Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
etwas kaputt und musste repariert werden. Und wer, wie Josh, hier geboren war, der konnte reiten und mit Hammer und Zange umgehen, noch ehe er in der Lage war, seinen Namen zu buchstabieren.
Er trieb gerade den letzten Nagel in das von Sonne und Wind ausgetrocknete Holz des Pfostens, als er das charakteristische Klopfen eines Dieselmotors vernahm. Und das Geräusch kam näher.
Josh strich sein dunkelblondes Haar zurück und beschattete seine Augen mit einer Hand, um besser sehen zu können. Er erkannte den Geländewagen von Thomas O’Leary, dem Chef der Feuerwehr von Aorakau Valley, der direkt auf ihn zuhielt.
Was O’Leary wohl wollte? Hoffentlich kam er nicht, um von einem weiteren Unglück zu berichten.
Mit einem einzigen Hieb versenkte Josh den Nagel, legte den Hammer zurück in die Satteltasche und trat auf den Wagen des Feuerwehrchefs zu, der inzwischen nur ein paar Meter von ihm entfernt angehalten hatte.
»Was gibt’s, Chief? Habt ihr den Brandstifter endlich geschnappt?«
Der ältere Mann stieg aus und schlug die Fahrertür hinter sich zu. Dann seufzte er. »Leider nein! Der Kerl ist ausgefuchster als ein verdammtes Possum, sage ich dir!« Er zuckte mit den Schultern. »Tja, und da sind wir auch schon beim Thema: Ich war gerade auf dem Weg zu der Brandruine bei den Carruthers, als ich dich hier herumwerkeln sah.« Er zog sich die Kappe mit dem aufgestickten Emblem der Feuerwehr von Aorakau vom Kopf und strich sich über den nahezukahlen Schädel. »Ich weiß beim besten Willen nicht mehr weiter, Josh. Mindestens fünf Feuer in den vergangenen drei Monaten, und dieser Mistkerl hat nicht eine einzige verwertbare Spur hinterlassen. Die Leute vom Stadtrat und der Bürgermeister machen mir die Hölle heiß!«
»Wundert dich das?« Josh zuckte mit den Schultern. »Immerhin hat es, bevor diese Brandserie losging, schon seit einer Ewigkeit kein ernst zu nehmendes Feuer mehr in Aorakau Valley gegeben. Die Leute fürchten um ihre Existenz – und ich kann es ihnen nicht verübeln. Ich würde den Verbrecher auch lieber heute als morgen hinter Gittern sehen.«
»Meinst du denn, ich nicht?« O’Leary stöhnte. »Aber abgesehen von der Tatsache, dass der Typ immer denselben Brandbeschleuniger verwendet, können wir nicht einmal mit absoluter Sicherheit sagen, ob es sich wirklich um ein und denselben Täter handelt. Hast du keine Idee, wie man unserem Feuerteufel das Handwerk legen könnte? Ich bin mit meinem Latein wirklich am Ende, und der Sheriff ist auch keine große Hilfe.«
»Tut mir leid, Tom, aber da weiß ich auch keinen Rat«, sagte Josh und schwang sich mit einer geschmeidigen Bewegung in den Sattel. »Du meldest dich bei mir, wenn es irgendwelche Neuigkeiten gibt? Du weißt ja, dass eine der abgebrannten Stallungen meiner Familie gehört und eine weitere einem unserer Pächter. Bisher hat es ja zum Glück bloß Sachschäden gegeben, und es ist noch kein Mensch verletzt worden. Aber wenn du meine Meinung hören willst, dann ist auch das letztendlich nur eine Frage der Zeit …«
Missbilligend runzelte Chief O’Leary die Stirn. Wie viele Menschen in Aorakau war auch er sehr abergläubisch. »Es bringt Unglück, so daherzureden! Wenn jetzt wirklich etwaspassiert, dann wirst du dich ewig dafür verantwortlich fühlen.«
»Unsinn!«, entgegnete Josh. »Verantwortlich ist allein die Person, die die Brände legt – sonst niemand.« Er tippte sich an seinen Akubra, trieb sein Pferd an und bedeutete Nemesis und Abraxas mit einem schrillen Pfiff, ihm zu folgen.
Auf dem Weg zurück nach Emerald Downs, dem Farmhaus seiner Familie, dachte er darüber nach, ob Chief O’Leary nicht vielleicht doch recht hatte. Forderte er vielleicht mit seiner Angewohnheit, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, das Schicksal heraus?
Früher war er nicht so gewesen, ganz im Gegenteil sogar. Er hatte zu den unverbesserlichen Optimisten gehört, jenen Menschen, die selbst der schlimmsten Situation immer noch etwas Positives abgewinnen konnten. Sein Bruder war derjenige von ihnen gewesen, der immer alles eine Ewigkeit weit vorausplante und sämtliche Risiken gegen den möglichen Nutzen abwog. Doch seit Ronan nicht mehr da war …
Josh zwang sich, den Blick von dem kleinen umzäunten Grundstück fernzuhalten, auf dem sich der Familienfriedhof befand. Hier lagen Generationen von Woods begraben, darunter auch Joshs Vater, seine Groß- und seine Urgroßeltern.
Die meisten von ihnen waren alt geworden, einige, wie sein
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