Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman
fühlte sich wie gelähmt. Erschöpft lehnte sie den Kopf gegen die Lehne des Stuhls und schloss die Augen. Es gelang ihr zu keiner Stunde, Ruhe zu finden. Sie musste mit Konrad sprechen, doch er verweigerte jeden Kontakt mit ihr.
Ihr Grübeln wurde durch ein herrisches Klopfen an der Tür unterbrochen. Ohne Wemkes Antwort abzuwarten betrat Konrad den Raum. Gerlind folgte ihm und rief Freya zu sich herüber. Unbekümmert warf sich die Kleine in ihre offenen Arme.
»Ich entführe Freya eine Weile, ja?« Sie warf Wemke einen wissenden Blick zu und verschwand.
Wemkes Herz begann wie wild zu klopfen. Verzweiflung und Hoffnung hielten sich die Waage. Es gab keinen Weg ohne Schmerzen aus dieser Lage, das war ihr klar. Wemke erhob sich und trat Konrad entgegen. Vielleicht hatte er sich so weit beruhigt, dass er sie anhören würde. Wenn sie ihn nur erreichen könnte. Wie gerne würde sie seinen Schmerz mildern. Er sah schrecklich aus. Seine tief in den Höhlen liegenden Augen zeigten, dass er kaum geschlafen hatte. Die Haut war fahl und hing schlaff an seinem hageren Körper.
»Konrad, es tut mir leid. Ich …«
»Sei still!«, unterbrach er sie mit kühler Stimme. »Ich will nichts davon hören.«
Wemke biss die Zähne zusammen. Sie hatte gewusst, dass dieser Moment kommen würde und deshalb hier, in Konrads Nähe, ausgeharrt. Sie spannte die Rückenmuskeln an und wartete.
Konrad ging durch den Raum und ließ sich schwer atmend auf einen der Stühle fallen. Die Sorge um ihn schnürte Wemke die Kehle zu. Was tat sie ihm nur an!
»Hattest du von Anfang an vor, mich zu betrügen?« Mühsam kamen die Worte über seine Lippen.
»Nein!« Wemke konnte nur schwer die Tränen zurückhalten. Sie sah ihm ins Gesicht. Dies war ihre einzige Chance. »Konrad, wir beide haben das nicht gewollt.«
Der Arzt lachte bitter auf. »Ihr seid also beide völlig unschuldig, was? Ich habe dich gesehen, in seinen Armen.« Er betonte jedes Wort einzeln.
Wemke starrte ihn verzweifelt an. »Bei unserer Hochzeit, da war es mein größter Wunsch, dir eine gute Partnerin zu sein. Ich wollte ein Heim schaffen für uns beide und Freya. Wie war ich glücklich, dass sie dir ihr Herz schenkte.« Sie schwieg. »Aber du weißt auch, dass mein Herz dir nicht gehörte. Unsere Ehe war ein Handel. Und dann habe ich mich in Jeels verliebt. Das ist mein ganzes Verbrechen. Konrad, ich konnte einfach nichts dagegen tun!«
»Du machst es dir leicht.« Die Kälte in seiner Stimme zeigte ihr, wie tief seine Verletzung sein musste. »Es ist Verrat. Ich habe gelernt, dich zu lieben, und du hattest mir ein Versprechen gegeben. Dein Ehrenwort, vor Gott und der Welt.«
Wemke schluckte. »Ich wollte dich niemals verletzen. Das wäre das Letzte …«
»Du wolltest es nicht?«, fiel Konrad ihr ins Wort. Sein Gesicht war leichenblass. »Ich habe dir vertraut. Grenzenlos. Ich habe dir meine Liebe gestanden, von einer gemeinsamen Zukunft geträumt. Du weißt es. Hast du geglaubt, dein Tun würde mich nicht verletzen? Gib es zu, du hast nicht an mich gedacht, sondern immer nur an ihn und an dich selbst.«
Hitze stieg in Wemke auf. So war es nicht gewesen! Sie bemühte sich um Ruhe. »Das ist nicht wahr. Ich habe jeden Tag an dich und deine Gefühle gedacht. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so im Zwiespalt gewesen, das musst du mir einfach glauben. Vor wenigen Tagen erst bin ich zu der Überzeugung
gelangt, meinem Herzen folgen zu müssen. Ich wollte es dir sagen, doch du warst immer so krank, und dann hast du dich so furchtbar verändert.«
»Ach, du wolltest es mir sagen. Soll ich dankbar für diese noble Geste sein? Dankbar dafür, dass du nicht einfach ohne ein Wort gehen wolltest?« Mit geballten Händen stand er vor ihr. »Sag mir die Wahrheit: Hast du ihm mehr geschenkt, als ich jemals besaß?« Brennende Eifersucht lag jetzt in seiner Stimme.
»Nein!« Wemke schrie es fast. Die Tränen liefen nun ungehemmt über ihre Wangen. Das hier war schlimmer als alles, was sie sich vorgestellt hatte. Sie ließ sich weinend zu seinen Füßen auf den Boden sinken. »Du bist der wunderbarste Mensch, den ich kenne, auch wenn ich dich nicht so lieben kann, wie du es dir wünschst. Ich habe es, weiß Gott, versucht. Mein Wille wollte sich für ein Leben mit dir entscheiden, doch mein Herz sprach für Jeels. Konrad, Liebe hat viele Gesichter. Ich empfinde anders für dich, aber nicht weniger tief.«
Konrad sackte auf seinem Stuhl in sich zusammen. »Wemke, wenn du
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