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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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was hättest du anderes tun sollen, als dich zu wehren?«, versuchte Deborah, ihr die Last des Gewissens zu nehmen, und im Grunde ihres Herzens wusste Zahra, dass sie recht hatte, und das noch mehr, wenn sie Chalida ansah, der Ibrahim nun ebenfalls nie mehr etwas antun konnte – oder Zainab, die seit der Nachricht von seinem Tod wie ausgewechselt war: Seit sie ein Kind war, hatte Zahra ihre Schwester nicht mehr so unbeschwert lachen und singen hören!
    Raschid verhandelte unterdessen mit dem neuen Besitzer der Seidenfarm über einen Rückkauf. Zunächst hatte er versucht, seine Schwestern von dieser Idee abzubringen, zumal die Farm nach einem Überfall der Christen niedergebrannt war und ganz neu aufgebaut werden musste. Zudem wollten er und Jaime ohnehin lieber näher bei der Alhambra wohnen bleiben. Dann aber sprach sich auch Deborah aus gut nachvollziehbaren Gründen für eine Rückkehr auf die Farm aus: »Raschid, es ist ja nicht nur, dass wir wohl alle unsere glücklichsten Tage auf der Seidenfarm verlebt haben, sondern auch, dass ich seit meiner erzwungenen Taufe das Gefühl habe, ständig von den Christen beobachtet und verfolgt zu werden – was sich bis in meine Träume hinein fortsetzt! Wenn wir auf die Seidenfarm ziehen würden, könnte ich mich viel geschützter fühlen: Hinter den hohen Mauern, die das Wohnhaus umgeben, könnte ich es wagen, freitagabends die Schabbatkerzen anzuzünden, den Segen über Wein und Brot zu sprechen und die Schabbatlieder zu singen. Ach, Raschid, vielleicht fände ich sogar den Mut, für den Schabbat wieder Challot zu backen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr mir der Duft meiner geflochtenen Hefezopfbrote fehlt! Und wenn sich alles noch ein bisschen beruhigt hat, könnte ich womöglich sogar ab und an ein paar jüdische Freunde auf die Farm einladen, um den Schabbat gemeinsam zu feiern!«
    Leider wollte der neue Eigentümer der Seidenfarm, ein Kastilier, weit mehr für die Farm haben, als er im Vorjahr dafür bezahlt hatte, obwohl er bisher noch nichts zur Instandsetzung der niedergebrannten Gebäude getan hatte. Doch natürlich hatte er rasch begriffen, dass die Farm für Zahras Familie etwas Besonderes war. Nicht einmal Jaime hatte den Kastilier umstimmen können, und so mussten sie nach wochenlangen Verhandlungen ihren Traum fürs Erste begraben.
    Eines Abends stand Gonzalo vor ihrem Haus und wollte Jaime oder Raschid sprechen. Obwohl beide nicht im Haus waren, wies Zahra den Diener an, Gonzalo hereinzubitten. Sie verschleierte sich, bat Zainab, es ihr gleichzutun und mit ihr nach unten zu gehen, um Gonzalo zu empfangen.
    »Du weißt genau, dass das nicht stattlich ist!«, schimpfte Zainab. »Jaime wird verärgert sein, und auch Raschid wird es nicht gefallen, dass du Gonzalo empfangen hast! Das gehört sich einfach nicht!«
    »Musst du immer gleich so ein Drama machen?«, zeterte Zahra los. »Jetzt überleg doch mal selbst: Wenn Gonzalo sich persönlich herbemüht, muss es um etwas sehr Wichtiges gehen, also sei nicht strenger als der Imam! Außerdem will ich ihn ja gar nicht allein empfangen, sondern habe dich gerade gebeten, mit mir zu kommen, und die Diener sind auch noch im Haus! Und nun leg endlich deinen Schleier an, oder willst du ihn ewig da unten warten lassen?«
    Vor sich hin grummelnd, verhüllte Zainab ihr Gesicht unter dem Niqab, legte den Hidschab um und folgte Zahra die Treppe hinunter. Anders als erwartet, befand sich Gonzalo nicht im Wohnraum, sondern lief im Innenpatio auf und ab und wirkte so aufgeregt, dass Zahra nicht anders konnte, als ihrer Schwester ein »Siehst du, habe ich es dir nicht gesagt, dass es um etwas Wichtiges gehen muss?« zuzuzischen. Allerdings hätte Zainab ihr im nächsten Moment ebenfalls ein »Siehst du!« an den Kopf werfen können, denn als Gonzalo Zahra kommen sah, strahlte er sie so offen an, dass ihr Treffen schon allein aus diesem Grund gegen jegliche guten Sitten verstieß. Zahra dankte dem Allmächtigen, dass Jaime dies nicht sehen konnte und damit Schlimmeres verhindert wurde.
    Mit bewusst gesenktem Blick trat Zahra vor Gonzalo hin und begrüßte ihn. »Es tut mir leid, dass Ihr weder meinen Bruder noch Jaime antrefft, aber wir erwarten beide erst in einer guten Stunde zurück. Wollt Ihr auf sie warten, oder können auch wir Euch weiterhelfen?«
    »Oh, ich muss sie nicht sprechen, ich wollte Euch einfach nur die guten Nachrichten überbringen, die ich für Euch habe – zumindest denke ich, dass sie Euch

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