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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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und zeigte nach wie vor ein Lächeln, in dem nichts Falsches zu
erkennen war.
    »Lassen Sie mich bitte helfen«, sagte er. »Es ist ja unsere
Schuld, meine und die meiner Freunde, dass Sie hinfielen. Bitte nehmen Sie
unsere Hilfe an. Wir kennen jemanden, der Ihre Verletzung ansehen und Sie
versorgen wird.«
    »Ich kann mir sehr gut selbst helfen«, erwiderte Bernina bestimmt,
ließ aber weiterhin zu, dass er sie stützte.
    »Wir sind ehrenwerte Menschen, bitte vertrauen Sie uns.«
    »Warum sollte ich?«
    »Warum?«, wiederholte er. »Warum denn nicht?«
    »Weil ich …«, begann Bernina mit einer Erwiderung, wurde aber
sofort gestoppt.
    Mit einer Lässigkeit griff er plötzlich mit beiden Händen nach ihr
und hob sie hoch, ohne sein Lächeln einzubüßen, einen Arm unter ihrem Rücken,
den zweiten unter ihren Knien.
    »Was erlauben Sie sich?«, empörte sich Bernina.
    Seine Antwort war nur dieses Lächeln, diese Art, sie so charmant
und einnehmend anzusehen.
    Und dann, nach einem weiteren, jedoch
ziemlich schwach ausfallenden Einspruch Berninas, trug er sie davon, gefolgt
von den anderen beiden, die erst ihre Witzchen machten, aber von ihm rasch mit
ein paar scharfen Worten zum Schweigen gebracht wurden.
    Es dauerte nicht lange, bis sie in ein kleines Tal gelangten, das
von wenigen Bäumen und vielen Felsblöcken aus Granitgestein bedeckt wurde, die
sich aus der Erde gewühlt hatten.
    Was Bernina als Erstes erblickte, waren vier Wagen. Über drei
waren Planen aus hellem robustem Stoff gespannt. Der vierte war größer und sah
aus wie ein Holzkasten auf Rädern. Hinten eine richtige Tür und daneben ein
kleines Fenster, hinter dessen dünnem Glas ein Vorhang zu sehen war. Also
offenbar eine seltsame Art von Haus, das man überallhin mitnehmen konnte.
Bernina hatte so etwas nie zuvor gesehen.
    Auch solchen Menschen war sie niemals vorher
begegnet. Allen gemeinsam waren der dunkle Teint und die schwarzen Haare, die
bunten Kleider und die auffallend vergnügten Gesichter. Männer, Frauen, einige
Kinder und dazu zwei bellende Hunde sowie die Zugpferde, die friedlich am Rande
des Platzes grasten.
    Der Mann setzte Bernina behutsam auf einer Decke ab, die bereits
auf der Erde gelegen hatte. Selbst durch den dicken Stoff fühlte Bernina das
von der Sonne erwärmte Gras.
    »Bitte warten Sie kurz, junge Dame. Ich hole jemanden, der sich um
Sie kümmern wird.«
    »Wer seid ihr?«, gelang es Bernina endlich die Frage zu stellen,
die ihr so brennend auf der Zunge lag.
    »Wer wir sind?« Der Mann lachte. »Wir sind die Einzigen, die
wissen, dass das Leben da ist, um sich daran zu erfreuen. Und nicht, um Krieg
zu führen.«
    Er vollführte vor Bernina eine tiefe Verbeugung, in der er sowohl
seinen Charme als auch einen gewissen Spott zum Ausdruck brachte. »Darf ich
mich vorstellen? Ich bin Anselmo. Und Sie, junge Dame?«
    »Bernina«, antwortete sie leise. »Ich bin Bernina.«
    Er zwinkerte ihr zu, wie kein anderer junger Mann in Teichdorf
oder sonst irgendwo es gewagt hätte, einer Frau zuzuzwinkern. Im nächsten
Moment eilte er mit großen schwungvollen Schritten davon, um in dem Wagen zu
verschwinden, der offenkundig als fahrende Behausung diente.
    Wodurch sich Bernina erst so richtig der vielen Blicke bewusst
wurde, die über sie hinwegglitten. In den dunklen Augen schien jede Menge
Neugier zu stecken. Keiner der bunt gekleideten Fremden sagte etwas zu ihr.
Außer dem Hundegekläff und dem Zwitschern einiger kreisender Vögel war nichts
zu hören.
    Ein Augenblick der Stille, ein kurioser Augenblick, und Bernina
wusste nicht, wohin sie blicken, ob sie schweigen oder sprechen sollte.
    Schließlich waren es die Hunde, die die Kluft überwanden, indem
sie auf Bernina zu sprangen und an ihr zu schnuppern begannen. Bernina
streichelte ohne Scheu die schwarz-weiß gefleckten Tiere. Hunde und Katzen
hatte sie immer gemocht, und außerdem half es ihr, die Verlegenheit zu überwinden.
    Was nicht nur für sie galt. Die Menschen lachten erleichtert auf,
näherten sich nun ebenfalls, setzten sich einfach um sie herum, mit gekreuzten
Beinen, direkt auf die Erde und achteten darauf, ihr die Decke zu überlassen.
    Der Reihe nach stellten sie sich vor, nannten ihre Namen,
erkundigten sich besorgt nach Berninas schmerzendem Bein, redeten auf einmal so
überschwänglich und so viel, dass Bernina kaum etwas verstehen konnte. Der
ungewohnte Akzent machte es nicht einfacher.
    Gelächter, Fragen, Vorstellungen. Noch eine ganze Weile ging das
so,

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