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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Beinchen.
    Wasser schoss von den Dünen kommend auf sie zu und ließ den Arzt fast in die Knie gehen, doch er fing sich wieder. Alle Benommenheit glitt von ihm ab, und mit ihr schwand jeglicher Hass aus seinem Herzen. Während seine Füße nach
einem Weg durch den Morast suchten, überschlugen sich in seinem Kopf die Gedanken.
    Wie hatte er die Menschen, die er am meisten auf der Welt liebte, nur dieser Gefahr aussetzen können? Könnte er nur die Uhr zurückdrehen. Und wäre er nur nicht so geschwächt. Was, wenn sie alle drei umkommen würden?
    »Dann möge Gott mir vergeben«, murmelte er leise.
    Auf einer Anhöhe blieb Konrad keuchend stehen. Er ergriff Wemkes Arm und schaute ihr fest in die Augen. »Ich werde mir das hier nie verzeihen können, Wemke. Bitte vergib mir mein selbstsüchtiges Verhalten. Ich war in den letzten Tagen nicht ich selbst. Doch jetzt kann ich wieder klar denken.«
    »Ich soll dir vergeben?« Wemke umschlang ihn und fing leise an zu weinen. Für einen Moment verharrten sie so. Dann löste Wemke sich von Konrad und sah ihn an. »Ich danke Gott dafür, dass du wieder der Konrad bist, den ich kenne. Es gibt nichts zu verzeihen!«
    Ein Lächeln gelang ihm und er drückte sie noch einmal fest an sich. »Wir müssen weiter«, drängte er dann.
    Der alte Turm mitten im Dorf, der von der hohen Düne aus gut zu sehen war, schien der einzige Halt, das einzig Sichere zwischen Himmel und Wasser. Konrads Augen suchten nach dem bestmöglichen Weg dorthin. Mit vorsichtigen Schritten tasteten sie sich durch den Schlamm und die Wassermassen voran.
    So wie der Sturm beständig an Stärke zunahm, so stieg auch das Wasser mit rasender Geschwindigkeit an. Es führte Sträucher und Holzstücke mit sich, die ihnen gegen die Beine schlugen. Jeder Schritt wurde zur großen Anstrengung. Sie liefen wie durch unbekanntes Revier. Wo gestern noch Häuser gestanden hatten, ragten nun nur mehr Trümmer hervor. Das Wasser strömte durch offene Balkengerüste. Einzig das Näherkommen des Turms war ein Ansporn, sich bis zum Äußersten abzumühen.

    Wemke hielt sich dicht hinter Konrad. Manchmal schwankte er, und sie konnte daran ermessen, wie viel Kraft ihn dieser Weg kostete. Weißflockige Gischt flog ihnen ins Gesicht. Wasser spritzte um sie her auf und nahm Wemke fast die Sicht.
    Plötzlich hörte sie Konrad schreien. Er umfasste ihren Arm und zwang sie zum Stehenbleiben.
    Entsetzt wies er auf eine reißende Schneise, die ihnen den Weg abschnitt. Mit unglaublicher Wucht schossen schäumende Wassermassen durch die Senke und rissen Sand, Steine und Muscheln mit sich fort. Die reißende Flut wurde immer breiter und überschwemmte zunehmend das Land. »Ihr könnt hier nicht vorbei«, schien sie ihnen gurgelnd zuzuraunen.
    Wemkes Herz drohte auszusetzen. Verzweiflung griff nach ihr. Ohne Freya hätten sie vielleicht springen können. Aber die Kleine würde es nicht schaffen. Sie saßen in der Falle!
    Konrad drehte sich um und seine Augen wanderten gehetzt über die Wasserwüste, die sich hinter ihnen erstreckte. Er wandte sich wieder der Schneise zu. Dann reichte er Freya zu Wemke herüber und griff nach einem Holzstab, der im Wasser schwamm. Er ließ sich in die Hocke nieder und senkte die Latte ins Wasser.
    »Brusthoch!«, rief er. »Ich versuche es!« Der Sturm schleuderte die Worte zu Wemke herüber.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. »Was versuchst du?«
    »Ich steige ins Wasser und hebe Freya hinüber. Du musst springen.«
    »Nein, Konrad! Der Sog wird dich mit sich reißen.« Ihre gellenden Worte wurden vom Sturm zerfetzt. Ein Brausen, als ob die Welt unterginge, füllte ihre Ohren.
    Konrads Augen drückten seine Entschlossenheit aus. Er glitt, sich auf Händen und Füßen vortastend, ins Wasser, und Wemke sah ihn nach Luft schnappen. Für einen schrecklichen
Moment wirkte es auf sie, als würde er gleich ohnmächtig werden. Doch schwankend hielt er auf dem sandigen, sich bei jeder Woge auflösenden Boden das Gleichgewicht.
    »Gib mir jetzt die Kleine und spring«, schrie er.
    Seine Hände griffen nach Freya. Das Kind weinte laut und streckte in einer verzweifelten Geste die Arme nach Wemke aus. Die schier unmenschliche Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben, als der Arzt die Kleine auf die andere Seite hob. Wemke nahm im gleichen Moment Anlauf und setzte mit einem Schrei über die Senke. Sie fiel, spürte, wie die Nässe all ihre Kleiderschichten durchdrang, und rappelte sich keuchend wieder

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