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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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für das Kinderbett, ihre lockigen Haare hatten rebellische Strähnen und ihre spitze Nase etwas Freches.
    Tam seufzte verzweifelt und war gleichzeitig von ihr angezogen.
    ›Wenn ich denke, dass ich meinen Unterricht verpasse, um zu verhindern, dass diese Idiotin erwischt wird.‹
    Die Tage gingen dahin. Langsam hörte das Zittern auf, das Fieber sank. Es blieb nur noch eine unendliche Müdigkeit zurück.
    Eine Woche war seit Beginn von Ninas Krankheit vergangen.
    In der sechsten Nacht wurde Nina von einem Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Sie glaubte zunächst, schlecht geträumt zu haben, doch als das Geräusch sich wiederholte, richtete sie sich in ihrem Bett auf und war vollkommen klar. Sie fühlte sich plötzlich wohl. Sie war nur ein bisschen benommen. Ihr Kopf war klar, und dennoch hörte das Geräusch nicht auf.
    Sie schaute sich im Zimmer um. Eine Kerze stand auf dem Nachttisch und brannte neben der kleinen Madonna aus Gips als Nachtlicht. Auf dem Boden schlief Tam tief und fest in ihrem weißen Pyjama ohne Betttücher auf einer behelfsmäßigen Matratze. Ihre beiden Zöpfe hatte sie zu einem zusammengebunden.
    Da war das Geräusch wieder. Nina lauschte. Sie war sich sicher: Es war jemand im Haus. Sie beugte den Oberkörper vor, um durch die halb geöffnete Tür in den Flur sehen zu können. Ein Lichtstrahl lief vor dem Zimmer ihres Vaters vorüber. Eine Petroleumlampe. Und sie bewegte sich. Ninas Herz machte einen Satz in ihrer Brust. Das war keine Halluzination, sie war sich sicher. Leise suchte sie nach etwas, womit sie sich verteidigen könnte, und entdeckte die kleine goldene Schere im Nähzeug von Miss Melly auf dem Schreibtisch. Sie stand leise auf, hielt mit einer Hand ihr langes Nachthemd zusammen, griff nach der Schere und ging in den Flur. Ihre nackten Füße verursachten keinerlei Geräusch; sie war ausnahmsweise genauso leise wie eine Katze. Wer war da im Zimmer ihres Vaters? Professor Morton? Wenji?
    Mit einer einzigen Bewegung hielt sie die Schere vor sich, stellte sich in den Türrahmen und sagte laut: »Wer ist da?«
    Eine Gestalt erschien, schwarz von Kopf bis Fuß, das Gesicht unter einem Halstuch verborgen, das wie ein Turban gewickelt war, der nur die Augen frei ließ. Der Unbekannte war kleiner und schmaler als Wenji oder Professor Morton. Doch Nina blieb keine Zeit, sich weitere Gedanken über seine Identität zu machen. Blitzschnell stieß er sie zur Seite und rannte durch den Flur zur Haustür. Sie hatte nicht die Kraft, ihm den Weg zu versperren, noch, ihn aufzuhalten. Sie brach auf den Fliesen zusammen, während Tam, die wie eine Rakete plötzlich aus dem Zimmer aufgetaucht war, sich beeilte, den nächtlichen Besucher zu verfolgen, und hinter ihm hinaus in die Dunkelheit verschwand.
    Nina erhob sich mehr recht als schlecht. Sie erreichte die Türschwelle der Villa, als Tam aus der entgegengesetzten Richtung wieder auftauchte.
    »Er ist zu schnell. Unmöglich zu erkennen, wer es war. Außerdem waren es zwei; ich habe im Park einen Schatten gesehen.«
    »Bist du verrückt, ihm hinterherzurennen! Er könnte bewaffnet sein.«
    »Und Sie? Sie waren bereit, ihm mit einer Nähschere bewaffnet entgegenzutreten!«, amüsierte sich die junge Annamitin und zeigte auf das kleine goldene Instrument, das die Kranke in ihren immer noch zitternden Händen hielt.
    »Ich war mir sicher, dass es entweder der dicke Morton oder Wenji wäre.«
    »Aha? Warum sie?«, wunderte sich Tam.
    Doch ehe Nina ihr antworten konnte, sah sie die nackten Füße der Kranken auf den Fliesen.
    »Was tun Sie da in diesem Aufzug?«, schimpfte sie. »Wollen Sie einen Rückfall bekommen?«
    »Entschuldigung, Frau Doktor«, murmelte Nina und trottete zurück in ihr Zimmer.
    Nina stand vor ihrem Bett, legte sich jedoch nicht wieder hin. Sie musterte Tams Matratze.
    »Wie lange schläfst du schon da?«, fragte sie ihre Krankenschwester, die hinter ihr eintrat.
    »Seit einer Woche. Vor einer Woche haben Sie Fieber bekommen.«
    »Und was ist mit der Schule?«
    »Ich habe meinem Klassenlehrer eine Nachricht geschickt. Ich habe ihm gesagt, ich sei selber krank. Er lässt mir die Hausaufgaben hierherschicken. Ich habe die ganze Zeit in diesem Zimmer eingesperrt gearbeitet.«
    Nina stand noch immer vor dem Bett. Sie war verwirrt. Diese junge Annamitin, die sie erst seit zwei Wochen kannte und die sie hasste, hatte das für sie getan.
    »Das hättest du nicht tun müssen«, stammelte sie, »das ist zu viel.« »Ach ja?«, ärgerte

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