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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen
Autoren: Boris Akunin
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Fandorin beugte sich ein Dritter – Jewpatjew.
    »Wir hatten schon keine Hoffnung mehr. Nie hätten wir Sie ausgebuddelt ohne Ihren Asiaten. Der ist ja die reinste Ausgrabemaschine. Ohne Spaten, ohne alles, mit bloßen Händen hat er Sie ausgegraben.«
    »Lieg ich schon lange?«, fragte Fandorin mit spröder, knarrender Stimme (die ihm selbst zuwider war).
    »Oh, sehr lange, Erast Petrowitsch. Ich sag ja, ich hab schon für dich gebetet. War wütend auf deinen Schlitzäugigen: ›Geh weg, Heide! Lass den Toten in Ruhe.‹ Aber er hat dich dauernd geschüttelt, dir die Wangen gerieben, dir in den Mund geblasen.«
    »In den Mund?«, fragte Fandorin verwundert. »Deswegen also hab ich diesen Geschmack auf der Zunge wie von Bonbons.«
    Er schöpfte eine Handvoll Schnee und schluckte ihn hinunter. Das wirkte wie Lebenswasser. Er konnte sich aufsetzen und dann auch aufstehen. Er befühlte sich: nichts gebrochen, harmlosePrellungen. Nur zwischen den Zähnen knirschte es. Er kaute noch mehr Schnee.
    Ringsum kein Mensch.
    Die große Lichtung. Die von der Zeit geschwärzte Kapelle. Das halb zerfallene Tor mit dem alten achtendigen Kreuz auf der Krone.
    Der Schneefall hatte aufgehört. Die Welt war weiß und rein.
    »Wo sind die K-Kinder?«
    »Weggelaufen. Nach allen Seiten davongestoben wie auf der Flucht vor dem Teufel«, sagte Jewpatjew. »Ist da noch wer drin?«
    »Nur Kirilla und ihre F-Führerin. Sonst niemand.«
    »Wie weit vom Eingang?«
    »So an die zehn Meter.«
    Jewpatjew holte tief Luft.
    »Zu weit. Mit bloßen Händen nicht zu schaffen.«
    Der Polizist rief heftig: »Ist auch gut so. Tote darf man nicht stören. Besonders solche. Mögen sie liegen, wo sie sich hingelegt haben. Sie haben sich ihr Grab selber ausgesucht. Nur ein Kreuz stell ich ihnen hin.«
    Er erklomm geschickt das Tor, nahm das Kreuz ab, sprang herunter.
    »Selbstmördern steht das ja eigentlich nicht zu«, bemerkte Jewpatjew, dieweil er zusah, wie der Wachtmeister das Kreuz in den Abhang rammte, oberhalb der eingestürzten Mine.
    »Wenn’s für den Glauben ist, wird’s wohl erlaubt sein.«
    Er blickte auf das Kreuz und bekreuzigte sich inbrünstig mit drei Fingern. Jewpatjew tat es mit zwei Fingern. Masa legte die Hände zusammen, kniff die Augen zu und sprach singend eine Sutra, um Dämonen zu vertreiben.
    Fandorin sah die interkonfessionelle Totenfeier nicht.
    Mit dem Rücken zu den Betenden blickte er auf die Lichtung, von der sich Ski- und Schlittenspuren wie Strahlen nach allen Seitenzogen – links zum Fluss, rechts zum See, schräg zum Birkenhain, geradeaus zum Tannenwald.
    Plötzlich zuckte er zusammen.
    Im Schnee, wohl fünfzehn Schritt von der eingestürzten Mine, schimmerte ein roter Fleck. Sollte eines der Kinder verletzt sein?
    Humpelnd ging er ein paar Schritte.
    Blieb stehen. Lächelte.
    Es war ein kleiner roter Fäustling an einer gerissenen Schnur.

Informationen zum Buch
    Ein Moskauer Antiquitätenhändler wurde erschlagen, sein Laden verwüstet, doch gestohlen wurde offenbar nichts. Auf einem Landgut verschwindet auf geheimnisvolle Weise ein adliges Fräulein. Bei einer Jagd wird einer der Jäger von hinten erschossen. Bei den Altgläubigen in den nördlichen Wäldern kommt es zu einer geheimnisvollen Serie von Selbstmorden. Diese und andere Fälle löst Fandorin mit Geschick, Charme und Bravour. Dabei hat er nicht nur Glück im Spiel, sondern bezaubert nebenbei auch die gesamte Damenwelt.

Informationen zum Autor
    BORIS AKUNIN ist das Pseudonym des Moskauer Philologen, Kritikers, Essayisten und Übersetzers aus dem Japanischen Grigori Tschchartischwili (geb. 1956). 1998 veröffentlichte er seine ersten Kriminalromane, die ihn in kürzester Zeit zu einem der meistgelesenen Autoren in Russland machten. Heute genießt er in seiner Heimat geradezu legendäre Popularität. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt. Mit seiner »Fandorin«-Serie erlangte er auch in Deutschland Kultstatus.
    Im Aufbau Verlag erschienen: Fandorin (2001), Türkisches Gambit (2001), Mord auf der Leviathan (2002), Der Tod des Achilles (2002), Russisches Poker (2003), Die Schönheit der toten Mädchen (2003), Der Tote im Salonwagen (2004), Die Entführung des Großfürsten (2004), Der Magier von Moskau (2005), Die Liebhaber des Todes (2005), Die Diamantene Kutsche (2006) und Das Halsband des Leoparden (2009).
    »Ich spiele leidenschaftlich gern. Früher habe ich Karten gespielt, dann strategische Computerspiele. Schließlich stellte sich heraus,
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