Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
unvorstellbar anziehend
dieser nachlässige, freche Dandy war. Ein Sehnen zog sich durch
ihren Magen bis in die Oberschenkel. Würde Anton sie jetzt in
die Arme schließen, wäre sie ohne jedes Zögern
bereit, eben jene Dinge, die sie hastig am Alsterufer miteinander
getan hatten, hier in seinem Elternhaus auf dem Sofa des Salons zu
wiederholen.
         »Es
geht einigermaßen«, antwortete sie stattdessen, denn
Anton machte keine Anstalten, sie zu berühren. »Ich
versuche weiterzuleben. Danke für deine Nachricht.«
         Sie
war stolz, wie gefasst und vernünftig sie klang. Welchen Sinn
machte es, ihm zu sagen, dass sie sich mehr von ihm gewünscht
hätte als einen kurzen, abgedroschenen Satz? Anton zitierte zwar
gern provokative Sprüche von Lord Byron und Baudelaire, aber ihm
selbst lag das Schreiben nicht.
         »Ich
weiß, du bist ein tapferes Mädchen«, meinte er nun
mit einem verlegenen Grinsen. Dann ging er ein paar Schritte auf
Viktoria zu, was in ihr die Hoffnung auf eine Umarmung weckte. Doch
er blieb auf einmal wieder stehen und strich die Spitzendecke auf
einem Tischchen glatt. Solcher Ordnungssinn war bei ihm höchst
ungewöhnlich.
         »Soll
ich uns Kaffee bringen lassen? Oder Tee?«, murmelte er, den
Blick immer noch auf den geglätteten Stoff gerichtet.
         Viktoria
holte Luft. Dieses Geplänkel sägte an ihren zum Zerreißen
gespannten Nerven.
         »Ich
will nichts trinken. Ich muss mit dir reden. Wie soll nun unsere
Hochzeit aussehen? Eine große Feier können wir nun nicht
mehr bezahlen und eine Hochzeitsreise wird auch nicht möglich
sein. Wir müssen den Termin verschieben, denn ich will natürlich
die Trauerzeit einhalten, aber …«
         »Vicki,
jetzt mach dir keine unnötigen Sorgen«, unterbrach Anton
schnell. Er hatte abwehrend die Hände gehoben. »Du musst
erst einmal verarbeiten, was geschehen ist, dich ausruhen und …
und dann sehen wir weiter.«
         Er
musterte sie mit einem aufmunternden Lächeln. Viktoria verstand
selbst nicht, warum sie auf einmal den Wunsch verspürte, ihm in
sein unverschämt anziehendes Gesicht zu schlagen. Sie ließ
sich wieder auf das Sofa fallen, wo sie die ganze Zeit gewartet
hatte, doch auch im Sitzen fand sie keine wirkliche Ruhe.
         »Ich
kann mich nicht ausruhen, solange ich nicht weiß, woran ich bei
dir bin«, sagte sie nur. Ihre Mutter hatte vergeblich versucht,
ihr diese Neigung zu undamenhafter Direktheit abzugewöhnen.
         Anton
drehte sich kurz zur Tür um, als erwarte er das Eintreten einer
weiteren Person. Doch niemand kam. Er stieß einen Seufzer aus.
         »Vicki,
das ist nicht der richtige Moment für solche Gespräche. Du
bist völlig aufgelöst und weißt nicht, was du sagst
und … «
         »Ich
weiß sehr gut, was ich sage. Willst du mich noch heiraten, nun,
da ich kein Vermögen mehr in die Ehe bringe? Ich will eine
Antwort. Jetzt, auf der Stelle!«
         Sie
hatte die Hände zu Fäusten geballt und geschrien. Anton
wandte sich nochmals unsicher zur Tür. Dann sank er auf einen
Sessel und vergrub sein Gesicht in den Händen. Eine unsichtbare
Schnur legte sich um Viktorias Hals. Mit jeder Minute des Schweigens
zog sie sich enger zusammen.
         »Ich
bin der charmante, gut aussehende Anton von Scharpenberg und muss
eine reiche Erbin finden, um den maroden Besitz meiner Familie wieder
aufzupolieren«, hörte sie Anton leise in seine Handflächen
murmeln. »Das habe ich immer gewusst. Dich hätte ich
wirklich gern zur Frau gehabt. Du gefällst mir und wir hatten
Spaß zusammen. Aber jetzt, da geht es eben nicht mehr. Es tut
mir leid.«
         Viktoria
begann zu frieren. Ihr ganzer Körper zitterte, als litte sie an
Fieber.
         »Aber
… aber am Alsterufer, da sind wir ein Paar geworden, das hast
du selbst gesagt. Angeblich reden die Leute schon davon«, stieß
sie hervor und schämte sich, weil sie wie eine Bettlerin klang.
Eine klare Stimme in ihrem Kopf riet ihr laut, einfach nur
aufzustehen und zu gehen. Aber sie konnte nicht, war nicht willens,
auf jenen Mann zu verzichten, den sie mehr wollte als alle anderen
Vorzüge, die das Vermögen ihres Vaters ihr gebracht hatte.
         Anton
ließ die Hände sinken. Er war kreidebleich geworden und
rutschte unruhig auf dem Sofa hin und her, als sei es plötzlich
mit Dornen gepolstert.
         »Bitte,
Vicki«, sagte er auffallend leise. »Fange jetzt nicht
damit an. Versuche nicht, mich zu erpressen. Du

Weitere Kostenlose Bücher