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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nicht fangen ließ und schimpfend in die Luft stieg.
    Jeels schüttelte lachend den Kopf. »Er versucht es immer wieder, dabei hat es noch nie geklappt.«
    Sie verließen den Strand und hatten schnell wieder Dünengras unter den Füßen. Wemke ließ sich in dem hohen Helmgras nieder. Sie sah einer einzelnen weißen Wolke nach. Ihr Kopf war angenehm leer, und sie spürte nur noch die Nähe des Mannes an ihrer Seite. Wohlig warm beschien die Septembersonne ihren Körper. Eine Brandgans im schwarzweißen Gefieder sah neugierig zu ihnen herüber. Der glutrote Schnabel des Vogels leuchtete. Er lauschte und reckte den Hals, entschied dann jedoch, dass von ihnen wohl nichts zu befürchten war.
    »Warum bist du hierher nach Wangerooge gekommen?«, fragte Jeels.
    Wemke griff nach einem Grashalm und drehte ihn zwischen den Fingern. Dann setzte sie sich auf und begann mit leiser Stimme zu erzählen. Von ihrer Kindheit, dem Tod der Eltern und der Verantwortung für die Schwester. Ganz zum Schluss
von ihrer Zeit in Jever und der Verzweiflungstat, die sie hierher nach Wangerooge geführt hatte.
    »Und doch war es richtig, was ich getan habe«, schloss sie und sah Jeels in die Augen. »Konrad ist ein so guter Mensch.«
    Jeels senkte den Blick. »Es muss dich viel Mut gekostet haben, dieses Wagnis einzugehen.«
    »Es war das Einzige, was mir übrigblieb! Ich weiß, wie hart das Leben sein kann, und deshalb bin ich nicht undankbar. Obwohl ich mich manchmal sehr störe an den ständigen Gängeleien der Hofrätin. Aber damit werde ich wohl leben müssen.«
    Lange lagen sie im Gras. Doch schließlich, als die Sonne schon hoch stand, setzte sich Wemke auf.
    »Ich werde mich bald auf den Heimweg machen.« Bedauern schwang in ihrer Stimme mit.
    »Bleib noch eine Weile«, bat Jeels sie. »Ich möchte einen Rat von dir.«
    Er erzählte Wemke von dem Tagebuch der Mutter. Von allem, was er seit seiner Ankunft über sie erfahren hatte. »Stell dir vor, da habe ich mir so sehr gewünscht zu wissen, wie sie ausgesehen hat, und gestern kommt Hinderk Tjarks zur Tür herein und bringt mir eine Zeichnung von ihr.« Auf Wemkes fragenden Blick hin fügte er erklärend hinzu: »Hinderk ist der alte Kapitän, dem das größere Haus etwas östlich des Dorfes gehört. Er ist einer der wenigen Insulaner, mit denen meine Mutter Kontakt hatte. Hinderk mochte sie sehr. Zumindest sagt er das. Sie hat sich wohl hin und wieder um seine Schwester, die nicht ganz gesund war, gekümmert. Eines Tages, so erzählte mir der Alte, sei Reemke mit verweinten Augen in sein Haus gekommen und habe ihn unter Tränen gebeten, etwas für sie zu vernichten. Sie selbst wäre nicht in der Lage dazu. Es war eine Zeichnung, ein Bildnis von ihr. Hinderk hat es nicht übers Herz gebracht, Mutters Bitte zu erfüllen. Bis zum gestrigen
Tag lag das Bild auf dem Boden des Kapitänshauses. Auf der Rückseite der Leinwand hat der Maler den Titel des Bildes vermerkt: Die Inselrose .«
    Jeels hielt für einen Moment inne. »Seit gestern habe ich wieder und wieder die Zeichnung betrachtet. Der Künstler hat meine Mutter inmitten der Dünen gemalt. Sie schaut ihn an und scheint alles um sich herum vergessen zu haben. Reemke, so nenne ich sie in Gedanken, trägt ein Kleid aus blauer Seide und im Haar ein weißes Band, das zur Schleife gebunden ist. Sonnenlicht fällt auf ihr Gesicht und hebt die Wölbung von Stirn und Nase hervor. Eine Kette aus winzigen Inselblumen schmückt ihren Hals. Die Wildrosenbüsche im Hintergrund blühen, und man glaubt fast, ihren Duft riechen zu können. Weißt du, Wemke«, er stützte die Ellenbogen auf und legte den Kopf in die Hände. »Meine Mutter ist eine wirklich schöne Frau gewesen. Sie hatte langes rotes Haar, von einem dunkleren Rot als meines, und grüne Augen. Auf dem Bild strahlt aus ihnen das pure Glück. Der Maler muss großes Talent gehabt haben oder aber …« Er biss sich auf die Lippen. »Oder er hat sie geliebt und nur deshalb diesen besonderen Moment einfangen können.« Jeels griff nach Wemkes Hand. Aufgeregt fuhr er fort: »Wenn er nun mein Vater gewesen ist! Ich hatte immer die entsetzliche Ahnung, dass meine Eltern sich nicht geliebt haben. Es schien ein furchtbares Geheimnis um meine Herkunft zu geben. Ein Geheimnis, das ich wohl gar nicht unbedingt lüften will. Darum konnte ich mich bislang auch nicht überwinden, die letzten Eintragungen im Tagebuch meiner Mutter zu lesen. Doch seit gestern, seit ich die Zeichnung besitze, drängt es

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