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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Ich schwöre beim Allmächtigen: Wenn du jetzt nicht sofort das Maul aufmachst, zertrümmere ich dir deine miese kleine Visage, bis dich selbst deine Frau nicht mehr wiedererkennt!«
    Der Mann sackte in sich zusammen und riss schützend die Arme über den Kopf. »Bitte nicht, Sayyidi, bitte nicht! Ich … ich … Vielleicht fällt mir ja doch noch etwas ein!«
    »Ich höre!«
    »Es … es war einer … einer der unseren. Er ist … e-etwa in Eurem Alter, und das letzte Mal hat jemand auf ihn gewartet, ein … ein ganz junger Bursche.«
    »Weiter, weiter!«
    »Nichts weiter, Herr, ich schwöre!«
    Als Raschid ihn noch höher anhob, haspelte er: »A-aber mir ist aufgefallen, dass ihm e-ein Finger fehlt. Der kleine, glaube ich, doch, der kleine an der rechten Hand war’s!«
    Raschid starrte ihn entgeistert an, denn sofort erschien vor seinem inneren Auge das Bild von Shihab – den seine Schwester ihm oft genug als »irgendwie unheimlich« beschrieben hatte; aber da seine Nachforschungen über den Kerl nie mehr ergeben hatten, als dass er als Brotbäcker in der Stadt arbeitete, hatte er deren Verdacht nicht weiter verfolgt.
    Raschid ließ so plötzlich von dem Händler ab, dass dieser ins Straucheln geriet und gegen seine Auslagen fiel, die krachend zu Boden gingen. Ruckartig wandte sich Raschid zum Gehen. An der Tür knurrte er: »Und wehe dir, wenn du mich angelogen hast!«
    Als Raschid den Suq verließ, drängte es ihn danach, umgehend Gonzalo zu treffen. Dieser war vor fünf Tagen nach Granada zurückgekehrt. Er hatte keinerlei Spuren von Jaime finden können und war zutiefst betroffen gewesen, als er von Raschid erfahren hatte, dass nun auch Zahra und ihre Schwester verschwunden waren. Seither standen die beiden Männer in ständigem Kontakt miteinander. Raschid fand es bemerkenswert, wie sehr der kastilische Grande, den er nicht erst seit den Übergabeverhandlungen nach der Kapitulation der Mauren im letzten Jahr kannte, sich bemühte, ihm bei der Suche nach Zahra und Zainab zu helfen. Gonzalo hatte ihm sogar drei seiner Wachleute überlassen, damit die anderen Familienmitglieder besser beschützt werden konnten.
    Um den Kastilier baldmöglichst treffen zu können, schickte Raschid seinen Diener in die Alhambra, wo er Gonzalo vermutete, und ließ ihn seine Bitte überbringen, sich am frühen Abend im Dar al-’attar zu treffen, der nur eine Straße von Shihabs Haus entfernt lag und wo viele Männer dem Genuss des nach dem Koran verbotenen Alkohols frönten. Wie jeder strenggläubige Muslim mied Raschid die Hanuts, die Tavernen, aber in diesem Fall konnte er darauf keine Rücksicht nehmen. Er wollte keinesfalls von Shihab auf der Straße oder in der Nähe seines Hauses gesehen werden, und der Dar al-’attar war bestens geeignet, um unauffällig unterzutauchen.
     
    Schon am Eingang stieß Raschid auf die ersten Betrunkenen. Er drängte sich an ihnen vorbei und tauchte ein in den schummrigen Raum. In dem vollbesetzten Lokal ging es laut und ausgelassen zu. Von allen Seiten schlugen Raschid Stimmen, Musik und klingendes Gelächter entgegen, dazu kam der aufdringlich süßliche Duft von Opiaten, schweren Parfüms und scharf gebranntem Alkohol. Eine fast gänzlich in Gaze gehüllte Frau drückte sich hautnah an ihm vorbei und versuchte, ihn mit sich zu ziehen. Als Raschid sie beiseitestieß, spuckte sie ihm vor die Füße. Endlich entdeckte Raschid Gonzalo: Er saß in der hintersten Ecke auf einem Sitzkissen und nippte an einem Becher Wein. Als er Raschid kommen sah, erhob er sich und begrüßte ihn auf maurische Art. »Friede sei mit Euch, Raschid!«
    Auch Raschid berührte mit der linken Hand grüßend Brust und Stirn. »Wa alaikum as-Salam. Und Friede sei mit Euch, Gonzalo!«
    Sie nahmen auf den wenig reinlichen und alles andere als weich gepolsterten Kissen Platz. Raschid entschuldigte sich bei ihm für den Ort des Treffens. »Aber wenn ich Euch gleich erklärt habe, warum ich Euch sehen musste, werdet Ihr mir recht geben, dass dies der beste Ort dafür war!«
    Mit knappen Worten berichtete er Gonzalo von seiner Unterredung mit dem Händler. »Die Beschreibung passt auf einen jungen Mann, der sich seit einiger Zeit um eine unserer Dienerinnen bemüht und dem Zahra von Anfang an misstraut hat. Leider habe ich ihrem Gefühl nicht genug Beachtung geschenkt. Wenigstens weiß ich, wo er wohnt, und habe zwei meiner Leute in der Nähe seines Hauses plaziert. Sobald der Kerl dort auftaucht, wird uns einer von

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