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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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er versuchen, sie zurück in den Schoß der Kirche zu treiben.«
    »Oh Gott, die arme Maria!«, entfuhr es Zahra. Die Dienerin war schon vor vielen Jahren zum muslimischen Glauben übergetreten, und auch ihr Sohn war nicht getauft, sondern besuchte mit Zahras Söhnen die Koranschule.
    »Manchmal verfügst du über eine bemerkenswerte Doppelmoral«, knurrte Jaime. »Du selbst würdest niemals zum christlichen Glauben übertreten und regst dich über jeden auf, der es tut, aber umgekehrt würdest du jeden Christen, der zu deinem Glauben wechselt, vor lauter Freude am liebsten umarmen!«
    »Und was hat Cisneros noch vor?«, hakte Abdarrahman nach. »Vor allem mit uns, meine ich.«
    »Das weiß ich nicht, aber allzu viel kann er nicht ausrichten, weil ja in der Kapitulationsvereinbarung die Glaubensfreiheit zugesagt worden ist. Deswegen verstehe ich auch nicht, worauf sich die Hoffnung der Könige stützt …«
    Unwillig sah Zahra zu ihrem Sohn. Es behagte ihr nicht, dass er seinen Vater ausfragte, zumal sie sicher war, dass er dessen Antworten an anderer Stelle weitergeben würde – und Jaime seine Antworten, wenn er dies wüsste, ganz gewiss anders formulieren würde. Was passiert hier mit uns?, fragte sich Zahra. Wohin soll das führen, wenn jetzt schon die Söhne die Väter aushorchen? Und wo stehe ich in dem Ganzen? Müsste ich Jaime nicht zumindest warnen? Ist es mit uns in der Tat schon so weit gekommen, dass der Vater vor dem Sohn gewarnt werden muss?
    Als Jaime einen Moment den Blick senkte, packte Zahra endgültig das schlechte Gewissen. Sie versetzte ihrem Sohn einen festen Rippenstoß und machte ihm mit gekrauster Stirn ein Zeichen, zurück ins Haus zu gehen. In Abdarrahmans Augen trat dunkler Trotz, aber schließlich gab er nach und verzog sich unter einem Vorwand. Zahra nahm sich vor, gleich am nächsten Tag ein ernstes Gespräch mit ihm zu führen.
     
    Maria weinte sehr, als Zahra sie über Cisneros’ Pläne unterrichtete, trotzdem war sie nicht bereit, sich wieder als gläubige Christin in die Kirche einzugliedern. »Niemals!«, schluchzte sie. »Nach all dem, was meine Landsleute mir angetan haben, werde ich ganz gewiss nicht in den Schoß ihrer Kirche zurückkehren! Bitte, Herrin, Ihr dürft mich nicht verraten, lasst mich bei Euch bleiben!«
    Zahra musste daran denken, wie Raschid und sie Maria damals – fast noch ein Kind war sie gewesen – vor ihrem kastilischen Herrn gerettet hatten, der sie über Jahre geschunden und missbraucht hatte. Später hatte Maria ihnen erzählt, dass sie in ihrer Verzweiflung sogar den Pfarrer ihres Dorfes bei der Beichte um Hilfe angefleht hatte, doch dieser hatte lediglich gesagt, dass sie an allem die Schuld trage, weil sie ein verderbtes Weib sei, und sie aufhören müsse, ihren Herrn zu reizen. Zur Buße erlegte er ihr zehn Vaterunser und zehn Ave-Maria auf. Außerdem musste sie ihm auf die Bibel schwören, vor ihrem Herrn fortan züchtig die Augen niederzuschlagen. An ihrer Situation hatte sich dadurch natürlich nichts geändert.
    Zahra verstand nur zu gut, dass Maria nichts mehr mit den Christen zu tun haben wollte, aber sie wusste nicht, wie sie sie schützen sollte. Schließlich kamen sie überein, Maria fortan nicht mehr mit ihrem christlichen Namen, sondern mit der arabischen Übersetzung von Maria, Maryam, anzusprechen. So würden sie auf der Straße oder im Haus, wenn sie nach ihr riefen, nicht gleich die Aufmerksamkeit von Christen auf sie lenken. Mit den Tagen beruhigte sich Maria – Maryam – so weit, dass sie in der Woche darauf Zahra sogar nach Granada begleiten wollte, wo diese Deborahs Vater bei der Pflege eines Schwerkranken unterstützen sollte. Wohnen konnten sie in ihrem Stadthaus, für das sie weiterhin Miete zahlten.
    Da Zahra Stoffe für neue Winterkleidung brauchte, ging sie an ihrem ersten Abend in der Stadt zusammen mit Maryam und Zubair in den Suq. Seit dem Sommer war Zahra nicht mehr dort gewesen, und nicht nur sie, sondern auch Maryam wunderte sich, wie viele Christen dort jetzt anzutreffen waren. Ihr fiel ein, dass Jaime von den Bemühungen der Könige erzählt hatte, in und um Granada herum mehr Christen anzusiedeln, indem man den Umsiedlern sogar Land schenkte und sie in der ersten Zeit überdies kostenlos mit Weizen und Fisch versorgte, aber die Vielzahl der Christen versetzte sie trotzdem in Erstaunen.
    Nachdem Zahra ein paar prächtige Wollstoffe für die Djellabas ihrer Söhne erstanden hatte, erblickte sie einen

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