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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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kennst meine Mutter
nicht. Sie ist gerissen, und wenn du versuchst, meinen Ruf zu
schädigen, dann schlägt sie erbarmungslos zurück.«
         Wieder
wandte sein Gesicht sich zur Tür. Viktoria begann zu ahnen, dass
jemand direkt dahinter stand, aber es war ihr egal geworden. Das Blut
rauschte in ihren Ohren. Sie wollte schreien und verzweifelt um sich
schlagen, um nicht von dem Schmerz, der in ihr tobte, zerrissen zu
werden.
         »So
einfach ist es also! Ich bin keine reiche Erbin mehr und plötzlich
muss ich mich hüten, dir zu nahe zu kommen! Noch vor einer Woche
haben wir von unserer Zukunft gesprochen, du hast in aller
Öffentlichkeit gezeigt, dass du mich heiraten willst und …
und ich bin in jeder Hinsicht deine Frau geworden, aber jetzt tust du
so, als wäre es eine Kleinigkeit ohne irgendwelche Folgen!«
         Sie
hörte, wie ihre eigene Stimme gegen die hohen, verputzten Wände
hallte. Wer auch immer vor der Tür stand, hatte sicher jedes
Wort verstanden, aber der Gedanke erschreckte sie nicht einmal. Es
hatte so wohl getan zu schreien. Sie vermochte wieder zu atmen und
aufzustehen. Langsam bewegte sie sich zur Tür, doch als sie sich
Anton näherte, stach der Schmerz wieder in ihre Brust. Bei jedem
Schritt hoffte sie, er würde wider Erwarten aufstehen und sie
zurückhalten. Doch er sah sie nur aus großen,
fassungslosen Augen an.
         »Vicki,
du willst doch nicht etwa sagen dass … dass … ich
meine, ich bin vorsichtig gewesen. Ich habe Erfahrung in diesen
Dingen.«
         Viktoria
versteinerte. Zunächst begriff sie den Sinn seiner Worte nicht,
doch allmählich tauchten Andeutungen und Gerüchte, die sie
im Laufe ihres Lebens gehört hatte, in ihrem Bewusstsein auf und
formten ein klares Bild.
         »Nein,
ich bin nicht schwanger«, entgegnete sie. Die sichtliche
Erleichterung auf Antons Gesicht ließ sie bissig hinzufügen:
»Wenigstens habe ich noch nichts bemerkt.«
         Anton
ließ die Hände neben den Sofalehnen baumeln.
         »Dann
wird es auch nicht der Fall sein. Ich wünsche dir Glück,
Vicki«, murmelte er. Viktoria fuhr herum.
         »Und
dir wünsche ich eine reiche Erbin mit Buckel und Hasenscharte,
bei der du um jeden Pfennig betteln musst!«, zischte sie und
riss die Tür auf.
         »Wie
schön, Sie so unerwartet wiederzusehen, Frau Baronin!«,
rief sie Antons Mutter zu, die dem zynischen Angriff mit unbewegter
Miene standhielt.
         »Wir
bedauern alle die unglückliche Entwicklung der Dinge, Fräulein
Virchow«, entgegnete sie lediglich. »Bitte verhalten Sie
sich vernünftig. Sollten Sie versuchen, meinen Sohn wegen der
Auflösung der Verlobung in der Öffentlichkeit
anzuschwärzen, weise ich Sie darauf hin, dass ich in Kontakt mit
Ihrer einstigen Freundin Sophie von Schütte, nun Frau Deggentoff
stehe. Sie hat mir bereits einige unerfreuliche Details aus Ihrem
Vorleben erzählt. Nun können Sie es sich nicht mehr
erlauben, die öffentliche Meinung als lästige Kleinigkeit
abzutun.«
         Jedes
mit völliger Sachlichkeit ausgesprochene Wort schien Viktoria
wie ein Hieb. Die ganze Welt hatte sich gegen sie verschworen, selbst
einstige Freunde waren zu Gegnern geworden. Ohne sich zu
verabschieden, lief sie aus jenem Haus, wo sie einst zu leben
erwartet hatte, und sprang in die Kutsche. In diesem kleinen Raum,
den sie nur mit Magda teilte, empfand sie endlich wieder Sicherheit.
Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und sah keinen Grund mehr,
Tränen zurückzuhalten. Sie flossen mit neuer Heftigkeit,
ließen sie zittern und verzweifelt nach Luft ringen.
         »Gnädiges
Fräulein, wollen Sie nach Hause fahren?«, hörte sie
Magda zaghaft fragen. Sie antwortete nicht. Sie wollte lieber in den
Tiefen der Alster versinken, als ihrer Mutter nun zu begegnen.
         »Fräulein
Virchow«, drang Magdas Stimme wieder an ihr Ohr. »Es ist
vielleicht besser so. Sie wären nicht glücklich geworden.
Jeder im Haus weiß, dass der Herr von Scharpenberg Liebschaften
mit … mit … leichtlebigen Damen hat.«
         Viktoria
wischte sich die Augen. Sie brauchte dieses dumme Gerede nicht.
         »Ich
wusste selbst, dass er kein Unschuldslamm war, bevor er mich
kennenlernte. Ich bin kein Dummchen.«
         Magdas
Arm legte sich um ihre Schultern. Viktoria fuhr kurz zurück,
doch tat die Wärme eines anderen Menschen zu wohl, um sich ihr
zu entziehen.
         »Sein
Verhalten änderte sich nicht, nachdem er Sie kennenlernte.

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