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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Waffen strecken würden. Ich habe dir ja schon einmal erklärt,
dass er sich mit den Franzosen verbündet hat. Damit ist er auch mit den
Schweden vereint, die vor einiger Zeit schon einmal hier im Land eine Spur des
Grauens und des Todes hinterlassen haben. Man weiß ja gar nicht mehr, wer gegen
wen kämpft. Und wofür sie überhaupt kämpfen.«
    »Und die Männer, die den Petersthal-Hof überfallen haben?«, warf
Bernina ein. »Gehörten sie auch zu diesem Arnim von der Tauber?«
    »Genau das dachte ich zunächst auch.« Die Krähenfrau nickte vor
sich hin, seufzte dabei tief auf. »Dass diese Männer eine Vorhut Arnims sind.
Ich habe mit Bauern gesprochen, die ihre Höfe im Stich lassen mussten. Außerdem
mit Leuten in Ippenheim. Die Reiter sind hier und da gesehen worden, auch in
der Nähe der Stadt.«
    »Und?«, fragte Bernina gespannt.
    »Mehr als einmal sind sie aufgefallen.« Die Stimme der Krähenfrau
wurde eine Nuance tiefer. »Immer in den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel
noch über dem Land lag. Wie aus dem Nichts tauchten sie jedes Mal auf, fast wie
Gespenster. Sie haben sich nur abgelegene Höfe ausgesucht für ihre Schandtaten.
Haben die Vorratskammern geleert, sofern darin überhaupt noch etwas Essbares
war. Haben Schweine geschlachtet, Pferde und Waffen gestohlen, haben den Frauen
Dinge angetan, die ich nicht aussprechen will.«
    »Aber niemanden getötet?«, hakte Bernina aufmerksam ein.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es nicht. Es hörte sich nur so an, als du
sagtest …«
    »Es stimmt ja auch. Niemand ist von ihnen umgebracht worden.«
    Bernina hob ihr Kinn und sah Cornix direkt in die Augen. »Findest
du das nicht seltsam?«
    »Seit Krieg herrscht, gibt es überhaupt nichts mehr, was ich
seltsam finde.«
    »Ich meine ja nur.« Mit der Hand fuhr sich Bernina durch ihr
langes blondes Haar. »Auf dem Petersthal-Hof ging es ihnen nicht einfach nur
darum, Beute zu machen. Es sah so aus, als wäre ihnen das Morden ebenso
wichtig. Sie waren blutrünstig.« Ihre Stimme klang rau. »Es war grauenhaft.«
    »Das war es.«
    »Kommt es dir nicht auch merkwürdig vor? Dass diese Fremden nur
hier bei uns …?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, unterbrach Cornix sie mit
plötzlicher Ungeduld. »Wer weiß schon, was in der Welt vorgeht, was diese
Mörder antreibt, was ihre Pläne sind, zu wem sie wirklich gehören.«
    »Es beschäftigt mich unentwegt. Was ist zum Beispiel mit diesem
Furcht einflößenden Anführer?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wen du meinst.«
    »Aber du musst ihn bemerkt haben. Man kann diesen Mann gar nicht
übersehen. Er beteiligte sich nicht an den Verbrechen, sondern schien bloß die
Befehle zu geben. Er war … ich weiß nicht einmal, wie ich ihn beschreiben
sollte.«
    »Ob du es glaubst oder nicht, ich habe ihn nicht gesehen. Ich
hatte ja genug damit zu tun, dich davon abzuhalten, irgendwelche Dummheiten zu
begehen. Am besten, du streichst ihn schnell wieder aus deinem Gedächtnis.«
    »Das ist nicht so einfach.«
    Unwirsch winkte Cornix ab. »Kind, ich kann dir nur raten, nicht
mehr ständig über all das nachzudenken. Versuche es wenigstens. Das ist der
Krieg. Der Krieg ist an allem schuld, er macht aus Menschen Bestien.«
    »Ich habe längst gemerkt, dass du nicht mehr darüber reden
möchtest.«
    »So ist es. Weil es überhaupt keinen Sinn macht, weil es uns nicht
weiterhilft.«
    Nachdenklich nickte Bernina vor sich hin. »Ja, wahrscheinlich hast
du recht.«
    »Und ob ich das habe, mein Kind.« Cornix sah sie eindringlich an.
»Zuerst wollte ich ja, dass du ein paar Tage bei mir bleibst. Zur Pflege, zur
Erholung. Aber jetzt ist mir klar, dass du einfach noch nicht fortgehen darfst.
Warte noch etwas länger. Warte, bis das Gewitter vorübergezogen ist. Wenn der
Krieg nicht mehr in unserer Gegend wütet, wird es Arbeit geben. Felder werden
zu bestellen sein, Tiere zu versorgen, Kleider zu nähen. Dann wird man dich
brauchen. Aber noch nicht heute.«
    Bernina ließ die beschwörenden Sätze auf sich wirken.
    »Warte, bis das Gewitter vorübergezogen ist«, wiederholte die
Krähenfrau.
    Damit war das Gespräch beendet, die Nacht kam, neue Tage folgten,
aus denen Wochen wurden. Es wurde noch wärmer, und oft legte Bernina beim
Sammeln von Kräutern und Beeren auf einer kleinen Lichtung eine Pause ein, um
die Sonnenstrahlen auf ihren Wangen und Armen zu spüren und dem Summen der
Insekten zu lauschen.
    Cornix war nach wie vor häufig unterwegs, auf

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