Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen
Gehalt von neun Silberrubeln im Monat plus Livree samt Mütze, Stiefeln für den Sommer, Filzstiefeln für den Winter und zwei Paar Galoschen.
Fandorin erteilte ihm den Auftrag, sich den Kommerzienrat genau anzusehen und für den Anfang einzuschätzen, ob dieser Mann fähig sei, einen Konkurrenten heimtückisch töten zu lassen. Masa hatte für solche Dinge ein scharfes Auge.
Fandorin holte sich von der Wirtin einen Samowar, und kaum hatte er sich hingesetzt, um sein trockenes Brötchen zu essen, da ging die Tür auf, und herein kam sein Diener, immer noch in der himbeerfarbenen Livree und mit einem Sortiment von Beuteln, Tüten und Päckchen.
Das angebissene Rosinenbrötchen flog in den Müll, der Tee wurde verächtlich beschnuppert und ausgegossen, und auf dem Tisch erschienen Reisklößchen, marinierter Ingwer, geräucherter Aal, gedämpfte Fladen und andere Köstlichkeiten, die Masa in einem chinesischen Laden auf dem Sucharew-Platz gekauft hatte.
Während der Kollegienassessor mit Appetit aß, räumte der Diener im Handumdrehen das Zimmer auf und verlieh ihm sogar Gemütlichkeit, indem er ein paar Ahornblätter an die Wand heftete, passend zur Jahreszeit.
Er betrachtete die stockigen Tapeten, die abblätternde Decke und seufzte.
»Mehr ist leider nicht zu machen, Herr. Aber als sich der treue Vasall Yoshida Chujaemon darauf vorbereitete, sich für seinen Suzerain am Feind zu rächen, musste er unter noch erbärmlicheren Umständen leben. Und der treue Vasall Oishi Kuranoske, der …«
»Masa!« Fandorin schlug auf den Tisch, denn er wusste, dass Masa, wurde er nicht rechzeitig gestoppt, alle siebenundvierzig treuen Vasallen, seine Lieblingshelden, aufzählen würde. »Sag lieber, ob du Mossolow gesehen hast.«
»Mossolow-dono«, begann Masa (das Gespräch wurde auf Japanisch geführt), »den hab ich gesehen, und zwar so, wie jetzt Sie. Aber ich kann nichts mit Sicherheit behaupten. Ein sehr ernsthafter Mann, dessen Hara nicht so leicht zu durchschauen ist. Ich nehme an, wegen einer Kleinigkeit oder in einer Gefühlsaufwallung würde er kein Verbrechen begehen. Aber um des Geschäfts willen würde er wohl vor nichts zurückschrecken.«
»Na, das ist doch sehr wichtig.« Fandorin nickte nachdenklich. »Nun zur zweiten Aufgabe. Tüchtig, dass du so schnell in unser Kontor kommen konntest.«
»Das war nicht schwer. Der Brief wurde einem anderen Boten gegeben, aber dem habe ich das Schreiben einfach weggenommen, und damit er nicht weint, habe ich ihm ein Bonbon geschenkt. Er ist ein Halbidiot. Bei uns in der Kurierabteilung sind alle entweder taubstumm oder haben den Verstand eines Kindes. Der eine muht, der andere blökt, der dritte bohrt in der Nase. Ich bin der einzige Normale.«
»Hast du dir meine Mitarbeiter genau angeguckt?«
Der Diener klagte: »Alle sind rothaarig, ein Gesicht sieht aus wie das andere, schwer zu merken. Aber ich habe mir Mühe gegeben.« Und er bog die Finger auf. »Ein Alter, der aussieht wie eine marinierte Pflaume. Ein junger Mann mit dem Lächeln eines Kitsune 7 . Ein Magerer mit schiefem Mund. Ein Schlaukopf mit langem grauem Haar. Eine schöne Frau mit Pausbacken.«
»Ausgezeichnet. Nun musst du aufpassen, ob einer von ihnen in der Dampfergesellschaft auftaucht. Wenn ja, teilst du mir das unverzüglich mit. Das ist der Spion, der Giftmörder.«
Masa ging, und Fandorin wälzte sich lange auf der dünnen Matratze. Als er gerade im Einschlafen war, stach ihn etwas ins Bein.
Er setzte sich auf und schlug die Decke zurück.
Er sah eine Wanze und bekam solche Wut auf das unglückliche Insekt, dass er es nicht einmal zerquetschte. Warum sollte er der Blutsaugerin einen Märtyrertod schenken? Das Karma der Wanze verbessern, damit sie im nächsten Leben auf einer höheren Stufe des Samsara wiedergeboren wurde? Daraus wird nichts.
Das eingespeichelte Taschentuch
Arbeit vorzutäuschen, während man porträtiert wird, ist nicht leicht. Fandorin versuchte anfangs, dreistellige Zahlen zu multiplizieren, was seinem Gesicht die nötige Konzentration verlieh, aber diese Beschäftigung langweilte ihn bald, und er betrachtete die zeichnende Mawra Serdjuk.
Ein angenehmer Anblick. Das Mädchen hatte einen Kittel voller Flecke von Ölfarbe und Zeichenkohle über das Kleid gezogen und die gelockten Haare mit einem Kopftuch gebändigt, was ihrem Aussehen aber nicht den geringsten Abbruch tat. Ihre kleine Hand arbeitete sicher und flink mit dem Graphitstift, in ihre Stirn hatte
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