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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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erzeugen – und in hohen Dosen tödlich war. Obwohl es in dem Raum überraschend warm war, ohne dass Zahra eine Heizstelle ausmachen konnte, fröstelte es sie. Da entzündete sich wie von Zauberhand die Flamme einer Öllampe, hinter dessen flackerndem Schein die dunklen, in tiefen Höhlen liegenden Augen der Greisin aufflammten. Zahra erschrak und sah zu Tamu, doch die wirkte ebenso ruhig wie zuvor. Tamu begrüßte die Wahrsagerin und murmelte: »Ihr wisst, warum wir gekommen sind …«
    Die alte Najah nickte. »Setzt Euch, setzt Euch«, krächzte sie und wies vor sich.
    Zahra und Tamu ließen sich gegenüber der Wahrsagerin nieder. Zwischen ihnen gab es nur das niedrige Tischchen, auf dem die Öllampe stand. Ihr flackernder Schein lenkte Zahras Blicke immer wieder auf die eindrücklichen Augen der Alten. Sie sah, wie die alte Najah eine Handvoll Kaurimuscheln in die Linke nahm, die Hand verschloss, sie vor den Mund hob und mit einem dumpfen Singsang unverständliche Worte hinein murmelte. Danach hieß sie Zahra ihre Hand öffnen und ließ eine große Zahl Kaurimuscheln hineingleiten. Die kleinen, ovalen Muscheln wiesen in ihrer Mitte eine längliche Öffnung auf; einige waren schneeweiß, andere braun gesprenkelt, eine von rötlichem Ton. Erst nach Tamus einverständlichem Nicken wagte Zahra, die Muscheln in der Hand zu behalten.
    »Und jetzt nimm sie in die Rechte, die Rechte«, raunte die alte Najah ihr zu.
    Zahra folgte der Anweisung.
    »Und jetzt denk an dein Kind, und wenn du es deutlich vor dir siehst, puste in deine Hand und wirf die Muscheln direkt anschließend auf den Tisch!«
    Wieder tat Zahra, wie ihr geheißen.
    Sieben der zwölf Muscheln blieben mit der offenen Seite nach oben liegen, die anderen mit der verdeckten. In der Mitte der Muscheln lag die rote Kauri – und zeigte sich offen.
    »Was … was bedeutet das?« Zahras Stimme zitterte.
    Statt einer Antwort ließ die Alte ein leises, beständig anschwellendes Murmeln ertönen. Plötzlich erlosch die Flamme der Öllampe wie von Geisterhand, ohne dass Zahra, die der Flamme ebenso nah war wie die Alte, auch nur den geringsten Lufthauch wahrgenommen hatte. Mit der Flamme erstarb auch das Murmeln der Greisin. Zahra stockte der Atem. Sie tastete nach Tamus Hand.
    »Sag dem Christen, er soll sich beeilen«, erklang da eine Stimme, die ganz anders als die der alten Najah klang und von der Zimmerdecke zu kommen schien. »Noch lebt dein Kind, aber ihm droht Gefahr – und der Entführer hat es auch auf dich und deine Schwester abgesehen. Hüte dich! Deine Tochter … sie ist nah … nah …«
    »Aber … aber wo genau finde ich mein Kind?«, stammelte Zahra. »Wo? Und von welcher Gefahr und welchem Mann redet Ihr? Wer ist der Entführer?«
    Die Alte schloss die Augen und wandte sich von ihnen ab. Tamu machte Zahra ein Zeichen, dass sie gehen müssten.
    »Aber wir können noch nicht gehen, Tamu! Bitte, Najah, ich flehe Euch an, sagt mir, wo genau ich meine Tochter finde!«, drängte Zahra, doch die Wahrsagerin drehte sich nicht wieder zu ihnen um.
    Als sie auf die Straße traten, empfingen sie am Himmel dicke, schwarze Wolken, und von der Ferne rollte ein Donner. Dann schossen auch schon die ersten, heftig züngelnden Blitze über den Himmel, wieder und wieder – und obwohl die Luft voll davon zu sein schien, fiel kein Tropfen Regen.
     
    Auch zu Hause gelang es Zahra nicht, sich wieder zu beruhigen. »Wir haben nur noch wenig Zeit, um Chalida zu retten, sagt die alte Najah. Und wie viel Zeit ist ›wenig Zeit‹?«, rief sie, während sie immer aufgeregter im Wohnraum hin- und herlief. »Und wo sollen wir sie überhaupt suchen? Warum hat sie uns denn nicht noch mehr verraten?«
    »Weil sie nur die Bilder wiedergeben kann, die ihr erscheinen«, erwiderte Tamu mit einem ungeduldigen Seufzen. »Wichtig ist jetzt vor allem, dass Ihr endlich mit Eurem Mann und Eurem Bruder redet!«
    »Aber du kennst sie doch: Sie werden mich auslachen! Und was sollte ich ihnen auch sagen? Ich weiß doch genauso wenig wie vorher, wo Chalida ist!«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Tamu. »Die Wahrsagerin hat bestätigt, was Euer Mann vermutet: Chalida ist in der Nähe, und das kann nur bedeuten, dass sie in der Stadt ist!«
    »Aber wo, WO ?« Das zweite Wo schrie Zahra fast aus sich heraus und sackte danach mit dem Rücken gegen die Wand. »Allmächtiger«, stöhnte sie, »warum hilfst du mir nicht …«
    Auf Tamus Drängen hin sprach Zahra am Abend doch mit Jaime

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