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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Platz, der ihm zustand, zu erkaufen. Er wollte eine große Rolle in der Kirchenwelt spielen, glaubte, dass wichtigere Aufgaben auf ihn warteten, als dummen uneinsichtigen Insulanern den Glauben zu predigen oder in den Leib zu prügeln. Doch für ein solches Unterfangen brauchte es den nötigen Mammon. Und auch Wiltert würde nicht leer ausgehen, das versprach er dem Sohn.
    Wie lange das alles her zu sein schien. Beim Eintauchen in die Vergangenheit hatten Wilterts Hände auf der Figur verharrt, doch nun ließ er die Finger seiner Rechten zu dem Füllhorn gleiten. Er umfasste einen steinernen Apfel und zog mit sanfter Gewalt daran. Die Frucht glitt zur Seite, und eine faustgroße Öffnung wurde sichtbar. Vorsichtig glitt seine Hand in das Innere. Mit leuchtenden Augen begutachtete er die Schätze, die seine Finger ertasteten und hervorzauberten. Goldmünzen, Schmuckstücke, ein Medaillon an einer Kette.
    Einer inneren Regung folgend streifte er sich den Schmuck über. Verborgen unter seinem Hemd schien das Medaillon Wärme zu verströmen. Genussvoll seufzte Wiltert auf. Er griff nach einem Ring, schob ihn sich auf den Finger und beobachtete fasziniert, wie die Edelsteine, mit denen er besetzt war, im Licht der Lampe aufleuchteten.
    Das tiefe Rot der Rubine erinnerte ihn an Blut. Ja, er würde den Schatz notfalls mit seinem eigenen Blut verteidigen. Das hatte er sich schon damals geschworen, als ihm klarwurde, dass Jeels der Erbe eines Großteils dieses Vermögens war. Zum Glück wusste der Kerl nichts von den Reichtümern und dem rechtmäßigen Anspruch, den er darauf hatte. Doch ließ ihn die Tatsache einmal mehr zum Gegner werden. Es gab genügend Gründe, warum er diesen Knochenflicker von der Insel vertreiben musste.
    Das Glitzern des Edelsteins schien Wiltert wie ein Versprechen. Vorfreude erfüllte ihn. Der Zeitpunkt der Rache würde kommen. Und er würde vorbereitet sein.
    Wieder ließ Wiltert die Hand in das Versteck gleiten. Nach einigem Herumtasten zog er einen Beutel hervor und hielt ihn gegen das Licht. Er öffnete die Bänder, und eine Pistole kam zum Vorschein. Gut gepflegt von ihm, wann immer er die Göttin aufgesucht hatte. Es war die Waffe seines Vaters. Sie würde ihm zur Flucht verhelfen.

    Wilterts Finger tasteten in dem Beutel nach den Reinigungsutensilien. Alles war vorhanden. Er versteckte den Schmuck und das Gold wieder in der Steinfigur. Mit dem Beutel in der Hand kehrte Wiltert vorsichtig zum Tisch zurück. Die Nacht war noch lang. Seine Finger glitten über die Flasche mit dem Waffenöl. Er hatte Zeit genug, den Schlitten, die Führung und alle anderen beweglichen Teile zu reinigen.
    Der Wind, der immer stärker um den Turm pfiff, klang wie ein wild jaulender Wolf, doch diesmal erschreckten die Geräusche Wiltert nicht. Er spürte, wie ein Gefühl unglaublichen Triumphes in ihm aufstieg. Seine Selbstsicherheit kehrte wieder. Er würde es schaffen!
    Das Pochen seiner Wunde brachte Wiltert in die Realität zurück. Stöhnend lagerte er sein Bein hoch. Bei der Suche nach der Statue hatte er die Schmerzen kaum mehr gespürt, doch nun wurde ihm bewusst, dass er nicht sogleich sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Es brauchte Zeit. Das Wetter schien ihm jetzt wie ein Verbündeter. Solange der Wind so stark blies, würde die Fähre nicht verkehren, und das verschaffte ihm eine Atempause. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Waffe zu. Sie war der Schlüssel zur Freiheit, und das gehortete Vermögen würde alle anderen Türen und Tore öffnen.

31
    S chon am frühen Morgen des 24. Dezember türmten sich über der Insel schwarze Wolken aufeinander und verdeckten bald den Himmel. Der kalte Wind, der den Insulanern nachts um die Ohren geblasen hatte, wurde zum Sturm und peitschte das Meer auf.
    Während Krischan den Brandplatz aufräumte, war Jeels kaum in der Lage, etwas halbwegs Vernünftiges zu tun. Zu sehr hielten ihn die Gedanken an Wemke davon ab. Seit gestern war alles anders! Sie würde die Insel und ihren Mann verlassen und mit ihm gehen. Er musste sich auf die Lippen beißen, um einen Freudenschrei zu unterdrücken. Alles würde gut werden. Er schloss die Augen und spürte ihre zarte Hand auf seiner Wange, spürte ihre Wärme und Stärke. Sie würde einen Weg finden, sich im Guten von Konrad zu trennen. Es musste einfach so sein. Sie würden glücklich werden, bald schon.
    Für einen Moment glaubte Jeels wieder das Salz ihrer Tränen auf seinen Lippen zu schmecken. Gestern, als er sie

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