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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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falls höfliche Worte keine Wirkung zeigten. Gehorsam
durchquerte sie einen Raum mit Tisch und Bänken. Man führte
sie ins nächste Stockwerk. In einer kleinen Kammer, die ihr
zugeteilt worden war, standen ein Bett sowie ein kleiner Tisch.
Viktoria machte ein paar ruhelose Schritte. Sie fühlte sich
eingesperrt und verloren in einem Land, wo allein ihr Gesicht sie zu
einer Außenseiterin machte. Aus dem Zimmer unter ihr drangen
Stimmen und der Geruch chinesischer Gewürze, der ihren Magen
schmerzhaft knurren ließ.
         »Dürfen
wir denn nicht mitessen?«, fragte sie ungehalten.
         »Sie
werden uns Essen bringen«, beruhigte Dewei sie. »Doch
dass du unten bei den Männern sitzt, das … das tut eine
vornehme Dame nicht.«
         »Na
großartig«, murrte Viktoria und sank erschöpft auf
das Bett. Es schien hart, aber wenigstens konnte sie ihre Beine
besser ausstrecken als in der Sänfte. Sie schnürte die
Stiefel auf.
         »Ich
brauche mein Gepäck. Mein Nachthemd«, wandte sie sich
wieder an Dewei, der sie erschöpft ansah.
         »Ich
werde Bescheid geben. Aber jetzt essen wir erst einmal.«
         Tatsächlich
brachte bald darauf ein Mädchen ein Tablett mit einer Schüssel
und zwei Schalen. Sie kniete nieder, als sie die Speisen auf dem
Tisch abstellte. Obwohl sie bemüht war, den Blick gesenkt zu
halten, konnte sie nicht umhin, Viktoria immer wieder verstohlen zu
mustern.
         »Xièxie«,
murmelte Viktoria und empfand Stolz, als das Mädchen sie
staunend ansah und ein paar Worte murmelte. Zum allerersten Mal hatte
sie sich auf Chinesisch verständlich gemacht.
         »Frag
sie, wie sie heißt«, wandte sie sich hilfesuchend an
Dewei. Er erklärte, dass der Name Hua Blume bedeutete, und das
Mädchen lächelte verlegen angesichts der plötzlichen
Beachtung, die ihrer Person geschenkt wurde. Anschließend
wollte sie Viktorias Namen wissen. An der vollständigen Variante
scheiterte sie, aber es gelang ihr recht schnell »Vi Ki«
auszusprechen, worauf Dewei sich ja auch beschränkte.
         Viktoria
musterte ungeduldig den Inhalt der Schüssel, in der eine mit
Kohl angereicherte Nudelsuppe schwamm. Hua brachte bald darauf noch
Reis und ein undefinierbares Fleischgericht. Viktoria füllte
erleichtert ihren Magen, obwohl ihr der Umgang mit Stäbchen
nicht so recht gelingen wollte und sie schließlich einen
hölzernen Löffel zu Hilfe nahm, der eigentlich nur für
die Suppe gedacht war.
         »Bekommen
wir auch etwas anderes als Tee zu trinken?«, murrte sie
schließlich, denn bei den Huntingdons waren selbst ihr Wein und
Sherry vergönnt gewesen.
         Dewei
gelang es nicht ganz, einen Seufzer zu unterdrücken, aber er
rief erneut nach der Blume. Bald darauf standen eine schlicht bemalte
Flasche aus Ton und ein kleiner Becher auf dem Tisch. Viktoria nippte
neugierig an dem Getränk. Es schmeckte süß und schwer
wie Portwein, aber eine geringe Menge davon würde ihr vielleicht
etwas Entspannung schenken. Als die dienstbare Blume sich mit einer
leichten Verbeugung verabschiedete, hatte Viktoria plötzlich
eine Idee, wie sie den Abend etwas geselliger gestalten konnte.
         »Sag
ihr, dass sie mittrinken kann, wenn sie will. Und falls hier noch
andere Frauen sind, die nicht unten bei den Männern sitzen
dürfen, sollen sie auch kommen. Allein schaffe ich diese Flasche
sowieso nicht.«
         Dewei
sah überrascht, aber durchaus erfreut aus. Hua lauschte seinen
Worten, kicherte verlegen und verschwand. Viktoria zweifelte, ob das
Mädchen diese Einladung wirklich annehmen würde, doch bald
darauf öffnete sich die Tür erneut und drei Frauen traten
ein. Hua schien eine Schwester zu haben, die etwas kleiner war als
sie, aber Viktoria war es kaum möglich, das genaue Alter der
Mädchen einzuschätzen. Sie konnten erst vierzehn sein, oder
auch vierundzwanzig. Ihre Gesichter schienen weniger ausgezehrt als
die der Bauern auf den Reisfeldern, doch fehlte ihnen die künstliche,
zerbrechliche Schönheit vornehmer Chinesinnen. Schließlich
erschien eine winzige, faltige, leicht gekrümmte Frau,
vermutlich die Mutter der zwei jungen Dienerinnen. Sie überschüttete
Viktoria mit einem Schwall chinesischer Worte, sank in die Knie und
verbeugte sich mehrfach, bevor sie mit sichtlich zufriedenem
Gesichtsausdruck auf dem Fußboden hocken blieb. Becher aus Ton
machten die Runde und die drei Chinesinnen schnatterten
durcheinander.
         »Sie
wollen wissen, ob du Witwe

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