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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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bist«, übersetzte Dewei.
Viktoria verneinte.
         »Hat
dein Mann dich verstoßen?«, lautete die nächste
Frage. Viktoria erklärte, dass sie keinen Ehemann hatte. Das
Geplapper wurde lauter. Fassungslose Blicke streiften Viktoria. Sie
hörte Dewei lachen.
         »Vielleicht
macht der Mandarin Lao Tengfei dich zu seiner Konkubine«,
übersetzte er die Mutmaßungen der Frauen. Viktoria lachte
ebenfalls und wies diese Möglichkeit entschieden von sich.
         »Ich
habe keinen Mann und will auch keinen haben«, stellte sie die
Dinge in aller Deutlichkeit klar. Die Erinnerung an Anton versetzte
ihr einen Stich, doch tat er kaum noch weh. Sie war erfolgreich in
eine andere Welt geflohen.
         Die
drei Chinesinnen debattierten eine Weile untereinander, denn eine
junge, heiratsunwillige Frau schien ihnen rätselhaft. Dewei
wurde immer wieder einbezogen, was ihm sichtlich gefiel. Viktoria
wusste immer noch nicht, wie alt er genau war, denn er konnte das
Datum seiner Geburt nicht nennen. Doch hatte er offenbar bereits ein
Alter erreicht, da ein Junge es genoss, in weiblicher Gegenwart
wichtig zu scheinen. Während die Frauen allmählich wagten,
ihre Becher selbst neu aufzufüllen, mischte Dewei sich stolz in
ihre Gespräche, wies mit dem Kopf auf Viktoria und klärte
seine Zuhörerinnen über die Eigenheiten dieser rätselhaften
Fremden auf.
         »Was
erzählst du ihnen denn über mich, du kleiner
Aufschneider?«, kicherte Viktoria. Nach zwei Bechern des süßen
Weins fühlte sie sich völlig entspannt.
         »Sie
haben gesagt, sie werden im Tempel für dich beten, damit du
einen Mann findest und Kinder haben kannst«, erklärte er
todernst. Viktoria lehnte sich mit lautem Lachen zurück.
         »Sie
sollen lieber beten, dass dieser Mandarin mich nicht so schnell
entlässt wie Robert Huntingdon. Ich muss irgendwie Geld
verdienen. Was Kinder betrifft, so habe ich ja dich.«
         Dewei
sah sie verdattert an. Nach kurzem Zögern begann sein Gesicht
auf einmal zu strahlen. Er lächelte zaghaft, senkte dann
verlegen den Blick und schwieg eine Weile, obwohl die Frauen weiter
vor sich hinplapperten. Schließlich stupste Hua ihn an, um ihn
aus seiner Starre zu reißen. Höflich beantwortete er die
nächste Frage.
         Als
es draußen stockdunkel war und in der Flasche kein einziger
Tropfen mehr verblieb, öffnete Viktoria ihren inzwischen
eingetroffenen Koffer in Gegenwart der Gäste, zeigte ihre
Kleider, Unterröcke und den kümmerlichen Rest ihres
Schmucks. Staunende Rufe erklangen, Finger befühlten neugierig
Musselin und Baumwolle.
         »Sehr
viel Stoff für ein einziges Kleid. Sie meinen, du musst reich
sein«, übersetzte Dewei die Kommentare. Viktoria fragte
sich, was die Chinesinnen wohl zu einer seidenen Ballrobe mit Rüschen
und aufgebauschter Tournüre gemeint hätten. Spontan
überließ sie den Mädchen zwei Haarkämme aus
Horn, die mit glitzernden Steinen verziert waren, und eine samtene
Schleife. Ihre dunklen Augen strahlten ungläubig, als hätte
die seltsame Fremde ihnen kostbare Schätze geschenkt. Viktoria
empfand ein lang vermisstes Gefühl der Zufriedenheit, denn es
war über ein Jahr her, dass sie sich hatte großzügig
zeigen können. Die verknittert aussehende Mutter schickte
daraufhin eines der Mädchen energisch hinaus. Es kam mit einem
jener grellroten Gehänge, die Glück bringen sollten, und
der kleinen hölzernen Statue einer Göttin der
Barmherzigkeit zurück. Beides wurde Viktoria überreicht,
die zunächst ablehnen wollte, denn diese Leute schienen ihr zu
arm, um etwas abgeben zu können. Dewei erklärte, dass sie
es nach längerem Debattieren dennoch annehmen sollte, um die
Frauen nicht zu kränken. Viktoria gehorchte, erleichtert
darüber, durch diese unbekannte Welt gelotst zu werden.
Vermutlich sollten ihr diese beiden Gaben zum schnellen Erwerb eines
Gemahls verhelfen. Aber in Deutschland hätten ihr ein paar
Dorfmädchen wohl eine ähnliche Zukunft als einzig mögliches
Glück gewünscht. Wenn jene Ehefrauen und Kinder des
Mandarins, die sie unterrichten sollte, ebenso umgänglich waren,
stand ihr vielleicht keine so schwierige Zeit bevor wie befürchtet.
In bester Laune nahm sie von den drei Frauen Abschied, trank dann den
verbliebenen Tee, da der Wein ihre Kehle ausgetrocknet hatte.
Schließlich sank sie auf das Bett. Auf einmal schien es ihr
nicht mehr hart, sondern entspannend, da ihr Körper ausgestreckt
liegen blieb, statt in weichen

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