Das Geheimnis der italienischen Braut
Isabella.
Jetzt war ihr klar, warum sie fast ausgeflippt waren, als sie sie mit ihm im Restaurant gesehen hatte. Nur, warum hatten sie sie unbedingt mitnehmen wollen? Und warum erzählten sie ihr das alles ausgerechnet jetzt?
„Wir haben es niemandem verraten“, versicherte Isabella ihr.
Jackie setzte sich wieder auf die stabile Kiste und blickte ihre Schwester und ihre Cousine durchdringend an. Sie hatten es die ganze Zeit gewusst. War das wirklich so schlimm? Nein, es war eigentlich eine Erleichterung, denn es ersparte ihr eine schwierige Unterhaltung.
Ihr Zorn verschwand, und sie deutete ein Lächeln an. „Ich wollte es euch und den anderen nach der Hochzeit sowieso erzählen. Kate möchte unbedingt ihre ganze Verwandtschaft kennenlernen, und es ist Zeit, dass alle die Wahrheit erfahren.“
Warum die beiden nicht erleichtert waren, konnte sie sich nicht erklären. Also beschloss sie, die Atmosphäre aufzulockern. „Ihr könnt mir wenigstens helfen, mamma die Neuigkeit beizubringen. Das seid ihr mir schuldig.“ Um ihnen zu beweisen, dass sie über der ganzen Sache stand, setzte sie ein strahlendes Lächeln auf.
Scarlett runzelte die Stirn. „Das ist jedoch nicht alles. Es gibt noch mehr, was du nicht weißt.“
Was denn sonst noch? fragte sich Jackie. Ihrer Meinung nach war alles geklärt.
4. KAPITEL
Scarlett schluckte und räusperte sich. „Ich habe Isabella den Brief gezeigt.“
Das wundert mich nicht, schoss es Jackie durch den Kopf.
„Vergiss bitte nicht“, fuhr ihre Schwester leise fort, „wir waren erst elf …“
„Was willst du mir sagen, Scarlett?“, unterbrach Jackie sie in diesem gefährlich ruhigen und sachlichen Ton, mit dem sie ihre Mitarbeiter immer in die Flucht schlug. „Hast du Romano den Brief selbst übergeben oder jemanden damit beauftragt? Wenn ihn noch jemand gelesen hat …“
„Es war meine Schuld, ich wollte ihn eurer Mutter zeigen“, mischte sich Isabella ein. „Ich habe es allerdings nicht getan“, versicherte sie Jackie rasch, als sie ihre finstere Miene bemerkte.
„Wir haben uns gestritten“, erklärte Scarlett ton- und emotionslos. „Ich habe versucht, ihr das Schreiben aus der Hand zu reißen, dann ist es mir hingefallen …“
Ihr trostloser Gesichtsausdruck verriet Jackie, dass etwas Schlimmes geschehen war. „Also, was ist wirklich passiert?“ Sie stand auf.
Als ihre Schwester schuldbewusst zum Fluss blickte, ahnte sie es. „Nein!“, flüsterte sie. Ihr wurde schwindlig, und sie hatte das Gefühl, sich irgendwo festhalten zu müssen.
„Es tut mir so leid, Jackie, so fürchterlich leid.“ Scarlett ließ den Tränen freien Lauf.
Mein Brief an Romano ist im Wasser gelandet, dachte Jackie und versuchte, ruhig durchzuatmen. Es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Das musste ein Albtraum sein, aus dem sie jeden Moment aufwachte.
„Damals war mir nicht bewusst, was ich angerichtet hatte“, fuhr Scarlett fort und wischte die Tränen weg. „Was es bedeutete, dass Romano der Vater war, wurde mir erst später klar, als du und mamma euch immer angeschrien habt. Und dann wurdest du weggeschickt, und ich begriff, dass ich etwas Schlimmes getan hatte. Doch erst als ich älter war, durchschaute ich die Zusammenhänge und verstand, was das alles für Romano und dich bedeutete.“
Plötzlich begriff Jackie das ganze Ausmaß dessen, was damals geschehen war. Fassungslos ließ sie sich auf die feuchte Erde sinken und schloss die Augen, während sie das Gefühl hatte, in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen.
Nein, oh nein, das durfte nicht wahr sein! Ich muss etwas tun, ich kann nicht untätig hier sitzen bleiben, dachte sie in ihrer ganzen Verzweiflung, die jeden klaren Gedanken unmöglich machte.
Wie in Trance rappelte sie sich schließlich auf und fing an zu laufen. Romano weiß es gar nicht, er hat es nie erfahren, sagte sie sich immer wieder.
Während Jackie ausgestreckt auf dem Bett lag und an die Decke blickte, klopfte plötzlich jemand an ihre Tür. Sie hielt den Atem an und wartete. Schließlich entfernten sich Schritte auf dem Flur, und sie seufzte.
Ab und zu hörte sie Stimmengemurmel und das gelegentliche Klirren eines Eiswürfels. Offenbar hatte ihre Mutter im Wohnzimmer die Terrassentür geöffnet. Jackie sah auf die Uhr. Ja, es war genau die Zeit. Egal, was passierte, jeden Abend um sieben trank ihre Mutter einen Cocktail.
Jackie war jedoch nicht in der Stimmung, sich daran zu beteiligen. Sie hatte sich mit Migräne
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