Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
warum seine Mutter sich so aufregte. Wasser war überlebenswichtig für jeden Schaffarmer. Wer nicht in der Lage war, seine Tiere zu tränken, konnte über noch so viel Land verfügen, es würde ihm nicht viel bringen. Umso wichtiger war das Grundstückdes verstorbenen Ben Makepeace, das direkt an die riesigen Wood-Ländereien grenzte und über einen kleinen Süßwassersee verfügte, der vom Silver Creek gespeist wurde.
»Meiner Meinung nach solltet ihr unter diesen Umständen erst recht darüber nachdenken, ob die Zukunft unserer Familie wirklich in der Schafzucht …«
»Genug!« Wütend ließ Geraldine die flache Hand auf den Tisch niedersausen, sodass Teller, Gläser und Besteck klirrten. Im Esszimmer war es jetzt so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. »Ich habe es schon Ronan erklärt, und meine Meinung hat sich in der Zwischenzeit nicht geändert: Wir verdienen unseren Lebensunterhalt seit Generationen mit der Schafzucht, und daran wird sich auch nichts ändern – jedenfalls nicht, solange ich hier etwas zu sagen habe! Es wird keine Ferienhütten geben, Joshua. Nicht auf Wood-Land!«
Zuerst wollte Josh protestieren, doch dann fiel ihm auf, dass sie ihm dieses Mal mit ihren Worten unbeabsichtigt eine goldene Brücke gebaut hatte.
»Du sagst also, dass du nicht damit einverstanden bist, dass Ferienhütten auf unserem Land entstehen, richtig?« Er machte eine kurze, bedeutungsvolle Pause. »Aber was wäre, wenn es mir gelänge, die Farm des alten Ben für uns zu gewinnen? Würdest du mir erlauben, dass ich mein Vorhaben auf Makepeace-Land realisiere?«
»Gut pariert!«, warf Maggie lächelnd ein. Sie hatte schon vor allen anderen begriffen, worauf ihr Bruder hinauswollte.
Auch Geraldine wirkte widerwillig beeindruckt. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Nun, wenn es dir wirklich gelänge, die Wasserstelle für uns zu sichern …«
»Ja?«
Sie machte eine alles umfassende Handbewegung. »Dannkannst du mit dem Rest des Landes machen, was immer du willst.«
Ja! Josh unterdrückte einen triumphierenden Aufschrei.
»Aber ich warne dich«, fuhr seine Mutter fort und hob drohend den Zeigefinger. »Unsere Abmachung gilt, wenn du es schaffst, mir einen hieb- und stichfesten Kaufvertrag mit einem realistischen Preis für die Makepeace-Farm vorzulegen. Sollten Preston oder ich dir zuvorkommen …«
»… dann ist unsere Vereinbarung hinfällig«, vollendete Josh den Satz für sie. Er rückte seinen Stuhl zurück und erhob sich. »Ihr entschuldigt mich? Ich habe sowieso keinen Hunger und möchte noch eine kurze Kontrollrunde machen. Seit dieser Brandstifter in der Gegend sein Unwesen treibt, kann ich einfach besser schlafen, wenn ich noch einmal nach dem Rechten gesehen habe.«
»Viel Glück bei deinen Plänen«, rief Maggie ihm nach, als er das Esszimmer verließ.
Die scharfe Zurechtweisung ihrer Mutter wurde vom Zufallen der Tür verschluckt.
»Ich schlafe doch nicht mit meinem kleinen Bruder in einem Zimmer!« Energisch schüttelte Kim den Kopf. »Das kannst du vergessen, Mom!«
Es war schon recht spät am Abend, und der Mond tauchte das weite Land rund um die Makepeace-Farm in silbriges Licht. Shelly fühlte sich schrecklich erschöpft. Im Gegensatz zu den Kindern, denen immerhin eine kurze Verschnaufpause auf der Couch vergönnt gewesen war, hatte sie den Nachmittag und frühen Abend damit verbracht, gemeinsam mit Emily einige der unbenutzten Zimmer im Obergeschoss des Hauses herzurichten, sodass sie alle einen Platz zum Schlafen haben würden.
Jetzt saß sie nach dem Abendessen mit Emily und den Kindern an dem riesigen Esstisch in der Küche und fühlte sich so müde und zerschlagen wie selten zuvor in ihrem Leben.
Umso weniger stand ihr der Sinn nach einer erneuten Auseinandersetzung mit Kim. Sie wusste ganz einfach nicht, woher sie die Kraft nehmen sollte, ihrer Tochter in ihrem augenblicklichen Zustand die Stirn zu bieten.
»Bitte, Kim, es ist doch nur für ein paar Nächte, bis …«
»Niemals!«, wetterte Kim, strich sich das schwarz gefärbte Haar aus den Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast dir das alles hier ausgedacht, Mom! Es war deine Idee, Will und mich aus unserer gewohnten Umgebung zu reißen und uns in dieses gottverlassene Kaff in Neuseeland zu verfrachten! Du hast uns unsere Freunde weggenommen! Und Dad sitzt im Gefängnis, und wir können ihn nicht einmal besuchen! Ich sehe nicht ein, dass wir jetzt noch weiter zurückstecken
Weitere Kostenlose Bücher