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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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aufgerufen, das Regentenpaar würdig zu begrüßen, auf seine Bitte jedoch kein Echo erhalten. Erst als sich auch Erzbischof Talavera für einen ehrenvollen Empfang von Isabel und Fernando eingesetzt hatte, war Bewegung unter die Mauren gekommen – allerdings einzig und allein Talavera selbst zuliebe, der sich in diesen Jahren wie kein zweiter Christ die Achtung und Zuneigung der Mauren erworben hatte. Am Tag der Ankunft des Königspaares standen von der Plaza de Bibarrambla bis zur Anhöhe von Gomérez fast dreißigtausend Mauren dicht gedrängt Spalier und boten in der gleißenden Sonne mit ihren weißen maurischen Festtagsgewändern einen mächtigen Anblick – anscheinend zu mächtig für die Könige, denn anstatt sich über die große Masse der sie willkommen Heißenden zu freuen, waren Isabel und Fernando entsetzt darüber, wie unverändert maurisch alles in Granada geblieben war. Ihr weiterer Aufenthalt in der Stadt konnte diesen ersten Eindruck nur noch verstärken: In den Gassen herrschte weiterhin das gutturale Arabisch der Mauren vor, das Straßenbild war geprägt von wehenden Tuniken und Schleiern, aus den Häusern wehte der Duft von stark gewürzten maurischen Gerichten, und fünfmal am Tag erschallte der durchdringende Ruf des Muezzins über den Dächern der Stadt. Nicht weniger störten sich die Könige an dem »Freitagsgehabe« der Muslime mit den rituellen Waschungen und Moscheebesuchen, und dass an diesem Tag niemand von ihnen arbeitete, während sie am Sonntag, dem christlichen Ruhetag, überall emsig schafften und werkelten – in den Augen der Könige ein Trauerspiel, das dem Herrn spottete. Tief enttäuscht hielt Isabel Talavera vor, dass sich in den mehr als fünf Jahren ihrer Abwesenheit nichts geändert habe, und auch wenn Talavera ihr lange Listen von Bekehrungen vorlegen konnte, war dies Isabel nicht genug. »Wir sind ein christliches Land«, erwiderte sie kühl, »und das sollte man nach dieser langen Zeit endlich auch sehen und fühlen können!«
    Aus diesem Grund konnte es Zahra nicht überraschen, dass Isabel zu härteren Maßnahmen greifen wollte. »Und was genau soll Cisneros hier ausrichten? Eigentlich hat die Inquisition doch nur Zugriff auf Christen – und die Ketzer unter ihnen.«
    »Auf jeden Fall kann er seine Spitzel auf die getauften Juden ansetzen …« Abdarrahman hob die Achseln. »Immerhin ist die Inquisition auch in La Guardia gegen Nicht-Christen vorgegangen … Und wie man hört, erhoffen die Könige von Cisneros, dass er in den Gassen Granadas endlich für christliche Ordnung sorgt.«
    »Aber wir haben doch niemandem etwas getan, ich meine, er kann uns schließlich nicht zwingen, christlich zu werden, wir sind durch die Kapitulationsbedingungen geschützt und dürfen unseren Glauben frei ausüben!«
    »Dürfen ja, aber wir sollen nicht!« Abdarrahman warf seiner Mutter einen beredten Blick zu. »Ich befürchte, Talavera war das Angebot zur Konversion – Cisneros wird der Zwang dazu werden. Was ich bisher gehört habe, lässt leider darauf schließen, dass Cisneros auch nicht vor Gewalt zurückschrecken wird, um uns zum Glaubensübertritt zu bewegen. Und das sehen wir alle so!«
    Bei Abdarrahmans »wir alle« zogen sich Zahras Augenbrauen zusammen. Sie wusste, dass ihr Sohn sein Medizinstudium in der der Moschee angeschlossenen Medresse zwar sehr ernst nahm, sich dort aber auch häufig mit einer Gruppe von Freunden traf, die schon vor Cisneros’ Eintreffen in der Stadt mit den herrschenden Umständen unzufrieden gewesen waren. Da die Gruppe bisher nichts weiter getan hatte, als eine Handvoll Beschwerdebriefe zu schreiben, hatte Zahra keinen Grund gesehen, ihrem Sohn den Umgang mit den überwiegend jungen Leuten zu verbieten, und Jaime nichts davon gesagt.
    »Vor allem Musheer wettert gegen Cisneros«, berichtete Abdarrahman weiter. »Er meint, dass wir Druck auf die Faqihs und den Imam ausüben sollten, damit sie unter Berufung auf die Kapitulationsvereinbarungen bei der Königin vorstellig werden. Wir können es uns nicht leisten, einfach nur zuzusehen und abzuwarten. Immerhin hat die Inquisition mit der Verurteilung der Juden in La Guardia schon einmal bewiesen, dass sie durchaus auch außerhalb der eigenen Reihen zuschlägt, wenn sie es für nötig hält!«
    »Abdu, meinst du nicht, du solltest solche Dinge anderen überlassen? Ich will nicht, das du da reingezogen wirst, und wenn dein Vater davon erfährt …«
    »Das wird er nicht, Mutter, seid gewiss,

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