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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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einem Wappen aufgestellt, das sie nicht kannte. Der Ritter, der gerade angeprescht kam und schwungvoll von seinem Pferd sprang, um den Aufbau seines Zeltes zu begutachten, hatte rote Locken und einen roten Bart. Zunächst sah sie ihn nur von hinten, aber sie ahnte es schon und richtig: Als er sich umdrehte und herrische Befehle an seine zwei Knechte erteilte, erkannte sie ihn wieder. Gero von Hochstaden. Eine Begegnung mit ihm hatte ihr gerade noch gefehlt. Schnell zog sie ihre Kapuze über und verdrückte sich unauffällig hinter ein Pferd, um nicht gesehen zu werden. Sie konnte es aber nicht lassen, sich zu bücken, so dass sie unter dem Bauch des Pferdes zu Gero hinüberspähen konnte. Irgendetwas irritierte sie, und dann wusste sie es: Sein Zelt und Schild trugen nicht das Wappen der Hochstadens, sondern ein anderes. Ein rot gekrönter, gezungter, zweigeschwänzter goldener Löwe auf blauem Grund, unterlegt mit drei silbernen Mispelblüten. Sie musste unbedingt Bruder Thomas fragen, der sich in solchen Dingen gut auskannte und ihr bestimmt sagen konnte, zu welchem Adelsgeschlecht das Wappen gehörte. Gero scheuchte seine zwei Knechte herum. Der eine hatte einen kahlen Schädel und war glattrasiert, der andere trug lange braune Haare und eine schwarze Augenklappe, die sein brutales Aussehen nur noch verstärkte. Anna kamen sie bekannt vor, und dann fiel es ihr auch wieder ein. Sie war ihnen im Kloster Heisterbach begegnet: Geros Spießgesellen.
    Instinktiv wich sie ein paar Schritte zurück, als der Ältere mit der Augenklappe in ihre Richtung schaute, und stieß heftig mit dem Rücken gegen jemanden, der sie sogleich festhielt. Anna schrak zusammen.
    »Verzeiht mir, das war keine Absicht«, sagte sie, unangenehm berührt, und drehte sich um. Der Mann hielt sie immer noch fest und sah ihr so intensiv in die Augen, dass sie dachte, er schaute bis auf den Grund ihrer Seele.
    »Ein braunes und ein grünes Auge. Das kann nur die Medica sein«, sagte der Mann lächelnd, und Anna lief puterrot an: Chassim von Greifenklau. Vor Verlegenheit wäre sie am liebsten im Boden versunken.
    Er ließ sie los und lachte. »Schön, Euch wiederzutreffen. Und endlich einmal bei Tageslicht und nicht im Dunkeln oder in muffigen Kellern!«
    Anna trat einen Schritt zurück und stimmte in sein Lachen ein. Sie schlug ihre Kapuze zurück und legte spielerisch den rechten Zeigefinger auf ihre Lippen. »Pst! Das muss unser Geheimnis bleiben, Hoheit!«
    Er hob entschuldigend die Hände und ging zu einem verschwörerischen Flüsterton über, obwohl kein Mensch so nahe war, dass er sie hätte verstehen können.
    »Ihr habt recht, Medica, verzeiht. Habt Ihr ein wenig Zeit für mich oder seid Ihr wieder in geheimer Mission unterwegs, um Leben zu retten?«, fragte er.
    Bevor Anna antworten konnte, nahm er sie einfach bei der Hand und zog sie mit sich.
    »Kommt, ich zeige Euch mein Zelt.«
    Sie wollte Einspruch erheben, aber ihr ohnehin schon schwacher Widerstand schmolz schneller dahin, als sie »Nein!« hätte sagen können.
    Im Inneren des Zeltes waren zwei junge Burschen dabei, die Einrichtung, die aus einem Tischchen und zwei Hockern bestand, aufzubauen und Stroh auf den Lehmboden zu streuen. Chassim verscheuchte sie mit einem »Seht nach meinem Pferd!«, verbeugte sich vor Anna und vollführte mit dem Arm eine einladende Geste. Die Eingangsplane des Zeltes war so weit zur Seite geklappt, dass jeder hineinschauen konnte und es nicht unschicklich war, wenn sie seiner Einladung folgte und sich auf dem Hocker niederließ, den er ihr hinschob.
    Sie sah sich um – auf dem Tisch lag ein Waffenrock aus blauem Stoff mit goldenem Saum ausgebreitet, und an einem Holzgestell war ein langärmliges Kettenhemd aufgehängt, es bestand aus Tausenden Drahtringen. Darunter hingen Beinschutz und Fäustlinge für die Hände aus dem gleichen Material. Oben auf dem Gestell war ein Topfhelm mit aufklappbarem Visier und der umgedrehten Greifvogelklaue als Erkennungszeichen und Helmspitze.
    »Habe ich Euch eigentlich schon dafür gedankt, dass Ihr meiner Schwester und meinem kleinen Neffen geholfen und sie so gut versorgt habt? Ihr wisst gar nicht, wie froh mich das gemacht hat. Und meinen Schwager ebenfalls. Wenn nicht, dann hole ich das jetzt nach, wartet hier. Und lauft mir ja nicht weg!«, drohte er ihr lächelnd und eilte aus dem Zelt.
    Anna konnte es nicht fassen: Seit Wochen hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als Ritter Chassim wiederzusehen,

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