selbst zu heilen. Sicher halfen auch all die neuen Erlebnisse und Eindrücke, die hier auf der Insel seine Aufmerksamkeit gefangennahmen.
    Krischan schlief noch, und Jeels rief nach Benno. Am Strand kam gerade die Flut. Silbrig glänzende Wellen scheuchten Wolken schreiender Seevögel auf, die über ihnen hinweg den Dünen zuflogen. Jeels legte den Kopf in den Nacken, als er eine Kette von Wildgänsen vor dem porzellanfarbenen Himmel entdeckte. Ihre rhythmisch schlagenden Flügel flimmerten im hellen Morgenlicht. Ruhig und entschlossen glitten sie über ihn hinweg, wie gehalten von Fäden, die man nicht sah. Das Geschrei der Vögel brachte Wehmut in sein Herz. Ihr zielstrebiger Flug hatte etwas Schicksalhaftes an sich. Ein Urinstinkt schien die Vögel fortzuziehen, und sie konnten nicht anders, als dem Ruf zu folgen. Dabei war es noch früh in der Zeit.
    Gab es für ihn auch ein

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