Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
Vom Netzwerk:
passiert?«, fragte sie Falkenberg kurz nach einem
gemeinsam mit Helene und Heinbold eingenommenen Abendessen.
    »Passiert?« Er hob die Schultern. »Ich habe nicht die geringste
Ahnung, was du meinst.«
    »Irgendetwas ist vorgefallen.« Sie forschte in seinem
ausdruckslosen Gesicht. »Irgendetwas, das du mir verschweigst.«
    Der Oberst schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht den leisesten
Schimmer, wovon du sprichst.«
    Noch am selben Abend versuchte Bernina in der Bibliothek die
Gräfin zur Rede zu stellen. Aber – ohne Erfolg. Helene erwiderte bloß, sie
müsse sich täuschen.
    Bernina bemerkte, dass Falkenberg seine
abendlichen Ausritte plötzlich ausdehnte. Er war auffallend lange unterwegs.
Und zusätzlich wurden kleine Trupps berittener Wachsoldaten ausgesandt, um
ebenfalls die Umgebung zu erkunden. Bernina ließ nicht locker, sprach erneut
sowohl Falkenberg als auch Helene darauf an. »Ihr haltet mich wohl für dumm«,
fuhr sie einmal sogar mit ehrlicher Wut Helene an. Doch auch das brachte sie
nicht weiter.
    Es waren nur noch wenige Tage bis zur Hochzeit, als sie auf einen
anderen Gedanken kam. Bernina passte den richtigen Moment ab und näherte sich
einer Person, mit der sie in all den Monaten außer einigen Höflichkeitsfloskeln
nie ein vertrauliches Wort gewechselt hatte.
    Umso erstaunter reagierte Graf Heinbold, als sie ihn ansprach,
während er mit seinen kurzen Beinen den Flur vor ihrem Zimmer hinablief,
offenbar auf dem Weg zu seiner Gattin. Anfangs hatte er sich nicht zurückhalten
können und immer wieder einen Blick über Berninas Figur gleiten lassen. Als
jedoch feststand, dass die Verbindung zwischen ihr und dem Oberst offiziell
werden würde, hatte der Graf sich besser im Griff.
    Jetzt blieb er stehen, inmitten dieses langen Flurs, etwa einen
Schritt vor ihr, während Bernina langsam die Tür hinter sich schloss.
    »Herr Graf«, sagte sie leise, »ich hatte gerade Ihre Schritte
gehört und wollte die Gelegenheit nutzen …«
    »Heinbold«, unterbrach er sie mit tadelndem Lächeln und konnte
doch nicht widerstehen – sein Blick wanderte kurz an ihr herab, um sich
dann in ihren Augen zu verlieren. »Bernina, nenn mich doch bitte endlich
Heinbold. Mit meiner Gattin bist du längst auf du und du, und demnächst wirst
du mit einem meiner engsten Freunde verheiratet sein.«
    »Verzeihung«, erwiderte Bernina. »Ich verspreche, mich zu
bessern.«
    »Das will ich doch hoffen, meine liebe Bernina.« Seine breiten
Hände legten sich auf seinen dicken Bauch. Es gefiel ihm durchaus, dass sie ihn
ansprach, wie Bernina feststellte. »Was kann ich tun? Wie kann ich helfen?«,
fragte er und gab sich betont freundlich.
    »Ich wollte nur sagen, dass ich mit Helene gesprochen habe. Ich
meine, über die Reitertrupps, die abends ausgeschickt werden. Über das alles«,
fügte sie noch vage hinzu, wohl wissend, dass es nicht einfach werden könnte,
etwas aus ihm herauszubekommen.
    »Ach?« Er schien verdutzt.
    »Ja, und ehrlich gesagt …« Bernina machte eine Pause.
»Ehrlich gesagt, mache ich mir nun doch Sorgen. Gerade weil die Hochzeit bald
ansteht.«
    »Sorgen?« Noch immer Verwunderung in seiner Miene.
    Bernina nickte. »Heinbold, ich muss offen sein: Helene hat mich
eingeweiht und …«
    Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie fortfahren sollte.
Doch glücklicherweise war das auch nicht nötig.
    »Eingeweiht?«, wiederholte der Graf. »Jaja, die Frauenzimmer.
Müssen halt immerzu tratschen, oder?«
    »So sind wir nun einmal.« Auch Bernina lächelte.
    »Dabei hat Jakob uns doch ausdrücklich gebeten, dir gegenüber kein
Wort davon zu verlieren. Du solltest dich nicht ängstigen, meinte er immer
wieder, dieser merkwürdige Kerl hat dich auch so schon genug erschreckt. Und
jetzt, Bernina, machst du dir erst recht Sorgen, nicht wahr?«
    Sie fühlte, wie das Lächeln in ihrem Gesicht geradezu gefror.
»Ja«, antwortete sie stockend. »Ja, in der Tat … Sorgen mache ich mir.«
    »Das ist ja auch kein Wunder«, fiel der Graf ihr erneut ins Wort.
»Wir alle waren überrascht, als einer der Wachsoldaten meldete, er hätte einen
Mann gesehen, der den Palast beobachten würde.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Bedauerlich, dass der Fremde unsere Leute bemerkte und Hals über
Kopf flüchten konnte.«
    »Hoffentlich erwischen die Soldaten ihn das nächste Mal.« Ihre
Stimme gewann langsam wieder an Kraft.
    »Oder Jakob selbst. Er hat sich vorgenommen, diesen Kerl zu
schnappen. Und du weißt ja, wenn er

Weitere Kostenlose Bücher