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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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von Pofus klar
umrissenem Denken entfremdet.
         Sie
erkannte das Licht seiner Laterne, bevor sie ihn an den kümmerlichen
Resten des Gemäuers kauern sah. Riesige Zähne schienen die
Pagode zermalmt zu haben, deren ganze Pracht plötzlich in Yazis
Erinnerung emporragte. Sie fühlte einen Stich, der sie Andrews
Trauer verstehen ließ.
         Doch
jetzt würde sich alles ändern. Sobald die Taiping Beijing
erobert hätten, wären die Kämpfe erst einmal vorbei.
Sie schlang ihre Arme um Andrew, noch bevor sie ein Wort gesprochen
hatten. Sein Herzschlag pochte an ihrem Ohr. Hastig begann sie zu
reden, berichtete von dem geplanten Angriff auf Shanghai, dass ihre
beiden Völker bald schon Verbündete wären und ein Sieg
der Taiping in greifbarer Nähe war. Doch Andrew versteifte sich.
Es schmerzte, als er seine Hände von ihrem Körper nahm, um
sich nachdenklich die Schläfen zu reiben.
         »Hat
Hong Rengan mit den Engländern in Shanghai Kontakt
aufgenommen?«, fragte er dann. »Gibt es jemanden, der
seine Pläne unterstützt?«
         Yazi
musste feststellen, dass sie keine Antwort wusste.
         »Vielleicht.
Er hat nicht davon gesprochen. Aber er kennt viele Lao Wai in
Hongkong, die sicher Kontakte nach Shanghai haben.«
         Andrew
seufzte.
         »Das
sind alles Missionare«, meinte er. »Die haben keinerlei
politischen Einfluss.«
         Als
er Yazis verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte, stellte er die Laterne
auf einen Stein und hockte sich daneben nieder.
         »Hör
zu, meine kleine Wildkatze. Shanghai ist eine Handelsstadt. Sie wird
von Geschäftsleuten aus aller Herren Länder beherrscht, die
sich im Grunde alle ähneln. Genauso wie eure Händler wollen
sie ihren Frieden und die Möglichkeit, Gewinne zu machen.«
         »Das
werden wir ihnen ermöglichen«, unterbrach Yazi. Dann fiel
ihr ein, dass Rengan die Lao Wai loswerden wollte, sobald China stark
genug war. Auf einmal bekam sie das unangenehme Gefühl, Andrew
zu hintergehen, indem sie dieses Detail verschwieg. Aber es würde
noch viel Zeit vergehen, bis es so weit war. Vielleicht konnten sich
beide Seiten friedlich miteinander arrangieren.
         »Nun,
es mag sein, dass Hong Rengan tatsächlich plant, freien Handel
zu erlauben«, fuhr Andrew fort. »Bisher wart ihr Taiping
mit eurer Idee von Gemeinbesitz der Albtraum aller wohlhabenden
Menschen dieser Welt, obwohl mir gerade das an euch gefiel.«
         Er
lachte kurz auf und zerrieb einen Grashalm zwischen seinen Fingern.
         »Die
Missionare mochten euch, weil sie hofften, ihr könntet China
christlich machen. Dann begeisterten sich noch ein paar Abenteurer
wie ich für eure Reformideen. Den Geschäftsleuten wart ihr
von Anfang an suspekt. Vielleicht hätten sie euch unterstützt,
wenn die Dinge anders gelaufen wären. Aber jetzt, nein, ich
fürchte, sie werden es nicht tun.«
         Yazi
fuhr zusammen.
         »Und
warum meinst du, die Zukunft so genau zu kennen?«, zischte sie.
Andrew hob abwehrend die Hände.
         »Augustus
Lindley erhält durch einen Freund regelmäßig
Neuigkeiten über die neuesten politischen Entwicklungen«,
sagte er. »Lord Elgin hat euren Kaiser in die Knie gezwungen.
Er unterschrieb sämtliche Verträge, die unsere Regierung
ihm vorsetzte. Der Opiumhandel bleibt aufrechterhalten, so wie die
Geschäftsleute in Shanghai es sich wünschen. Ihr Taiping
habt ihn konsequent verboten, wofür ich euch immer bewundert
habe.«
         Yazis
Verstand wehrte sich gegen die harte, unerbittliche Logik dieser
Worte, aber Andrew war noch nicht fertig.
         »Zudem
hat ein Han-Chinese, Zeng Kuo-fan, den Oberbefehl über ein
großes Heer erhalten, das euch schlagen soll.«
         Yazi
zog die Schultern zurück.
         »Es
haben schon viele versucht, uns zu schlagen.«
         »Gewiss,
aber nun wird auf andere Weise gegen euch gehetzt. Ihr seid als
Befreier vom Joch der Mandschus aufgetreten, was vielen Han gefiel.
Doch jetzt werdet ihr als Anhänger einer fremden Religion
hingestellt, die alles zerstören wollen, was wahrhaft chinesisch
ist.«
         Yazi
verschränkte die Arme vor der Brust, aber Andrews Worte hatten
die übliche Sogwirkung, führten sie ohne jedes Drängen
und Belehren von einer Schlussfolgerung zur nächsten. Gewöhnlich
hatte es Freude gemacht, auf diese Weise zu lernen, doch jetzt hätte
sie ihre Ohren am liebsten verschlossen.
         »Du
glaubst also, dass wir die Sympathien der

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