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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Vordermann festhalten«, schluchzte sie leise. »Und mit einem Mal tat mir ganz fürchterlich der Daumen weh. Als wenn jemand mit einem Messer zugestochen hätte.«
    Jeels griff vorsichtig nach ihrer Hand. Dinas Daumen stand schief.
    »Kannst du ihn bewegen?«
    Die Ältere versuchte es, um dann mit einem Schmerzenslaut in sich zusammenzusinken. »Es geht, tut aber höllisch weh«, wimmerte sie.
    »Dann ist es gut«, beruhigte Jeels sie. »Es ist nichts gebrochen. Ich denke, das Glied ist ausgekugelt. Schau nur, neben dem Gelenkknochen unmittelbar an der Daumenwurzel ist eine Schwellung zu sehen. Ich werde versuchen, deinen Daumen wieder zu richten.«
    Vorsichtig untersuchte Jeels das Gelenk, das zusehends anschwoll. Es musste schnell etwas geschehen, das wusste er. »Tedamöh, reich mir mal meine Tasche herüber.« Er salbte sich die Hände. »Dina, du musst jetzt ein bisschen die Zähne zusammenbeißen!«
    Jeels bedeutete ihr, sich auf den Boden zu setzen. Er platzierte
den verletzten Arm vorsichtig auf der glatten Oberfläche der Bank. Dann schloss er die Augen. Dinas leises Keuchen drang an sein Ohr. Jeels wartete, bis er nichts mehr wahrnahm außer seinem eigenen Herzschlag. Er holte tief Luft. Ziehen, rucken und loslassen. Dina schrie, doch im gleichen Moment glitt der Daumen zurück und saß wieder richtig im Gelenk.
    Tränen liefen über die welken Wangen der Frau. »Es tut noch immer weh, aber die Stiche wie von glühend heißen Nadeln sind fort.« Vorsichtig wackelte sie mit dem Daumen. Dann lächelte sie unter Tränen. »Wenn ich nicht vom Pastor wüsste, dass es keine Zauberer gibt …«
    Als Jeels das Gesicht verzog, ließ sie den Satz unvollendet ausklingen.
    Nun, da es seiner Patientin wieder besserging, kehrte Jeels’ eigene Unruhe zurück. Als der Vogt in den Gottesraum drängte, eilte Jeels ihm entgegen. Seine Augen suchten nach Wemke, doch er konnte sie nirgends entdecken.
    »Wo sind Dr. Hoffmann und …«
    Der Vogt schüttelte den Kopf. »Eine breite Wasserschneise hat uns zum Umkehren gezwungen.« Er ließ den Kopf hängen, als ob er sich vor den anderen schämte. »Wir haben es nicht gewagt, sie zu überqueren. Vielleicht hätten wir es dann nicht mehr zurückgeschafft.«
    Jeels hörte die letzten Worte gar nicht mehr. Er griff nach einem Seil, das am Boden lag, und stob zur Treppe. Krischan fluchte laut auf, um ihm dann stehenden Fußes zu folgen.

34
    W enn der Herr Doktor in seiner Kammer ersaufen will, dann ist das seine Sache«, sagte Gerlind mit resoluter dann ist das seine Sache«, sagte Gerlind mit resoluter Stimme. »Hubert und ich werden jetzt sofort aufbrechen. Und das sollten Sie auch tun.« Sie umfasste Wemkes Arm und nickte zu der geschlossenen Tür. »Der da drinnen wird nicht mehr vernünftig! Sie stehen hier doch schon eine geschlagene Stunde und betteln. Denken Sie an die arme Kleine. Das Wetter wird immer schlechter, das Wasser steigt. Bald ist der Weg ins Dorf nicht mehr zu schaffen. Die Glocke läutet schon seit einer ganzen Weile!«
    Wemke hob bittend die Hand, um das Mädchen zum Schweigen zu bringen, doch Gerlind beachtete sie nicht. »Der Herr Doktor wird sich nicht bitten lassen, auch wenn Sie die Tür einschlagen. Wir Dienstboten haben Augen und Ohren und wissen, was er sich zusammendichtet. Der Herr fühlt sich in seiner Ehre gekränkt. Männer!«, schloss sie abfällig, als sei mit diesem Wort alles geklärt.
    Als Wemke sich nicht von der Tür fortziehen ließ, zuckte Gerlind die Schultern. »Wenn Sie nicht wollen, dann werden wir alleine gehen. Dem Herrn Doktor wäre es in seinem verbohrten Zustand wahrscheinlich am liebsten, wenn Sie hier ersaufen täten. Das sähe er sicherlich als gerechte Strafe.« Wemke zuckte zusammen. »Frau Doktor, Sie sind noch jung. Wollen Sie wirklich ins Gras beißen, nur weil dieser sture Bock es sich wünscht? Also ich tät es nicht!«

    In dem darauffolgenden Schweigen drang das Tosen des Sturms noch deutlicher zu ihnen durch. Ein gewaltiges Brausen mischte sich in den pfeifenden Gesang des Windes. Draußen schien die Welt unterzugehen, dessen war sich Wemke bewusst. Und doch konnte sie sich nicht dazu entschließen, Konrad alleine zu lassen.
    »Bitte, Gerlind, nehmt Freya mit«, bat sie flehend.
    Mit einem Seufzen wandte sich die Bedienstete von ihr ab, um der Kleinen Mantel und Schuhe anzuziehen.
    Doch als sie Freyas Hand umfasste und diese begriff, dass ihre Schwester nicht mitkommen würde, klammerte sie sich an Wemkes Rock fest.

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