Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Mutter so etwas wie Sympathie entgegenzubringen. Geraldine verdiente ihre gerechte Strafe, ja – aber der Groll und der Zorn, den sie einmal für sie empfunden hatte, waren verschwunden.
»Wollen wir nicht einfach noch mal von vorne anfangen? Ich meine, jetzt, wo wir ja praktisch Partner sind?«
Geraldine nickte. Ihr Lächeln war noch verhalten, aber es war ein Anfang.
Shelly hatte ihren Plan wahr gemacht und praktizierte wieder als Tierärztin. Doc Halligan war froh und erleichtert gewesen, endlich einen kompetenten Nachfolger für seine Praxis gefunden zu haben, unterstützte sie aber noch eine Weile, bis er sich in ein paar Wochen endgültig aufs Altenteil zurückziehen würde.
Ihre Schafe waren in den Viehbestand von Emerald Downs integriert worden, wofür Shelly anteilig an den Gewinnen aus Schur und Zucht beteiligt wurde. Im Gegenzug gewährte sie den Tieren von Emerald Downs freien Zugang zur Wasserstelle auf ihrem Grundstück.
Josh hatte sie erlaubt, das Land am Ufer des Silver Creek für seine Zwecke zu nutzen. Die Arbeiten an den Bungalows hatten bereits begonnen, und es lagen sogar schon die ersten Buchungen vor.
Emily wohnte natürlich noch immer bei ihnen auf der Farm. Sie war für Shelly im Laufe der Monate zu einer unverzichtbaren Freundin und Vertrauten geworden. Und so spürte Shelly auch, dass es zwischen Emily und Hal heftig knisterte. Sie gab den beiden noch höchstens zwei Monate, bevor sie sich öffentlich zu ihrer Liebe bekannten.
Manchmal konnte Shelly es gar nicht glauben, doch es schien tatsächlich alles gut zu werden.
»Geht das da hinten auch ein bisschen leiser?«, rief sie knapp eine halbe Stunde später Will und Kim zur Ordnung, die sich auf der Rückbank des Wagens freundschaftlich kabbelten.
»O Mann, Mom!«, stöhnte Kim theatralisch. »Du warst wohl nie jung, was?«
Lächelnd blickte Shelly Josh an, der neben ihr am Steuer saß. Und sie fragte sich, was ihre Tochter wohl davon halten würde, wenn sie ihr sagte, dass sie sich schon lange nicht mehr so jung und so unbeschwert gefühlt hatte wie in diesem Augenblick.
Und als sie dann das Schild passierten, das am Ortseingang von Aorakau Valley Neuankömmlinge begrüßte, huschte ein versonnenes Lächeln über ihre Lippen.
WELCOME TO AORAKAU VALLEY – HAERE MAI!
Du bist eingeladen, deinen Ärger, deine Unzufriedenheit und deine Fragen mitzubringen. Aber wenn du gehst, nimm Frieden, Gelassenheit und Freundschaft mit.
Sie erinnerte sich noch gut an jenen Tag, an dem sie diese Worte zum ersten Mal gelesen hatte. Damals war sie schrecklich unglücklich gewesen und voller Angst vor dem, was die Zukunft ihr bringen mochte. Wie anders sah ihr Leben dagegen heute aus!
Sie hatte Frieden geschlossen: Frieden mit ihrer Vergangenheit und sogar mit Geraldine – aber vor allem mit sich selbst. Sie ruhte in sich, ging gelassener mit den Herausforderungen um, die jeder neue Tag mit sich brachte, und sie hatte neue Freundschaften geschlossen mit wunderbaren Menschen, ohne die sie sich ihr Dasein kaum mehr vorstellen konnte.
Doch vor allem hatte sie eines gefunden: einen Seelenverwandten.
Josh war der Mensch, bei dem sie das Gefühl hatte, zu Hause angekommen zu sein. Vielleicht, überlegte sie, sollte man die alte Maoriweisheit ein wenig abwandeln.
Du bist eingeladen, deinen Ärger, deine Unzufriedenheit und deine Fragen mitzubringen. Und du wirst bleiben, denn hier findest du Frieden, Gelassenheit, Freundschaft – und Liebe …
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